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      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-766-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Roy Palmer

       Die Perlen-Galeone

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       1.

      Havanna, 22. Februar 1594: Ein ruhiger Vormittag unter einem nahezu Wolkenlosen Himmel, der sich allmählich stahlblau färbte. Nichts schien das Bild vollkommener Harmonie zwischen den in der Bucht und an den Piers ankernden Schiffen und den Hafenanlagen und Häusern der Stadt zu stören. Behaglich wirkte das Ganze, beschaulich und irgendwie auch besänftigend. Aber der Eindruck täuschte. Es braute sich einiges zusammen in Kuba. Vielleicht war es nur noch eine Frage von Stunden, bis hier der Teufel los war.

      So jedenfalls dachte Oliver O’Brien, der stellvertretende Kapitän an Bord der „Wappen von Kolberg“ – und er war alles andere als sanftmütig und gelassen. Überhaupt, er mußte seinem Unmut erst mal freien Lauf lassen. Mit grimmiger Miene blickte er der Prunkkarosse nach, die eben wieder den Kai verlassen hatte. Sie verschwand zwischen den Gebäuden, das Rattern und Rumpeln der mit Eisen beschlagenen Holzräder ließ nach und verklang schließlich ganz. Don Antonio de Quintanilla kehrte in seine Residenz zurück.

      „So was ist doch nicht zu fassen“, sagte O’Brien und schüttelte den Kopf. Er stand auf dem Achterdeck der Galeone und stützte seine Hände auf den Holzlauf des Schanzkleides. „So ein Kerl ist nun Gouverneur. Wenn ich der König von Spanien wäre, würde ich ihn glatt zur Hölle jagen.“

      Aus Versehen hatte er sich seiner Muttersprache bedient, wurde sich des Fehlers aber rasch bewußt und schwieg. Er wandte den Kopf und sah zu Renke Eggens, dem Ersten Offizier, und zu Hein Ropers, dem Bootsmann. Sie grinsten beide.

      Eggens trat auf ihn zu und sagte: „Ich kann dich ja verstehen, aber vergiß nicht, daß wir deutsche Handelsfahrer sind. Wenn die Dons ’rauskriegen, daß wir einen Engländer an Bord haben, gibt es garantiert Ärger.“

      „Ich bin Ire, kein Engländer“, sagte O’Brien mit leicht verkniffener Miene.

      „Ach, richtig, das ist ja ein großer Unterschied“, sagte Eggens. „Ungefähr so wie zwischen einem Holländer und einem Flamen, oder?“

      „Ich nehme es an“, erwiderte O’Brien. „Aber zum Scherzen bin ich nicht aufgelegt. Der Gouverneur ist ein falscher, schlitzohriger Hund, verschlagen und unberechenbar. Hoffentlich legt er uns nicht herein. Im übrigen ist es ein tolles Stück, daß er schon am Vormittag betrunken durch die Stadt fährt.“

      Eggens mußte lachen. „Da ist Don Juan aus einem ganz anderen Holz geschnitzt, nicht wahr? Warte mal ab, die zwei geraten noch aneinander. Ich bin bereit, ein paar Silberlinge darauf zu verwetten. Don Antonio scheint bislang seines Amtes so gewaltet zu haben, daß er sein Schäflein immer ins trockene gebracht hat. Ich könnte mir vorstellen, daß Don Juan dem einen Riegel vorschiebt.“

      „Kann sein“, sagte O’Brien trocken. „Aber unserem Kapitän hat er ganz hübsch was abgenommen. Erst den Ring, jetzt die hundert Goldtaler – und eine taubeneigroße Perle, wenn ich mich nicht irre. Das haut dem Faß den Boden aus.“

      „Dafür haben wir ja auch das Haus am Hafen gekriegt“, sagte der Erste. „Ein Gegenwert ist also vorhanden.“

      „Das ändert nichts“, entgegnete O’Brien. „Soll ich dir mal was sagen? So einem Kerl wie diesem Don Antonio gehört das gierige Maul mit Kabelgarn und Kakerlaken gestopft, damit ihm diese Art von mieser Geschäftemacherei für alle Zeiten vergeht.“

      Er war wirklich eine stockehrliche und grundanständige Haut, dieser Oliver O’Brien. Offen und geradeheraus, ein Mann, der bedingungslos für seine Mannschaft einstand und keine Gefahr scheute. Sein persönlicher Profit war das letzte, an was er dachte.

