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ausfallen.“

      „Nein, ich glaube euch selbstverständlich. Ich dachte nur an die bevorstehende Heidenarbeit, wenn wir aufslippen.“

      „Die ist leider damit verbunden.“

      Ribault fand sich damit ab, aber es paßte ihm nicht. Die Karavelle mußte geleichtert werden, denn sie hatte noch die Schätze der Caspicara-Flores-Halunken an Bord, außerdem Pulver- und Weinfässer sowie zwölf Culverinen. Bis das alles von Bord ist, dachte er schaudernd, vergeht eine Ewigkeit.

      „Die anderen packen ja mit an“, sagte Ramsgate, als hätte er Ribaults Gedanken erraten. „Es sind genügend Leute da, und es treffen auch noch etliche ein.“

      „Na schön. Jetzt stellt sich nur die Frage, wo wir das Schiffchen flachlegen.“

      „Auch dafür werden wir einen Platz finden. Kehren wir erst einmal an Bord zurück.“

      Nach einem letzten Blick auf den Ruderschaft zogen sie sich mit der Jolle wieder an die Backbordseite zurück und enterten auf.

      Hesekiel Ramsgate betrachtete lange Zeit nachdenklich den weißen, makellosen Strand der Bucht. Er warf dem in Gedanken versunkenen Franzosen einen schnellen Blick zu.

      „Ich glaube, hier bietet sich einiges an“, sagte er bedächtig.

      Jean Ribault nickte, griff zum Kieker und musterte ebenfalls den Strand der Eight Miles Bay, die im Nordosten vom Cherokee Sound begrenzt wurde.

      Der Strand war von hinreißender Schönheit, mit Palmengruppen durchsetzt und teilweise dichtem Baumbestand der Abakoskiefern. Landeinwärts stieg das Land sanft an.

      Interessiert ließ er seinen Blick weiterwandern, bis er den Kieker in die nordöstliche Richtung hielt.

      Hesekiel musterte ihn von der Seite.

      „Die Bay bildet dort oben offenbar eine hakenförmige Halbinsel“, murmelte Jean Ribault, „und der Haken wiederum scheint nach Südwesten umgekrümmt zu sein.“

      „Scheint sich um ein geschütztes und fast lauschiges Plätzchen zu handeln“, sagte Ramsgate. „Vielleicht sollten wir uns das einmal aus der Nähe ansehen, um uns ein Urteil bilden zu können.“

      „Ja, das sehen wir uns an – jetzt gleich.“

      Jean Ribault setzte den Kieker ab und blickte in die Bucht. Neben ihm war Don Juan de Alcazar aufgetaucht. Auch der Spanier, der seit kurzer Zeit dem Bund der Korsaren angehörte, sah lange dorthin.

      „Kann ich euch begleiten?“ fragte er. „Ich würde mir das auch gern einmal ansehen.“

      „Selbstverständlich.“

      Auch Roger Lutz wollte mit.

      Ribault sah zu der „Empress“ hinüber, auf der Old O’Flynn und Martin Correa hockten. Während Martin etwas ausbesserte, hockte der alte O’Flynn völlig selbstvergessen da und starrte Löcher in die Luft. Er blickte so angestrengt in den Himmel, als würden die Englein dort einen lieblichen Reigen tanzen. Ganz verzückt sah der Alte aus, fast verträumt.

      Er schaute auch nicht auf, als Mary O’Flynn an Deck erschien und ihn etwas fragte. Er nahm die drei Frauen, Gotlinde, Gunnhild und seine eigene, überhaupt nicht zur Kenntnis. Auch als Gotlinde und Mary in die Jolle stiegen, blickte er nicht auf.

      „Wir segeln mal zur Nordostseite hinüber“, sagte Ribault zu Old O’Flynn. „In zwei Stunden sind wir wieder zurück. Wir suchen nach einem Platz zum Aufslippen.“

      Old O’Flynn stierte weiterhin Löcher in den blauen Himmel. Offenbar tanzten die unsichtbaren Englein immer noch Reigen.

      „He, Donegal!“ rief Jean Ribault.

      Die resolute Mary O’Flynn, geborene Snugglemouse, rothaarig, langmähnig und mit einer prächtigen Reibeisenstimme ausgestattet, winkte lächelnd ab.

