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„San Rosario“ mit verkniffener Miene. „Capitan, nehmen wir uns die Jollen und pullen wir los. Es wird nicht so einfach sein, die Weiber zum Verband hinüberzuschaffen, wir brauchen dazu mindestens zwei Jollen, und wir beide werden kräftig pullen müssen.“

      „Notfalls lassen wir einige Mädchen an Land zurück.“

      „Ja. Zehn Mädchen pro Boot, das dürfte wohl genug sein.“

      „Richtig“, flüsterte Don Victor de la Barca. „Aber los jetzt, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“

      De Mesonero hielt ihn plötzlich am Arm zurück. „Warte, Capitan. Sieh doch – da stürmt unser Kommandant höchstpersönlich heran, und er hat eine Meute unserer Männer bei sich. Sie halten genau auf die Boote zu!“

      „Verdammt“, preßte de la Barca zwischen den Zähnen hervor. „Hölle und Teufel, jetzt geht doch noch alles schief. Sie schnappen sich die Jollen, und wir haben das Nachsehen.“

      Don Lucas el Colmado hatte die Boote fast erreicht, da wurde er auf eins der Kriegskanus der Maoris aufmerksam. Es hatte sich vom Rest des starken Kanuverbandes gelöst und steuerte plötzlich auf das Ufer zu. Seine Insassen schienen den Trupp Spanier entdeckt zu haben und schossen jetzt mit ihrem Fahrzeug heran, um den Feind daran zu hindern, an Bord der Schiffe zurückzukehren.

      Don Lucas wandte sich zu seinen Männern um.

      „Alle zu mir!“ rief er ihnen zu. „Wir nehmen Deckung hinter den Jollen und warten ab, bis die Wilden nah genug heran sind. Es wird erst geschossen, wenn ich den Befehl dazu gebe!“

      So schnell sie konnten, duckten sich die Spanier hinter die Jollen. Ehe die Maoris ihre Speere und Streitäxte schleuderten, hatten sie ihre Musketen und Tromblons, Arkebusen und Pistolen in Anschlag auf das rasch herangleitende Kanu gebracht.

      Schnell schrumpfte die Distanz zwischen den gegnerischen Parteien. Die Eingeborenen schienen jetzt jedoch ihren Kurs zu ändern. Statt wie bisher direkt auf die drei Schiffsbeiboote zuzuhalten, wandten sie sich etwas weiter nordwestwärts und bereiteten sich auf die Landung an dem freien Stück Strand vor, das sich neben den Jollen erstreckte.

      „Senor“, zischte der Sargento von der „San Rosario“ seinem Kommandanten zu. „Sollten sie am Ende gesehen haben, daß wir hier in Deckung gegangen sind? Glauben sie vielleicht, daß wir uns in den Busch zurückgezogen haben?“

      „Nein“, erwiderte Don Lucas. „Sie haben uns so gut beobachtet, wie auch wir sie gesehen haben. Sie wollen uns nur in die Seite fallen, das ist es. Wenn sie mitten zwischen die Jollen steuern, laufen sie Gefahr, stark in ihren Bewegungen behindert zu werden.“

      „Senor“, raunte einer der Seesoldaten hinter seinem Rücken. „Jetzt springen sie an Land. Sehen Sie doch!“

      „Noch nicht schießen“, sagte Don Lucas el Colmado leise.

      „Sie bringen uns alle um“, flüsterte der Soldat.

      „Halten Sie den Mund, und reißen Sie sich gefälligst zusammen“, zischte der Kommandant ihm wütend zu. „Kein Wort mehr, verstanden?“

      Der Soldat schwieg, doch ein Seemann murmelte jetzt: „Es ist unser aller Tod. Diese Kannibalen haben allesamt den Teufel im Leib. Wie sonst hätten sie unseren Verband jemals in Bedrängnis bringen können?“

      Don Lucas wollte sich auch an ihn wenden. Doch der weitere Verlauf der Ereignisse verlangte seine volle Konzentration. Plötzlich ertönte im Dickicht hinter den Rücken der Spanier der verzweifelte Schrei einer Mädchenstimme. Die Maoris, die sich geduckt auf die Jollen zubewegten, verharrten für einen Moment und richteten ihre Blicke auf das Gebüsch.

      „Jetzt“, raunte Don Lucas seinen Männern zu.

      Die Läufe der Musketen, Arkebusen und Tromblons ragten über die Jollen. Jäh ruckten sie zurück und spien ihre Ladungen aus. Die Mündungsblitze waren hellgelbe Lanzen in der Nacht.

      Die tätowierten Gestalten in der vordersten Front der heranrückenden Feindesschar brachen zusammen, aber die nachfolgenden Krieger sprangen über die schlaff werdenden Körper ihrer Stammesbrüder und stürzten sich mit Geschrei auf die Spanier.