      Das Schiff und die Crew waren die einzigen Werte, die es für ihn gab und für die er sich jederzeit bedingungslos einsetzte. So hatten Arne von Manteuffel und die Männer der „Wappen von Kolberg“ ihn seinerzeit kennengelernt, und so war er auch geblieben. Daß er der richtige Kapitän für das Schiff war, wenn Arne von Manteuffel von Bord ging und in Havanna blieb – davon waren alle überzeugt.

      Arne war aus dem halboffenen Achterdecksschott getreten und hatte die letzten Worte O’Briens mitgehört. Er ging ein paar Schritte in Richtung Großmast und drehte sich auf dem Hauptdeck um, so daß er nicht nur Hein Ropers, sondern auch Renke Eggens und O’Brien sehen konnte.

      „Reg dich nicht auf, Oliver“, sagte er. „Männer wie den gibt es viele, und es wird sie auch immer geben.“

      „Leider“, sagte O’Brien, hütete sich dabei aber, zu laut zu sprechen. „Sie fressen sich auf Kosten anderer Leute fett. Das ist nicht gerecht.“

      „Kommt jetzt erst mal zu mir, ihr beiden“, sagte Arne. „Wir haben einiges zu besprechen.“ Er drehte sich wieder dem Schott zu und verschwand im Achterkastell. Eggens und O’Brien räumten das Achterdeck und folgten ihm. Durch den Mittelgang erreichten sie die Kapitänskammer, wo Arne hinter seinem Tisch stand und eben drei Becher zur Hälfte mit Rum füllte.

      „Wir wollen aber nicht Don Antonio nacheifern“, sagte Renke Eggens lachend, als Arne ihnen die Becher reichte und ihnen zuprostete.

      O’Brien nahm einen kräftigen Schluck zu sich und setzte den Becher ab. „Der Fettwanst läßt mir keine Ruhe. Ich glaube, er verfolgt mich bald in meinen Träumen. Ich traue ihm nicht über den Weg, das ist es.“

      „Uns gegenüber wird er sich auch weiterhin friedlich verhalten“, sagte Arne. „Wir sind für ihn sozusagen eine Kuh, die noch öfter gemolken werden kann. Trotzdem habe ich mich nicht übers Ohr hauen lassen, keine Angst. Ich habe ihm einen süffigen Wein kredenzt und dann den Kaufpreis für das Haus von zweihundert auf einhundert Goldtaler heruntergehandelt.“

      „Das habe ich schon gehört“, sagte O’Brien. „Aber du hast ihm auch eine taubeneigroße Perle geschenkt. Ein Verlustgeschäft hat er auf keinen Fall gemacht.“

      „Wir aber auch nicht“, sagte Arne und lud die beiden durch eine Geste zum Sitzen ein. „Denkt daran, was wir hier vorhaben und wie wichtig das Handelshaus für uns alle sein wird. So, und jetzt will ich euch berichten, über was Don Antonio und ich noch gesprochen haben. Natürlich habe ich das Thema sehr vorsichtig auf Don Juan gelenkt, wie ihr euch denken könnt.“

      „Und wie hat er reagiert?“ fragte Renke Eggens. „Gelassen oder gereizt?“

      „Ziemlich wütend“, erwiderte Arne. „Der Kerl habe ihm gerade noch gefehlt, meinte er, weil er überall seine Nase hineinstecke. Ein richtiger Schnüffler, dieser Don Juan de Alcazar.“ Arne grinste.

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