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gingen, vertrieben sich die Zeit mit Würfelspielen und derben Witzen.

      Erst ein lauter Ruf aus dem Großmars scheuchte sie alle auf.

      „Dreimaster kreuzt unseren Kurs!“ lautete die Meldung des Ausgucks.

      „Was für ein Schiff?“ wollte Gordengo wissen.

      „Das läßt sich noch nicht genau sagen“, lautete die Antwort. „Es scheint eine kleine Karavelle zu sein. Vielleicht ist es ein Spanier.“

      „Wie dem auch sei“, meinte der vierschrötige Ortega, „wir sollten ihm einen christlichen Gruß entbieten.“ Seine Augen funkelten.

      „Du hast recht“, entgegnete Gordengo. „Warum sollten wir uns einen kleinen Happen zwischendurch versagen?“ An den beutelüsternen Haufen gewandt, fügte er hinzu: „Los, ihr müden Säcke. Zeigt mal, ob ihr noch in Form seid!“

      Er erntete lauten Beifall, und im Handumdrehen herrschte Betriebsamkeit auf den Decks der „Donna Emilia“.

      Miguel Gordengo, der Meuterer und Piratenkapitän, stand wie ein vornehmer Don an der Querbalustrade des Achterdecks und hob erwartungsvoll ein Spektiv ans Auge.

      Auf der „Empress of Sea“ war die Stimmung an jenem 18. November 1595 ausgesprochen gut. Die flinke, kleine Dreimastkaravelle segelte auf Kurs Nordwest, um die Cherokee-Bucht auf Great Abaco so bald wie möglich zu erreichen.

      Das barbusige Weib mit den Warzen im häßlichen Gesicht, das Hesekiel Ramsgate der „Empress“ aus einer grimmigen Laune heraus als Galionsfigur verpaßt hatte, schien unbeirrt dem Stützpunkt des Bundes der Korsaren zuzustreben.

      „Schiff in Sicht!“ rief Philip junior aus dem Großmars. „Ein fremder Segler hält auf uns zu.“ Er deutete nach Steuerbord.

      Dan O’Flynn, der das Kommando auf der „Empress of Sea“ übernommen hatte, nachdem sein Vater, der kauzige Old O’Flynn, wegen seines gebrochenen Beines mit dem Seewolf zum Stützpunkt gesegelt war, hob den Kopf.

      „Was siehst du noch?“

      Der Fünfzehnjährige blickte nach Nordosten.

      „Ziemlich dickbauchige Galeone!“ rief er. „Sieht aus wie ein Nilpferd! Könnte ein Spanier sein.“

      Dan O’Flynn hob das Spektiv ans Auge, aber es dauerte noch eine Weile, bis er etwas erkennen konnte.

      „Ob die was von uns wollen?“ murmelte er.

      „Natürlich“, erwiderte Mac Pellew, der Schiffskoch mit dem meist griesgrämigen Gesicht. „Jeder will doch was von uns. Die glauben alle, die Queen sei unsere Erbtante und wir hätten eine Menge zu verschenken. Vielleicht haben sie es auf die hübschen kleinen Perlchen, von denen man nicht mal eine Erbsensuppe kochen kann, abgesehen. Dabei wären mir einige Säcke voll echter Erbsen lieber, denn unsere Vorräte gehen langsam zur Neige, und ich weiß bald nicht mehr, was ich noch aus den Töpfen und Pfannen zaubern soll.“

      „Hör schon auf zu nörgeln“, sagte Nils Larsen. „Du mußt es eben machen wie der Herr Jesus. Von ihm wird berichtet, daß er mit fünf Broten und zwei Fischen eine Menge von fünftausend Männern, dazu noch die Frauen und Kinder, speiste.“

      Mac Pellew kriegte kugelrunde Augen.

      „Du mußt wirklich einen Sprung in der Schüssel haben“, sagte er, und sein sauertöpfisches Gesicht wurde sogar von einem milden Lächeln überzogen. „Da hat wohl jeder mal an einer Fischgräte riechen dürfen, wie?“

      „Wo denkst du hin?“ verteidigte sich Nils Larsen. „Im Evangelium steht, daß alle satt wurden. Und als man danach die Reste einsammelte, waren noch zwölf Körbe voll übrig.“

      Mac Pellew war entgeistert.

