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noch lauter als zuvor.

      »Ja, genau. Prost.«

      Sie stießen mit den Resten in ihren Biergläsern an und tranken sie unverzüglich leer.

      »Bei uns in Bayern duzt man sich übrigens am Biertisch, Mathilde.«

      »Geht in Ordnung, Max.« Sie lachte wieder. »Bei uns in Dortmund trinkt man übrigens Pils.« Sie zeigte auf die leeren Gläser.

      »Nichts für mich.« Max schüttelte sich mit gespieltem Ekel. »Viel zu bitter, und dann diese winzigen Gläschen. Da ist mir unser Münchner Helles schon lieber.«

      »Hast du denn schon einmal ein Pils probiert?« Wenn sie ihren Kopf schräg legte, schien ihr die Sonne seitlich in die bernsteinfarbenen Augen und brachte sie somit auf wunderschöne Art zum Leuchten.

      »Ich hab mir von einem guten Bekannten erzählen lassen, wie es schmeckt. Das reicht.« Max winkte ab.

      »Aber hier in München gibt es doch sicher auch Pils.«

      »Mein Durst ist viel zu groß für kleine Gläser.« Er schüttelte den Kopf. Lachte aber dabei. Natürlich hatte er bereits des Öfteren Pils getrunken, und natürlich war das hier ein reichlich inhaltsloses Gespräch. Aber das harmlose Geplänkel machte ihm gerade einfach Spaß. Schließlich konnte man sich nicht immer über Kriminalfälle, Politik, Fußball und andere wirklich wichtige Themen unterhalten.

      »Flunkerst du mich etwa an?« Sie grinste breit.

      »Weiß man’s?« Er machte ein geheimnisvolles Gesicht.

      »Warst du denn schon einmal in Dortmund?«, fragte sie.

      »Warst du schon mal auf der Zugspitze?«

      »Nein. Wieso?« Sie schüttelte den Kopf.

      »Na siehst du.«

      »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.« Mathilde wirkte irritiert.

      »Macht nichts, alles gut.« Er winkte mit einem erneuten Lachen ab.

      »Wenn du meinst.« Sie hörte auf zu lächeln.

      »Nur ein alberner Spaß«, fuhr Max fort, der bemerkte, dass sie auf dem inneren Rückzug war. Möglicherweise fühlte sie sich von ihm auf den Arm genommen. Das wollte er aber auf keinen Fall. »Aber wenn du Bayern richtig kennenlernen willst, musst du unbedingt auf die Zugspitze«, fügte er erklärend hinzu.

      »Warum?«

      »Weil du von da aus alles von oben sehen kannst.« Max zeigte in den weiß-blauen Himmel der bayerischen Landeshauptstadt hinauf.

      »Aha, ein Romantiker.«

      »Nein, Skifahrer.«

      »Was hat das damit zu tun?«

      »Auf der Zugspitze kann man Skifahren.«

      Hast du das gerade wirklich so gesagt, Max Raintaler? Anscheinend hast du bereits zu viel Sonne abbekommen. Sie kommt doch gar nicht mehr mit bei deinem Schmarrn.

      »Tatsächlich?«

      »Tatsächlich. Deshalb war ich auch schon so oft dort oben.« Max fragte sich, wann er wohl zuletzt ein solch umständliches Gespräch geführt hatte. Blieb nur die Frage offen, ob es an ihr, an ihm, an allen beiden oder am Föhn lag.

      »Dann muss ich irgendwann wohl auch mal hinauf.«

      »Unbedingt. Aber heute ganz bestimmt nicht.«

      »Warum?«

      »Wir haben Föhn und wenn Föhn ist, tobt dort oben ein regelrechter Sturm. Zwar warm, aber heftig.«

      »Was ist das mit diesem Föhn? Ich kenne das Teil nur zum Haare föhnen.« Sie lachte.

      »Der Föhn ist ein warmer Fallwind aus den Alpen, der auf die Psyche geht. Die Leute drehen durch, wenn er weht.«

      2

      Eine blonde Frau ging direkt auf Franz zu, der in der Reihe vor der Schänke stand und ungeduldig darauf wartete, dass es weiterging. Schließlich war er nicht zum Vergnügen hier. Er hatte Durst. Als sie näher kam, identifizierte er sie schnell als Dagmar, die größere der beiden Urlauberinnen, die neben ihm und Max am selben Tisch saßen.

