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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 301. Fred McMason
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 301
Год выпуска 0
isbn 9783954396986
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Thorfin Njal schüttelte nur den behelmten Schädel. Fast ein wenig vorwurfsvoll sah er den vor Schmerz gekrümmt dastehenden Corporal dann an und sagte: „Bei Odin und seinen Raben! Das hast du Tranbeutel nun davon! Weißt du überhaupt, wie die Raben von Odin heißen?“
„Scheiß auf deine Vögel!“ brüllte der Corporal, seine Hand hin und her schlenkernd. „Ich lasse dich erschießen, du Monstrum!“
Thorfin legte ihm in einer scheinbar freundlichen Geste die Hand auf die schmerzende Schulter. Der Druck war allerdings so stark, daß der Corporal mit einem wilden Aufbrüllen in die Knie ging, während seine Soldaten reglos herumstanden.
Als einer von ihnen endlich den Mut faßte, die Muskete auf den gewaltigen Muskelberg anzulegen, rannte Thorfin leichtfüßig und äußerst schnell auf ihn zu.
Der Soldat ergriff zur Schande seines geschwächten Corporals sofort das Hasenpanier, als er den fellbekleideten Hünen heranstürmen sah. Er warf seine Muskete auf die Katzenköpfe und verschwand in affenartigem Tempo hinter einem Schuppen. Vorsicht war immer der bessere Teil des Heldentumes, dachte er, und wer weiß – dieser nordische Klotz war vielleicht gar unverwundbar. Der hätte vielleicht einen Siebzehnpfünder klaglos geschluckt, ohne eine Miene zu verziehen.
Thorfin kehrte wieder zurück, sah die grinsenden Gesichter der Seewölfe und wandte sich noch einmal dem verdatterten Häuflein Soldaten mit grollender Stimme zu.
„Wenn ihr einen freien Mann nicht dahin gehen laßt, wohin er will, dann werdet ihr was erleben, ihr Rotzlümmel. Und wenn ihr mich noch einmal so dämlich anquatscht und beleidigt, dann schlag ich euch ein paar Löcher in die Köpfe und sauf’ euch aus wie rohe Eier!“
Dann enterte er ab, weil die „Isabella“ durch die einsetzende Ebbe nun langsam tiefer absackte.
Auf der Kuhl lachte der Profos Tränen.
„Das war ein Späßchen ganz nach meinem Geschmack“, sagte er. „Das war prächtig, Thorfin.“
„Mir hat keiner was zu befehlen“, sagte der nordische Grimbart nachdrücklich, „schon gar nicht so ein abgelaichter Stockfisch. Und wenn er glaubt, daß er mir Kummer bereiten kann, dann werde ich hier das nordische Sackhüpfen mit den Kerlen exerzieren, bis sie umfallen.“
Er folgte den anderen in die Messe, nahm an der langen Back Platz und begrüßte die Männer. Die meisten hatten fast alles mitgekriegt, was sich gerade abgespielt hatte.
Hasard hatte keinen Grund, dem Wikinger etwas vorzuwerfen. Einmal war er ohnehin in solchen Sachen unbelehrbar, und zum zweiten betonte er ewig sein Recht auf Freiheit, und daß ihn gefälligst nicht jeder Sumpftölpel dumm fragen solle, wohin er ginge. Das sei seine Sache.
„Mein Besuch hat einen anderen Grund“, sagte der Wikinger, nachdem Hasard ihm ebenfalls eine Muck Rum gereicht hatte, die Thorfin mit seinem schnellen Ruck in den Rachen kippte. „Zwei englische Galeonen sind unterwegs. Von meinem Schiff aus kann man bereits die Mastspitzen sehen. Ich bin sicher, daß der Ärger jetzt erst richtig beginnt. Ich habe ein bißchen bei diesem Schnapphahn von der ‚Bloody Mary‘ herumhorchen lassen. Dieses schwachbrüstige Lördchen, oder wie der Kerl sich nennt, hat Verstärkung anfordern lassen. Jetzt wird er sich aus seinem Rattenloch hervorwagen, denn nun hat er insgesamt fünf Schiffe.“
Hasard nahm das keineswegs so gelassen auf, wie es den Anschein hatte. Wenn Thorfins Angaben zutrafen, und daran zweifelte er nicht, dann würde es wirklichen Ärger geben, dann tanzten in Plymouth die Puppen, denn keiner war gewillt, die neue „Isabella“ dem Marquess zu überlassen, weil ja überhaupt kein Requirierungsanspruch bestand.
