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tauchte ein Mädchen im Türrahmen auf. Seine blonden Löckchen umrahmten sein zierliches Gesicht, und auf seinem Nachthemd prangte das Bild von Disneys Eiskönigin.

      »Lea, mein Spätzchen! Warum schläfst du denn nicht?« Ina Heimke sprang auf und eilte auf das Kind zu.

      »Wer sind die Männer, Oma?«, fragte das Mädchen, schmiegte sich eng an seine Großmutter und zeigte auf die Beamten.

      Bevor sie antworten konnte, wurde ein Schlüssel im Türschloss gedreht. Die Haustür öffnete sich, und ein hochgewachsener Mann mit blonden Haaren und Dreitagebart stand im Flur.

      »Was ist hier los?« Sein Blick wanderte nervös zwischen den Anwesenden hin und her.

      »Herr Vechter?«, vergewisserte sich Uwe.

      »Ja. Und wer sind Sie?«

      »Wilmsen, Kripo Westerland. Wir müssen Ihnen eine traurige Mitteilung machen.«

      Kapitel 8

      Nachdem ich eine Ewigkeit wach gelegen hatte, fiel ich anschließend in einen dermaßen festen Schlaf, dass ich Nick nicht kommen hörte. Erst gegen 6.30 Uhr erwachte ich das erste Mal und bemerkte ihn schlafend neben mir. Leise schlüpfte ich aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen ins angrenzende Badezimmer. Kaum hatte ich meine Hände abgetrocknet, bohrte sich Peppers Schnauze durch den Türspalt. Er hatte mich gehört und schob sich nun durch die Tür, um mich schwanzwedelnd zu begrüßen. Dabei schlug er mit seiner Rute rhythmisch gegen den Türrahmen.

      »Leise, Pepper, du weckst Herrchen auf!«, flüsterte ich und bugsierte ihn von der Tür weg.

      »Der ist bereits wach«, erklang plötzlich Nicks Stimme hinter mir.

      »Oh, tut mir leid, wir wollten dich nicht wecken.«

      »Guten Morgen, Sweety! Ist nicht schlimm, ich konnte sowieso nicht mehr schlafen.«

      Er gab mir einen Kuss und legte seine Arme um mich. Ich genoss die wohlige Wärme, die von ihm ausging, und drückte mich eng an seinen starken Körper.

      »Das muss gestern spät geworden sein. Ich habe dich nicht kommen hören, obwohl ich ewig nicht einschlafen konnte.«

      »Es war nach 2 Uhr. Christopher und du habt geschlafen wie die Murmeltiere, als ich kam. Ich wurde nur von Pepper begrüßt«, bemerkte er mit einem Grinsen.

      »Das Feuer und die vielen Menschen waren aufregend für Christopher, er war zwischendurch sogar auf Brittas Arm eingeschlafen. Soll ich uns ein schönes Frühstück machen?«

      »Nichts lieber als das.«

      Kurze Zeit später saßen wir in der Küche an dem großen Esstisch. Vor mir stand ein Becher mit dampfendem Tee, während Nick bereits die zweite Tasse Kaffee trank.

      »Seid ihr gestern in irgendeiner Weise weitergekommen?«, wollte ich von Nick wissen, während ich meinen Toast mit selbst gemachter Brombeermarmelade bestrich.

      »Bei der Toten handelt es sich um die Notärztin, Bente Johannsen. Sie wohnt in Westerland und hat zwei Kinder.«

      »Schrecklich! Wie hat die Familie die Nachricht aufgenommen? Haben sie eine Vorstellung, warum ihr jemand das angetan haben könnte?«

      »Nein. Sowohl ihre Mutter als auch ihr Lebenspartner haben keine Erklärung für die Tat. Schwierigkeiten oder Ärger wollen beide nicht bemerkt haben«, berichtete Nick mit einem Schulterzucken.

      »Vielleicht hat sie absichtlich keinem etwas davon erzählt, weil sie niemanden beunruhigen wollte«, zog ich in Betracht.

      »Möglich.« Nick biss von seinem Toast ab.

      »Konnte Doktor Luhrmaier Näheres zu den Todesumständen sagen? Gibt es Spuren, die Hinweise auf den Täter geben?«

      Nick hielt mitten im Kauen inne. Dann schluckte er und lachte. »Du klingst beinahe wie Staatsanwalt Achtermann!«

      »Entschuldige, ich wollte dich nicht löchern, ich bin nur neugierig.«

      »Das ist verständlich, schließlich hast du die Tote gefunden. Laut Doktor Luhrmaier handelt es sich zweifelsfrei um ein Gewaltverbrechen. Der Frau wurde die Kehle durchgeschnitten, auf mehr wollte er sich allerdings ohne nähere Obduktion nicht festlegen.«

      »Warum war Luhrmaier eigentlich vor Ort, und woher kennt er diese Ellen?«, hakte ich nach und nahm einen Schluck Tee, der mittlerweile soweit abgekühlt war, dass ich nicht Gefahr lief, mir die Lippen zu verbrennen. Die Verletzung an meiner Hand tat nach wie vor weh.