      »Hallo, Herr Franz«, sagte sie.

      »Franz genügt.« Er lächelte freundlich.

      »Gut, Franz. Darf ich Sie nun doch um einen Gefallen bitten?«

      »Wenn ich ihn erfüllen kann, gerne.« Er lächelte breiter.

      »Könnten Sie Mathilde bitte ein Bier mitnehmen? Ich habe gerade einen Anruf von einem guten Bekannten bekommen und muss unbedingt persönlich ein paar Worte mit ihm wechseln.«

      »Kein Problem«, erwiderte er. »Das hätten Sie aber auch gerne vorhin am Tisch sagen können.«

      »Ich wollte nicht unverschämt wirken. Hier.« Sie hielt ihm einen Zehneuroschein hin.

      »Lassen Sie nur.« Er winkte ab. »Das können Sie mir später geben. Ich leg es derweil für Sie aus.«

      »Aber nehmen Sie doch.« Sie wedelte mit dem Geld.

      »Passt schon.«

      »Wirklich?«

      »Ja.«

      »Dann danke vielmals. Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.« Sie schenkte ihm einen kurzen, offenen Blick, verstaute das Geld in ihrer Handtasche, verabschiedete sich von ihm und schickte sich an, Richtung Marienplatz davonzugehen.

      Nach zwei Schritten drehte sie sich noch einmal zu ihm um.

      »Ich bin in einer guten halben Stunde zurück«, sagte sie. »Gehe nur vor zum Rathaus. Kann ich Mathilde solange beruhigt Ihrer Obhut überlassen?«

      »Selbstverständlich. Sie können meinem Freund Max und mir blind vertrauen.« Franz nickte.

      »Das hört man gerne. Bis dann.« Sie winkte ihm zu und entfernte sich.

      Franz blickte ihr immer noch breit lächelnd nach. Gut, dass ihn seine bessere Hälfte Sandra gerade nicht sah. Sie hätte bestimmt gleich wieder einen Grund für ihre fast schon sprichwörtliche Eifersucht entdeckt.

      »Der Nächste!«, machte sich der schnauzbärtige Schankkellner mit laut schallendem Bariton bemerkbar.

      »Drei Halbe, bitte. Aber gut eingeschenkt.« Franz wusste, dass sie es hier mit dem Eichstrich auf dem Glas nicht so genau nahmen. Für ihn ging so etwas gar nicht. Es kam einer Todsünde gleich, beim Bierausschank nicht korrekt vorzugehen. Da hörte jeglicher Spaß auf. Das hier war schließlich nicht Timbuktu, sondern die bayerische Landeshauptstadt. Ein Ort der altehrwürdigen Biertradition und der dazugehörigen Ernsthaftigkeit.

      »Bei uns wird immer gut eingeschenkt«, erwiderte der riesige, knorrige Bursche mit den leuchtend blauen Augen.

      »Da habe ich aber etwas anderes gehört.« Franz sah ihn unbeeindruckt an.

      »Dann haben Sie etwas Falsches gehört.«

      Der auf einmal reichlich pampige Tonfall des Bierverkäufers legte die Vermutung nahe, dass er, wie so viele andere, den starken Föhn am heutigen Tag nicht vertrug. Kunden, die ihm Widerworte gaben, offenbar erst recht nicht.

      »Das glaube ich weniger.« Franz konnte es nicht leiden, wenn man ihm unfreundlich kam. Wer konnte das schon. Gleichzeitig machte er sich Vorwürfe, dass er im Moment wohl selbst nicht unbedingt der zuvorkommendste Zeitgenosse unter der Sonne war. Schließlich hatte er schon herumgemotzt, bevor der Mann überhaupt einschenken konnte. Auch nicht gerade die feine bayerische Art.

      Jetzt lass ihn halt in Ruhe seine Arbeit machen. Er hat es auch nicht leicht bei dem heißen Wetter und dieser Masse an Leuten.

      »Dann glauben Sie halt das Falsche.«

      »Bekomme ich jetzt mein Bier, oder ist das hier neuerdings ein Debattierklub?« Franz lachte

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