      „Der hört heute nichts, Jean!“ rief sie hinüber. „Er sitzt offenbar auf seinen Ohren oder ist taub geworden. Ich verklare ihm schon seit einer Weile, daß wir ein paar Langusten fangen wollen, aber das hat er auch nicht kapiert.“

      Ribaults bemerkte, daß Mary O’Flynn heute von einer selten gesehenen Fröhlichkeit und Aufgekratztheit war. Sie strahlte vor Lebenslust, und in ihren Augen stand ein eigenartiges Funkeln, wie Jean es noch nie an ihr gesehen hatte. Sie war ganz anders als sonst – vielleicht, weil Old Donegal heute auf seinen Ohren saß?

      Na ja, ein bißchen merkwürdig ist der alte Kauz manchmal, dachte Ribault. Eigenartig und sonderbar, so daß man aus ihm nicht mehr schlau wurde. Vermutlich peilte er wieder ein bißchen hinter die Kimm und sah etwas, das anderen verborgen blieb.

      Mary und Gotlinde, die Frau des Wikingers, enterten in die kleine Jolle ab und pullten näher zum Ufer, um Langusten zu fangen.

      Auch das entging Old O’Flynn. Selbstvergessen und total in sich versunken hockte er auf der Gräting. Dann endlich bewegte er sich, aber nur, um einen Finger nachdenklich an die Nase zu legen und weiterzugrübeln.

      „Er sitzt da wie ein nordischer Troll, der etwas ausheckt“, meinte Roger Lutz grinsend. „Jetzt hat er auch noch mehr Runzeln im Gesicht.“

      „Das sind keine Runzeln“, widersprach Don Juan lächelnd, „das ist nur eine ganz besonders detailreiche Gesichtshaut, wie er sie immer beim Nachdenken hat.“

      Als auch der zweite Anruf auf kein Echo traf, winkte Jean Ribault ab. Aber Martin Correa hatte verstanden und zeigte klar. Dabei grinste er über das ganze Gesicht.

      Jean Ribault nahm noch das Lot mit, um an der Krümmung der Bucht die Wassertiefe zu loten.

      Gleich darauf setzten sie Fock und Großsegel der Jolle und glitten über die Bucht.

      Renke Eggens und Oliver O’Brien standen an Deck ihrer Schiffe und blickten ihnen nach.

      Dicht unter Land segelten sie nordostwärts. Palmen säumten den langen Strand, die ihre kokosbehangenen Wipfel sanft im Wind wiegten. Hin und wieder war in großer Höhe ein Vogel zu sehen. Sonst sah alles wie unberührt aus, obwohl Mubaraks Schnapphähne hier lange Zeit gehaust hatten.

      Von einem der zerstörten Flöße fanden sich noch ein paar Trümmer, die die Wellen an den Strand geworfen hatten. Backbord voraus stob ein Schwarm rosafarbener Flamingos hoch und entschwand in den Lüften.

      „Herrlich“, sagte Ramsgate, der die Ruderpinne übernommen hatte und dicht unter Land ging. „Die Bucht da oben sieht sehr vertrauenerweckend aus.“

      Roger Lutz lotete ein paarmal Tiefe, aber es gab genügend Wasser unter dem Kiel selbst für größere Schiffe.

      Dann segelten sie in die Bucht hinein.

      „Tatsächlich so, wie ich das durch den Kieker gesehen habe“, sagte Jean Ribault. „Die Eight Miles Bay bildet hier oben eine Bucht, die von einer von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Halbinsel gegen Sicht von See her abgeschirmt wird. Seht euch das nur an.“

      Sie merkten kaum, daß die Fock schlaff in sich zusammenfiel und die Jolle träge auf dem Wasser zu schaukeln begann. Sie saßen auf den Duchten und blickten nach Backbord hinüber.

      Der Strand war hier immer noch schneeweiß, breit und sauber. Dort, wo er aufhörte, wuchsen die Abakoskiefern. Ein kleiner Wald begann. Der Kiefernbestand ging allmählich wieder in Palmengruppen und Buschwerk über. Auf den Dünenkämmen wuchs haferähnliches Gras, das sich wellenförmig vor dem leise säuselnden Wind beugte und wie sanft fließendes Wasser wirkte.

      „Wir haben Nordostwind“, sagte Don Juan in die Stille hinein, „aber in der Bucht ist davon nichts zu spüren. Hier bläst wohl nur ganz selten der Wind hinein.“

      „Und wenn – dann bestenfalls aus Westen oder Südwesten“, sagte Ribault nachdenklich. „Von See aus kann man hier jedenfalls nicht gesehen werden, und wenn eine ganze Flotte vorbeisegelt. Wie steht es mit der Tiefe, Roger?“

      „Zwölf Faden fast konstant. Der Ankergrund ist reiner Sand.“

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