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da ein paar Leute nach ihr fragen. Vielleicht ist sie jemandem aufgefallen.«

      »Den Leuten auf der Straße?« Mathilde sah ihn ungläubig an.

      »Nein.« Max schüttelte nun ebenfalls den Kopf. Nur etwas schneller und entschiedener, als sie es zuvor getan hatte. »Wir fragen die Straßenkünstler, die Besitzer der Obststände und Metzgereien und so weiter, die auf dem Weg zum Marienplatz und drum herum liegen.«

      »Das könnte Sinn machen.« Sie nickte jetzt nachdenklich. »Dann wissen wir vielleicht auch, mit wem sie unterwegs ist.«

      »Eben.« Max nickte ebenfalls.

      Franz kam zurück.

      »Wir trinken zügig aus und suchen dann nach Dagmar«, empfing ihn Max. »Was meinst du?«

      »Gute Idee«, erwiderte er. »Ich muss bloß um 20 Uhr daheim sein. Wir sind bei den Nachbarn zum Essen eingeladen.«

      »Schon wieder essen?« Max runzelte die Stirn.

      Franz war einfach ein Unikat. Dieser Mensch musste in einer Tour rauchen, essen oder trinken, wenn er sich nicht gerade kopfüber in die Arbeit stürzte. Max machte sich seit längerem Sorgen um Franz’ Gesundheit. Aber wie brachte man einem Kamel bei, durch ein Nadelöhr zu gehen?

      »Was glaubst du denn? Ich hab schließlich nur ganz wenige von den Würschteln abbekommen.« Franz untermauerte seine Aussage mit einem unschuldigen Augenaufschlag.

      »Geht’s noch?« Max sah ihn höchst verwundert an. »Du hast zehn von 15 Würsteln gegessen. Mathilde fünf. Ich hatte gar keins.«

      »Zehn winzige Schweinswürschtel reichen gerade mal für den hohlen Zahn.« Franz blickte unverwandt zurück. »Außerdem, seit wann bist du zusätzlich zu deiner üblichen Erbsenzählerei jetzt auch noch ein Würschtelzähler?«

      »Das sagt der Richtige. Wer zählt denn jedes Bier, das ich trinke, wenn Moni nicht dabei ist? Unglaublich.« Max lachte laut und künstlich.

      Einige der Umsitzenden drehten sich neugierig zu ihnen um.

      »Alles gut, Leute.« Max winkte ihnen weiterlachend zu. »Genießt euer Bier. Hier gibt es nur eine kleine föhnlastige Diskussion unter Freunden.«

      Die Angesprochenen wandten sich murmelnd wieder ab.

      »Ich wüsste nicht, was an hungrigen Menschen so besonders lustig ist«, meinte Franz zu Max. Er sah ihn ein wenig vorwurfsvoll und neugierig zugleich an.

      »Nichts, was du nicht selbst wüsstest, Franzi.« Max lachte erneut. Diesmal allerdings nicht mehr aufgesetzt, sondern ehrlich amüsiert. »Herrschaftszeiten, wenn es dich nicht gäbe, müsste man dich glatt erfinden.«

      Mathilde, die ihnen zugehört hatte, blickte nur lächelnd von einem zum anderen. Kindische Männer schienen ihr nicht fremd zu sein.

      6

      Es war 19.15 Uhr. Monikas kleiner Biergarten war bereits fast bis auf den letzten Platz besetzt. Sie und Anneliese hetzten im Affenzahn zwischen Tresen, Küche und den Gästen hin und her.

      »Max kriegt was zu hören!«, sagte Monika zu ihrer besten Freundin während einer kurzen Verschnaufpause hinter der Bar. »Das ist ja jetzt schon kaum zu schaffen. Was wird das erst nachher, wenn die ganzen Stammgäste dazukommen?«

      »Vielleicht kann er wirklich nicht kommen«, räumte Anneliese ein.

      »Verteidigst du ihn etwa?«

      »Du bist manchmal einfach zu misstrauisch.«

      »Kriegen wir das alleine hin?« Monika ignorierte die Kritik an ihrer Person. Sie zeigte durch ein offenes Fenster auf den dicht bevölkerten Biergarten.

      »Aber sicher.« Anneliese nickte. Sie begann damit, ihre nächste Bestellung selbst am Zapfhahn abzufüllen.

      Monika ging derweil in die winzige Küche gleich hinter dem Tresen, um zu kochen. Ihre selbstgemachten Fleischpflanzerl gingen heute weg wie warme Semmeln.