      »Er will in vier Wochen am Syltlauf teilnehmen und sich im Vorfeld mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut machen. Die beiden haben sich über eine Marathonplattform im Internet kennengelernt. Mehr Informationen konnte Uwe ihm nicht entlocken.«

      »Glaubst du, dahinter steckt mehr als sportliches Interesse?«

      Ein Schmunzeln lag auf Nicks Gesicht. »Ist da etwa jemand neugierig?«

      »Nein, nur wissbegierig«, hielt ich dagegen. Dann sah ich zu der Uhr über der Küchentür. »Es ist Zeit für Christopher aufzustehen. Ich werde mal nach ihm sehen«, beschloss ich.

      »Mach das. Ich drehe derweil eine Runde mit Pepper und fahre anschließend ins Büro. Da wartet eine Menge Arbeit auf uns.«

      Kapitel 9

      »Es tut Ihnen leid? Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?« Er wanderte wutschnaubend vor ihrem Schreibtisch auf und ab.

      »Bitte beruhigen Sie sich, Herr Spötter. Ich kann verstehen, dass Sie über den Ausgang des Verfahrens enttäuscht sind, aber am Ende entscheidet nun mal der Richter. Wir können selbstverständlich gegen das Urteil in Revision gehen, wenn das Ihr ausdrücklicher Wunsch ist«, schlug sie vor und hoffte, ihren Gegenüber mit dieser Aussicht zu besänftigen – jedenfalls für den Moment. Doch ihr Plan schien nicht aufzugehen. Auf ihren Vorschlag hin warf er ihr einen zornigen Blick zu.

      »Wir gehen nirgendwo hin!«, schnaubte er, wobei er das erste Wort besonders betonte.

      Die Anwältin konnte erkennen, wie er vor Wut die Zähne aufeinanderbiss und seine Kiefermuskeln dabei deutlich hervortraten. Kurzzeitig bekam sie Angst, und ihr Blick heftete sich an die oberste Schreibtischschublade, in der ein Pfefferspray für alle Fälle griffbereit deponiert war. In der Vergangenheit hatte sie aufgebrachte Mandanten stets mit Worten und gesundem Menschenverstand beruhigen können, sodass es bislang glücklicherweise nie zum Einsatz gekommen war.

      »Sie haben mir zugesichert, dass ich schadlos aus der Sache herauskomme, Frau Seiler! Durch dieses Urteil bin ich finanziell endgültig ruiniert. Das habe ich allein Ihrer Unfähigkeit zu verdanken!«, schnaubte Martin Spötter und fuchtelte beim Sprechen wild mit den Armen.

      »Sie wissen genauso gut wie ich, dass das nicht meine Schuld ist. Hätten Sie von Beginn an mit offenen Karten gespielt, hätte ich die Verteidigung vollkommen anders aufbauen können«, konterte sie verärgert. Einerseits war es unklug, sich mit ihrem Mandanten in seiner momentan hochemotionalen Lage auf ein Streitgespräch einzulassen, darüber war sie sich durchaus im Klaren, andererseits wollte sie diese Schuldzuweisung nicht ohne Weiteres auf sich sitzen lassen. Objektiv betrachtet, konnte Spötter sich glücklich schätzen, keine Freiheitsstrafe kassiert zu haben, doch diesen Gedanken behielt sie vorläufig lieber für sich.

      »Das ist interessant. Versuchen Sie etwa, mir den schwarzen Peter zuzuschieben? Das wird ja immer besser! Ich bezahle Sie, damit Sie sich für meine Interessen einsetzen. Wissen Sie was?« Plötzlich kam er ihr bedrohlich nah und stützte sich mit beiden Händen direkt vor ihr auf der Schreibtischplatte ab. Der Geruch seines Aftershaves kitzelte ihr derart heftig in der Nase, dass sie nur mit Mühe ein Niesen unterdrücken konnte. Intuitiv lehnte sie sich in ihrem Stuhl ein Stück zurück. »Von Ihnen lasse ich mich nicht verarschen. Wir sind noch nicht fertig, Frau Seiler!«, zischte er. Sein Gesicht befand sich unmittelbar vor ihrem, sodass sie die kleinen bernsteinfarbenen Sprenkel in seinen Augen deutlich erkennen konnte.

      »Herr Spötter

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