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allen gut. Morgen scheint die Sonne für uns alle, sie pflanzt neue Hoffnung in eure Herzen.“

      Siebzig Menschen. Wie lange befanden sie sich an Bord dieses Sklavenschiffs? Wieviel Zeit hatte die Überfahrt von Neuspanien bis nach Havanna und den Bahama-Inseln in Anspruch genommen? Pater David nahm an, daß es drei bis vier Wochen waren.

      Die Überquerung des Atlantiks würde zwei bis drei Monate dauern, je nach Wind und Wetterbedingungen. Nicht die Hälfte der Gefangenen würde die Reise unter den unmenschlichen Bedingungen überstanden haben. Vielleicht wären sogar nur knapp zwei Dutzend Mixteken in Spanien angelangt – oder noch weniger.

      Daß Pater David mit diesen Berechnungen nicht fehllag, sollte sich noch ergeben. Vorläufig jedoch stellte er keine weiteren Überlegungen an. Seine Aufmerksamkeit wurde durch einen Mann gefesselt, der sich erst jetzt aus der einen Ecke des Laderaumes erhoben hatte.

      Vorsichtig näherte er sich. Pater David musterte ihn. Er schien sehr alt zu sein, dieser Mann, gleichzeitig aber sah er außerordentlich zäh aus. Sein runzliges Gesicht wirkte wie gegerbt. Seine dunklen Augen blickten kühl und forschend. Seine Zurückhaltung schien nur allmählich zu weichen.

      Pater Davids Lippen bewegten sich, klar und deutlich sprach er sein kurzes Gebet. Dann bekreuzigte er sich wieder.

      Zu seinem hellen Erstaunen beschrieb nun auch der alte Mann eine Gebärde, die ähnlich aussah. Offensichtlich wollte er Pater Davids Geste imitieren, doch es gelang ihm auf Anhieb nicht. Der Anflug eines Lächelns stahl sich in seine Züge, und er murmelte: „Freundschaft. Du – bist unser – Retter.“ Sein Spanisch war gebrochen, aber einigermaßen verständlich.

      „Der Herr ist unser aller Retter“, sagte Pater David.

      „Der Herr?“ wiederholte der Alte mit fragender Miene.

      „Dios. Gott.“

      „Bist du – Gott?“

      Pater David schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Ich bin ein Mann wie du, ein Diener Gottes, wenn du so willst.“

      „Ist Gott – draußen?“

      „Im Himmel.“ Pater David wies zur Luke, die jetzt von den Seewölfen geöffnet wurde.

      Diesmal war es der alte Mixteke, der den Kopf hin und her bewegte. „Er ist auf dem Schiff. Ich habe ihn gesehen. Kurz. Er – ist groß wie du. Schwarz, blaue Augen. Viracocha. Ihr seid – Viracochas.“

      „Ich bin Spanier“, erklärte Pater David. „Hast du bei meinen Landsleuten meine Sprache gelernt?“

      „Ja.“

      „Meine Freunde, die diese Galeone gekapert haben, sind keine Spanier“, fuhr Pater David fort. „Sie sind Engländer. Und vor allem sind wir keine Viracochas – keine Eroberer.“

      Verständnislos blickte der Alte ihn an. Dann fragte er leise: „Wer bist du?“

      „Pater David. Und wie heißt du?“

      „Sahuripe.“

      Pater David betrachtete die Kleidung des Alten. Sie bestand aus einem halb zerfetzten, bodenlangen Stück Stoff undefinierbarer Farbe. Die eingenähten Ornamente wiesen aber darauf hin, daß Sahuripe eine wichtige, übergeordnete Funktion innerhalb seines Stammes einnahm.

      „Bist du der Häuptling?“ fragte der Gottesmann.

      „Nein. Der – Medizinmann.“

      Der Medizinmann und Schamane, dachte Pater David. Er schien der einzige zu sein, der überhaupt ein paar Brocken Spanisch sprach und berichten konnte, wie es den armen Teufeln unter dem Regime der Spanier ergangen war. Er schien überdies ein gescheiter, ja, fast als weise zu bezeichnender Mann zu sein.

      „Sahuripe“, sagte Pater David. „Ich will dich dem Mann vorstellen, den du für den lieben Gott hältst. Er heißt Philip Hasard Killigrew und ist der Kapitän der ‚Isabella IX.‘. Seine Feinde nennen ihn ‚El Lobo del Mar‘.“

      „Seewolf“, sagte Sahuripe voll Ehrfurcht, dann versuchte er wieder, sich zu bekreuzigen.