      Als sie wenig später zurück in den Schankraum kam, hörte sie durch die offen stehenden Fenster aufgeregtes Schreien und Schimpfen.

      Sie eilte vor die Tür, um nachzusehen, was dort vor sich ging.

      Als sie im Biergarten ankam, sah sie zwei Männer in Jeans und Lederjacke, die sich an einem Tisch gegenüberstanden und sich gegenseitig Bier in die vor Wut geröteten Gesichter schütteten.

      Dabei trafen sie mit der wertvollen bernsteinfarbenen Flüssigkeit auch unschuldige Umsitzende an den Nebentischen, die sich darüber lautstark mit einfallsreichen bayerischen Beleidigungen beschwerten.

      Drei von ihnen erhoben sich gerade und machten Anstalten, die durchgedrehten, dem Dialekt nach offenkundig norddeutschen Bierspritzer persönlich zur Räson zu bringen. So wie sie aussahen, würden sie dabei wohl auch nicht vor der Anwendung roher Gewalt zurückschrecken.

      Bayern gegen Preißn. Das konnte schnell eskalieren.

      Monika eilte zum Tisch der Streithähne.

      »Hey, ihr zwei. Streiten könnt ihr euch woanders!«, rief sie ihnen zu. »Hört endlich auf damit, oder sollen wir die Polizei rufen?«

      »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten«, erwiderte der kleinere Schnauzbärtige, während er sich blitzschnell das Glas seines Tischnachbarn zur Linken griff und damit seinem Gegenüber erneut eine satte Dusche verpasste. Das karierte Hemd seines Kontrahenten wurde dabei komplett nass.

      »Das hier ist meine Angelegenheit, weil mein Biergarten.« Monika deutete mit ihrem Zeigefinger auf sich selbst.

      »Papperlapapp. Verschwinde in deine Küche!«, kam es unverschämt vom kleinen Schnauzbart zurück.

      »Wollen Sie mir etwa sagen, was ich in meinem Lokal zu tun oder zu lassen habe?« Monika wurde laut. Wenn sie etwas auf den Tod nicht ausstehen konnte, waren es Anmaßung, Unhöflichkeit und grobe Unverschämtheiten, auch wenn heute noch so starker Föhn war. Das war keine Entschuldigung.

      »Hau schon ab.« Der Mann schnappte sich das nächste Bier an seinem Tisch und schüttete es seinem größeren, aber dünneren Widersacher mitten ins Gesicht.

      Der kam jetzt kaum noch zum Luftholen.

      »Hör endlich auf, Joschi. Ich hatte nichts mit deiner Frau!«, rief der mit ausgestreckten abwehrenden Armen, sobald er wieder reden konnte.

      »Na klar, der schöne Helmut Weiser hatte nichts mit meiner Marianne.« Joschi lachte unecht. »Und warum habt ihr euch dann letzte Woche im Swingerklub getroffen?«

      »Reiner Zufall. Ich war mit meiner eigenen Frau dort.«

      »Das heißt gar nichts in einem Swingerklub.«

      »Stimmt, aber ich hatte wirklich nichts mit Marianne. Frauen von Freunden sind für mich tabu. Ich schwöre es dir bei allen Heiligen.«

      »Ich glaube dir kein Wort.«

      »Kannst du aber.« Helmut schüttelte den patschnassen Kopf wie ein Hund, der nach dem Baden aus dem See gestiegen war.

      »Ich war noch nie in einem Swingerklub. Hab alles darüber gelesen. Das ist Schweinkram. Da bumsen sie durcheinander und sie gucken den anderen dabei zu. Pfui Teufel.« Joschi schüttelte sich mit deutlich erkennbarer Abscheu.

      »Bitte, meine Herren«, mischte sich Monika ein. »Nehmen Sie wieder Platz und besprechen Sie Ihre Beziehungsprobleme in einer Lautstärke, die meine anderen Gäste nicht stört«, sagte sie. »Oder Sie sitzen ganz schnell draußen auf der Straße. Vor allem hören Sie mit diesem unappetitlichen Herumspritzen von unserem guten Bier auf.«

      »Genau. Das ist eine Sünde in Bayern, ihr hirnlosen Kaschperlköpfe«, sagte der größte und breiteste der drei Bayern, die immer noch kampfbereit vor ihren Stühlen standen.

      »Ihr sollt alle eure Schnauze halten!«, brüllte der kleine und nach wie vor komplett rabiate Joschi, den im Moment nichts auf dieser

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