„Das ist eine böse Sache“, sagte Hasard, „und ich weiß wirklich noch nicht, wie wir da mit Anstand herausgeraten. Bist du sicher, daß es die Schiffe sind, die dieser Schnösel angefordert hat?“
„Nach allem, was ich gehört habe, ja. Ihr werdet sie von eurem Ausguck aus auch bald sehen können. Sie halten Kurs auf den Hafen. Wenn ihr ausbrechen wollt, gebe ich euch Flankenschutz und Deckung, und wir können die Kerle in Grund und Boden ballern. Die paar Torfkähne haben wir mit einer Breitseite zusammengeschossen.“
„Ich kann mich nicht mit der englischen Krone anlegen, Thorfin“, sagte der Seewolf. „Ich weiß nicht genau, was dahintersteckt. Ich hoffe immer noch, daß Lord Cliveden hier auftaucht und sich alles klärt. Natürlich sind wir freie Männer, ich will es jedoch nicht so weit eskalieren lassen, daß wir uns nie wieder in England blicken lassen können.“
„Aber du hast einen königlichen Kaperbrief“, betonte der Wikinger.
„Trotzdem kenne ich die Vollmachten dieses Kerls nicht, seinen Einfluß bei Hofe, und was der Dinge mehr sind. Wenn er jetzt Verstärkung erhält, beweist das nur, daß sein Einfluß doch sehr groß sein muß. Im übrigen kann ein Kaperbrief je nach Laune des Regierenden ohne weiteres für ungültig erklärt werden. Er gibt mir jedenfalls nicht das Recht, Schiffe Ihrer Majestät in Grund und Boden zu schießen.“
Der Wikinger sah das anders. Für ihn gab es weder einen König noch eine Königin, er berief sich auf die alten Götter. Vor denen habe er Respekt, sagte er, und mit denen wäre er auch noch nie zusammengerasselt. Stets schienen sie genau das zu befürworten, was der Wikinger auch immer tat. Und wenn er jetzt die „Torfkähne“ zusammenballern würde, dann könne er sich darauf verlassen, daß irgendwo unsichtbar im Hintergrund Odin und sämtliche Asen im Asgard wohlwollend zu der Tat nicken würden.
Hasard mußte gegen seinen Willen lächeln, denn Thorfin begann sich wieder einmal in Eifer zu reden, und wenn die nordischen Götter dran waren, dann funkelten seine Augen, und alle glaubten zu sehen, daß der Feuergott Loki den Helm des Wikingers von innen her erleuchtete.
Mehr als eine Viertelstunde war jetzt vergangen. Oben auf der Kai regte sich nichts. Die Soldaten waren immer noch da und bewachten das Schiff, aber niemand traute sich heran, um es dem nordischen Riesenlümmel einmal zu zeigen, wie der Corporal anfangs androhte.
Jetzt hatte er sich das allerdings anders überlegt, denn mit den merkwürdigen Kerlen wollte er sich doch nicht anlegen. Außerdem, so redete er sich selbst heraus, hatte er ja nur das Schiff zu bewachen und nicht den behelmten Riesenkerl, der so grob und empfindlich reagierte.
„Ich werde mal nach oben gehen“, sagte Dan O’Flynn, „um nach den beiden Galeonen Ausschau zu halten.“
„Ich gehe mit“, sagte Ed spontan und stand auf.
Als sie durch die Messe gingen, lag überall noch der Geruch nach frischem Holz in den Räumen. Er würde sich auch noch lange halten. Auch Klopfen und Hämmern war noch zu hören. Big Old Shane und Ferris Tucker arbeiteten in den achteren Kammern. Unter dem Achterdeck vor dem Besanmast hatte Ben Brighton seine Kammer auf der Steuerbordseite, Carberrys Kammer lag gegenüber an Backbord. Darunter wiederum lagen die Kammern von Dan O’Flynn an Backbord und die des alten O’Flynn an Steuerbord. Zwei weitere Kammern von Big Old Shane und Ferris Tucker befanden sich ganz achtern hinter dem Besan unter der Kapitänskammer des Seewolfs.
Von Shanes Kammer ging auch der Geheimgang ab, der durch das ganze Schiff direkt über das Kielschwein führte und im Mannschaftslogis, für jeden Fremden unsichtbar, wieder herausführte. Achtern und vorn gab es ebenfalls noch zwei geheime Waffenkammern.
Dan und Ed enterten auf. Jeder hatte im Hosenbund einen nagelneuen Kieker aus Messing. Es war das Neueste, was es zur Schiffsausrüstung gab. und die vergrößernde Optik rückte das Blickfeld schlagartig heran.
Bevor Carberry im Großmars den Kieker ansetzte, drehte er sich noch einmal um und musterte den Corporal. Der jedoch sah hochmütig an ihm vorbei und würdigte ihn keines Blickes, denn ganz besonders von dem Narbenkerl hatte er stets Beleidigungen einstecken müssen. Die harmlosesten davon waren noch: kalfaterte Bilgenratte, Affenarsch und Rübenschwein.
Die heransegelnden Galeonen waren bereits mit bloßem Auge als Punkte und Striche zu erkennen. Sie segelten bei ruppiger See hart über