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      Marie B.

      Melodie einer Jugendliebe

      Roman

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      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      © 2021 by R. G. Fischer Verlag

      Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

      Alle Rechte vorbehalten

      Herstellung: rgf/bf/1B

      ISBN 978-3-8301-1879-4 EPUB

      Inhalt

       Resonanzen

       Personenübersicht

       Es begann

       Rückblick

       Zeit der Tellerhortensien

       Simon

       Korsika

       Zurück in Frankfurt

       Marokko

       Im Strudel der Zeit

       Beim Chinesen

       Paul

       Nur mit dir

       Leseprobe

       Venus und der Duft des Südens

      Resonanzen

      Es sind die kleinen Dinge, die berühren. Die den Moment in einen ganz besonderen Zauber tauchen, eine Resonanz erzeugen. Zwischenmenschliche Schwingungen, die widerhallen und gewisse warme menschliche Reaktionen hervorbringen, die unsere Seele berühren. Begegnungen mit Menschen machen die Reise durch ein Leben erst interessant. Jedes Leben schreibt ein Lied. Ein Lied, das jedes Morgen in eine Vision voller Hoffnung taucht. Stille kennt keine Form. Sie ist leer, einfach unsichtbar. So wie die Nachtigall, die erst neben ihrem Partner am schönsten singt.

      Es begann an einem ganz normalen Mittwochmorgen. Ich hatte mal wieder verschlafen. Hektisch brach ich ohne Frühstück auf, um noch die nächste S-Bahn zu erreichen. Meine Frisur kreierte ich kurzerhand in einen wilden Look mit viel Haarfestiger um. An diesem Tag lief auch irgendwie alles schief. Meine sperrige Entwürfe-Mappe war noch heil in dem Gedränge. Mein erster Kunde wartete gelassen mit einem Kaffee in der Hand und schaute sich etwas im Atrium um. Wir stellten uns kurz mit unseren Nachnamen vor und er sagte: »Das Warten ist kein Problem, dank diesem fabelhaften Ausblick hier verging die Zeit wie im Flug. Ich hoffe, das neue Projekt begeistert genauso wie die laufende Ausstellung. Das Thema ›Kultur & Integration‹ klingt schon mal vielversprechend. Wir binden alle Künstler der Region ein, so entsteht ein umfassender Infoblock zum Anfassen.« Ich übergab ihm meine Vision inclusive Adressverzeichnissen, Skizzen und Portfolios der Akteure. Sein Kaffee duftete verführerisch. Ich lächelte. »Wir sehen uns.« Dann verschwand er.

      An diesem Nachmittag ließ ich mir etwas Zeit und holte auf dem Frankfurter Altmarktplatz mein verpasstes Frühstück mit Kaviar und Kaffee nach. Man sitzt wie auf dem Präsentierteller auf diesem Platz, rundherum blühende Kastanienbäume. Die optimale Beobachtungsposition. War ja klar, dass die Biene wieder ausgerechnet mich findet und hinter meiner Kupferbrille verschwand. Mein Tränensack war nun noch dicker und ich suchte die nächste Apotheke auf. Das reichte für heute! Der Tag war aus dem Kalender gestrichen. Meine innere Stimme meldete sich und sprach: »Mona, geh nach Hause und fasse heute nichts mehr an.« Gesagt, getan. Ich setzte mich auf meinen kleinen Balkon und las. In Gedanken vermisste ich die Zeiten, in denen mir Laurent, mein verstorbener Mann, sanft über den Rücken strich.

      Rob, mein neuer Saugroboter, ist nun der einzige »Mensch«, mit dem ich kommuniziere. Ich muss sagen, er ist ein sehr geduldiger Kerl. Man kann ihm alles erzählen, er widerspricht nie. Aber wollen wir das wirklich? Ich vermisse die kommunikativen Zeiten mit Laurent, unsere kleinen Neckereien, die den Alltag etwas würzten. Hey Rob, ich hoffe, du putzt auch mal unter dem Bett, und mach nicht so ’nen Lärm. Ich habe heute etwas »Haarwurzel«.

      Im Haus gegenüber stand eine Wohnung leer. Eines Abends brannte dort plötzlich Licht. Meine Neugier war geweckt. Dann sah ich ihn. Oh, der Neue. Ich lugte hinter meinem Lorbeerstrauch auf dem Balkon meine »Neugier-Nase« gen gegenüber. Er im Malerkostüm. Sein Unterhemd hing salopp am Fenstergriff. Das gibt mir Stoff für einen kleinen Ausflug in meine noch nicht ganz abhanden gekommenen Fantasien. Ob er sich als Unterwäsche-Model eignete? Nach langer Zeit regten sich bei mir endlich wieder die Endorphine und ich ertappte mich bei Selbstgesprächen. »Mona sichtet interessantes männliches Wesen!« Ich verspürte leichte Glücksgefühle und rannte mit meinem Müllbeutel durchs Treppenhaus, in der Hoffnung, dass er mich von oben sähe.

      Irgendwie gewährt man auf so einem Balkon kleine Einblicke ins Leben und ich stellte fest, ein kleiner roter Sonnenschirm, ein Buch zeichneten einen Genießer aus. Ab und zu stürmte er zur Fußballzeit in Richtung Fernseher. Köstlich. Wer war der Mann? Nach so langer Zeit tanzten bei mir endlich wieder ein paar Schmetterlinge im Bauch. Es war mein erster Kunde. Welch ein Zufall. Seinen Vornamen würde ich bald wissen. Draußen raschelte bereits das Laub unter meinen Füßen, aber mein Kopf spürte gerade Hochsommer und mein heutiger Tagtraum ging in Richtung »Sex im Lift«. Am liebsten hätte ich bei ihm geklingelt.

      Rückblick

      Damals sah ich Laurent an einer Ampel direkt neben der kleinen Parfümerie zum ersten Mal. Obwohl er ein sehr dunkler Typ war, glänzte sein Haar goldbraun in der Sonne. Seine Nase sah von allen Seiten irgendwie anders aus und seine Jeans wirkten auch irgendwie zu kurz. Er fiel mir durch seine galante Art und sein süffisantes Lächeln auf. Gott weiß warum? Ich weiß es bis heute nicht. Dann standen wir beim Bäcker und teilten uns das letzte Zwiebel-Baguette. Wir tranken einen Kaffee und ich grübelte, an wen er mich erinnerte. Ja, an meinen Kinderarzt. Während er mir irgendeine Episode aus seiner Kindheit auf Korsika erzählte, spielte ich mit meiner Haarlocke und genoss seine wundervoll ausgeglichene Art. Der Mann war wie eine Statue, ein in sich ruhendes Monument mit atemberaubender Aura. Genau wie der Kinderarzt damals. Er stand lächelnd wie eine Salzsäule im Raum mit seinen ein Meter vierundachtzig. Ich reichte ihm mit Absatzschuhen bis zur Schulter.

      Laurent wartete bereits auf mich. Es war mein letzter Studientag. Doch im Studentenwohnheim ging heute sozusagen »die Post ab«. Dank der nötigen »Spirituose« landete ich auf dem Schoß von Paul. Er smogte an einer Havanna. Mit ihm verbrachte ich meine gesamte Studienzeit. Er sieht ziemlich männlich

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