      Don Lucas gab das Zeichen, die Pistolen abzufeuern. Krachend brachen auch die Schüsse dieser Waffen, und wieder sanken sechs, sieben oder noch mehr Maoris auf dem Strand zusammen.

      Aus dem Dickicht war jetzt ein ersticktes Wimmern zu vernehmen, das nach Don Lucas’ Ansicht von demselben Mädchen herrührte, das vorher geschrien hatte. Doch zu sehen war sie nicht, und so konnte der Spanier nur vermuten, daß sie versucht hatte, ihre anschleichenden Brüder zu warnen oder auf etwas hinzuweisen.

      Es waren immer noch mehr als zehn Eingeborene, die den Sturm auf die Jollen fortsetzten und sich jetzt mit gezückten Steinkeulen, Streitäxten und Lanzen auf ihre Gegner stürzten.

      Don Lucas und seine Männer warfen die leergeschossenen Musketen, Arkebusen, Tromblons und Pistolen in den Sand, sprangen auf und zückten die Säbel und Degen. Sie stellten sich den Maoris, indem sie eine lebende Barriere vor den drei Jollen bildeten.

      Die Maoris wichen nicht zurück. Mit haßerfüllten Rufen drangen sie auf die Spanier ein. Im Nu entbrannte ein wildes Handgemenge.

      Don Lucas schritt degenschwingend auf die Eingeborenen zu, stach einen von ihnen nieder und wandte sich dem nächsten zu, mußte dann aber sehr schnell ausweichen, weil eine aus Knochen geschnitzte Speerspitze auf seinen Leib zuzuckte.

      Dicht hinter sich hörte er den Sargento aufschreien. Don Lucas gewahrte durch einen Seitenblick, daß er getroffen war. Mit einem letzten gurgelnden Laut, der im neuerlichen Donnern der Schiffsgeschütze unterging, hauchte der Mann sein Leben auf dem Strand des neuen, fremden, ihnen so feindlich gesonnenen Landes aus.

      Zorniger hieb und stach Don Lucas el Colmado mit seinem Degen zu, und auch seine Begleiter kämpften mit dem wilden Mut der Verzweiflung. Doch die Maoris waren harte Gegner, erfahrene Kämpfer, deren Spezialität gerade diese Art der Auseinandersetzung zu sein schien – Auge um Auge, Zahn um Zahn.

      Immer mehr Spanier fielen unter den auf sie einprasselnden Keulen- und Axtschlägen. Don Lucas fühlte Panik in sich aufsteigen. Nie hätte er damit gerechnet, an diesen Gestaden einen so erbitterten Gegner anzutreffen. Wenn er auch nicht daran geglaubt hatte, die Bewohner des unbekannten Landes auf Anhieb zu unterwerfen, so hatte er sich doch keinesfalls ausgemalt, daß sie seine Schiffsmannschaften dezimieren könnten.

      Eine Jadeit-Keule sauste von links auf seine Schulter nieder, und nur im allerletzten Augenblick konnte er durch einen Sprung ausweichen. Er nahm dem Hieb die größte Wucht, doch immer noch war er dem Gegner so nah, daß die steinerne Waffe seine Schulter zumindest streifte.

      Heftiger Schmerz durchzuckte Don Lucas’ Schulter. Er krümmte sich, focht aber mit rechts weiter und konnte sich noch glücklich schätzen, daß es nicht seine rechte Schulter getroffen hatte. Mit einem Aufschrei ohnmächtiger Wut warf er einen Eingeborenen zurück, der sich ihm mit einem Speer entgegenstellte, fuhr dann zu dem Keulenmann herum, der zu einem neuen Schlag ausholte, und senste dessen Attacke durch zwei blitzartig geführte Streiche nieder.

      Plötzlich schien eine Wende in dem Kampf einzutreten. Don Lucas wußte nicht, wie viele seiner Männer gefallen waren, doch er sah die braunhäutigen, bemalten Gestalten am Boden liegen und zählte, daß es jetzt nur noch sechs oder sieben waren, die sich mit ihnen schlugen. Allmählich ließ die Hitze des Gefechts nach, und die Maoris wichen kaum merklich zurück.

      Dann war mit einemmal Bewegung im Dickicht, Gestalten lösten sich aus den Farnen, und Don Lucas hatte die groteske Vision, daß eine lange Reihe zierlicher, aneinandergefesselter Menschen auf die Boote zuwankte.

      Zwei Männer trennten sich von dem eigenartigen Zug, rannten ein Stück auf die Kämpfenden zu und hoben ihre Pistolen. Don Lucas erkannte sie – es waren Don Victor de la Barca und Ramon de Mesonero. Der Kommandant begriff immer noch nicht, welche Bewandtnis es mit den anderen Gestalten hatte, die er jetzt klar als dunkelhäutige Mädchen erkannte, aber er lachte in einem jähen Triumphgefühl auf, streckte einen

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