      „Kannst du Schlaumeier mir auch verraten, wie der Herr Jesus das geschafft hat?“

      Nils nickte ernst. „Natürlich kann ich das, lieber Mac. Er schaffte das ganz einfach durch ein Wunder.“

      „Aha“, sagte Mac Pellew. „Und woher kriege ich ein solches Wunder?“

      Der Däne zuckte mit den Schultern. „Wunder kriegt man nicht, die muß man bewirken.“

      „So einfach ist das also“, sagte Mac. „Und jetzt glaubst du wohl, ich könnte zur Abwechslung auch mal eins bewirken, nicht wahr?“ Sein Blick wurde tückisch. „Na schön“, fuhr er fort. „Beim nächsten Backen und Banken wird jeder ein leckeres Huhn in seiner Kumme finden – so richtig schön knusprig gebraten. Das Huhn hat sogar eine Besonderheit: Es ist unsichtbar. Aber ihr braucht es euch nur fest vorzustellen, und schon wird euch das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Reste werde ich nach der Mahlzeit einsammeln und davon einen pikanten Geflügelsalat zubereiten. Ist das ein Angebot?“

      Batuti, der schwarze Herkules aus Gambia, fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und warf Mac Pellew einen skeptischen Blick zu.

      „Deine Wunder gehen garantiert in die Hose, Mac“, warnte er. „Da sind mir deine sichtbaren Speckpfannkuchen wesentlich lieber als unsichtbare Brathühner.“

      Die Männer lachten, und Hasard junior meinte, man solle doch lieber mal versuchen, ob man aus den Perlen della Roccas nicht doch eine deftige Erbsensuppe kochen könne.

      Der Sohn des Seewolfs spielte damit auf della Rocca, den Korsen, an, dessen Perlenbeute sie ausgehoben hatten. Dann waren sie vom 30. Oktober nach einer Überholung ihrer „Empress“ an der Südspitze von Guadeloupe auf ein riesiges englisches Geschwader, bestehend aus 27 Seglern, gestoßen, das unter dem Kommando eines alten Bekannten – Sir Francis Drake – fuhr. Dieser Mann hatte sich kaum gewandelt. Als Dan O’Flynn ihn vor den Stützpunkten der Spanier warnte, hatte er überheblich abgewinkt und sogar versucht, die „Empress of Sea“ mitsamt ihrer Crew für seine Flotte zu beschlagnahmen.

      Nachdem sich Drake und sein Verband gehörige Abfuhren bei den Spaniern geholt hatten, war er am 15. November auf Südwestkurs gegangen – mit Ziel Cartagena oder Panama. Dan aber hatte beschlossen, auf Heimatkurs zu gehen, um die Freunde über das jüngste Geschehen zu informieren. Er malte sich bereits aus, wie der Seewolf über das plötzliche Auftauchen Drakes in der Karibik erstaunt sein würde.

      Zunächst aber galt es, ein anderes Problem zu lösen, denn die heransegelnde Galeone schien aller Wahrscheinlichkeit nach keine friedlichen Absichten zu haben. Dan O’Flynn setzte den Kieker ab.

      „Das riecht verdammt nach Schnapphähnen“, sagte er sachlich. „Der Bursche auf dem Achterdeck sieht noch ganz manierlich aus, aber die Lumpenkerle, die über die Decks flitzen, scheint die Hölle ausgespuckt zu haben. Wir werden ihnen auf die Finger klopfen, wenn sie frech werden.“

      Im Handumdrehen kam Leben unter die Männer an Bord. Jeder wußte, was er zu tun hatte. Die Arwenacks schafften es stets in einer Rekordzeit, ihr Schiff gefechtsklar zu machen.

      Sven Nyberg stand am Ruder und brachte die „Empress“ auf einen Befehl Dans hin mit einer Kurskorrektur in eine günstigere Gefechtsposition.

      „Ich hatte recht, es gibt wieder einmal Stunk“, maulte Mac Pellew. „Man kommt kaum noch dazu, die Zwiebeln zu schälen und die Kombüse aufzuklaren, weil auf diesem Kahn dauernd was los ist. Und ist der Tanz zu Ende, haben alle einen Bärenhunger. Dabei kann auch ein Koch immer nur eine Sache tun – entweder Schnapphähne durchklopfen oder aber die Suppe umrühren, verdammt noch eins.“

      Edwin Carberry, der bullige Profos mit dem wuchtigen Rammkinn, überwachte das Klarschiff zum Gefecht und packte natürlich auch selber mit zu.

      Nachdem Philip junior aus dem Großmars abgeentert war, eilte er zusammen mit seinem Bruder über die Decks der „Empress“, um Sand auszustreuen. Das gab den Füßen im Falle eines Kampfes einen festeren Halt auf den Planken.

      „Paßt auf, daß euch die Pützen nicht auf die Füße fallen, ihr Sandmännchen“, witzelte Mac Pellew, der die Kupferbecken mit glühender Holzkohle aus der Kombüse brachte.

      „Halte uns nur nicht auf, Mister

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