      Hasard hatte es Siri-Tong, die mit der „Caribian Queen“ an ihm vorbeigesegelt war, bereits angekündigt: Er hatte indianische Gefangene an Bord der eroberten Galeone, die er auf einer Insel oder an der Küste von Florida absetzen wollte. Genau wußte er es noch nicht, aber auf jeden Fall würde er versuchen, die Mixteken vor jedem weiteren Zugriff der Spanier zu schützen.

      Die Rote Korsarin hatte daraufhin klar gezeigt und Mast- und Schotbruch gewünscht. Dann war sie mit ihrem Schiff in der Nacht verschwunden. Die Schlacht gegen den Geleitzug dauerte noch an.

      Für die Arwenacks aber war das Gefecht zu Ende. Sie mußten sich um die Indianer kümmern. Während Hasard gründlich überlegte, was zu tun sei, flickte Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann der „Isabella“, bereits das zerschossene Ruder der „Golondrina“.

      Nach bewährter Art hatten die Männer der „Isabella“ dem Spanier erst das Ruder zerschossen, dann waren sie längsseits gegangen und hatten das Entermanöver begonnen. Ein kurzer Kampf hatte sich auf dem Haupt- und Achterdeck abgespielt. Ziemlich heftigen Widerstand hatten die Spanier geleistet, doch der wurde gebrochen, als Hasard dem Kapitän die Spitze seines Degens an die Kehle setzte.

      Welche Ladung?

      „Wilde“, hatte der Spanier geantwortet.

      Die Seewölfe waren entsetzt. Lebende Fracht an Bord dieser Geleitzugs-Galeone, die auf den ersten Blick so bieder und harmlos gewirkt hatte. Jetzt entpuppte sie sich als ein Höllenschiff.

      Der Kapitän – er hieß Don Ignatio Churruca – war ein feister Pfau mit gespreiztem Gehabe. Hasard hatte ihn zunächst einmal in die Kapitänskammer sperren lassen. Ebenso war er mit Rolando de Simon, dem Ersten Offizier, und Carlos Antibes, dem Zweiten, verfahren. Auch die übrigen Achterdecksleute waren eingesperrt und wurden bewacht. Die Decksleute standen noch auf dem Hauptdeck. Matt Davies, Al Conroy, Jeff Bowie und Stenmark hielten sie in Schach.

      Hasard stand auf dem Achterdeck der „Golondrina“ und ließ seinen Blick über die Decks wandern. Öllampen waren aufgehängt und entfacht worden, und auch die Heck- und Buglaternen beider Schiffe verbreiteten ein rötlich-dämmriges Licht, das eigentlich an nichts Arges denken ließ.

      Aber der Geruch, der aus dem großen Laderaum aufstieg, war bis zum Achterdeck wahrzunehmen. Hasard war – wie Pater David – versucht, die Hand vor Mund und Nase zu halten. Aber er unterließ es. Vielmehr dachte er an all die Qualen, die die bedauernswerten Indianer hatten durchstehen müssen. Wieder wuchs in ihm die Wut. Er hatte das Verlangen, zu dem dicken Kapitän in die Achterdeckskammer zu gehen und sich „eingehend“ mit ihm zu unterhalten, aber er bezwang sich.

      Erst mußte er sich anhören, was die Indianer zu erzählen hatten. Pater David war in den Laderaum hinuntergestiegen, um sich mit den Gefangenen zu befassen und zu versuchen, präzise Angaben zu erfahren. Hasard wartete auf seine Rückkehr.

      Es war Mitternacht. Ein neuer Tag begann, der 14. Juni 1594. Etwa fünfzig Seemeilen nordöstlich des Ausgangs der Florida-Straße lagen die „Isabella“ und die „Golondrina“ und dümpelten Bord an Bord miteinander in der See.

      Ferris Tucker war immer noch damit beschäftigt, das zerschossene Ruder der „Golondrina“ wenigstens in ein Notruder umzubauen. Aus Nordosten ertönte nach wie vor das Wummern und Grollen der Schiffskanonen. Es verriet den Männern der „Isabella“, daß die Freunde und Verbündeten noch immer an dem großen Geleitzug „herumsägten“.

      Weitere Schiffe der Spanier wurden also aufgebracht und gekapert. Die Schlacht ging weiter – es gab dicke Beute für die Schlangen-Insel und den Bund der Korsaren.

      „Na gut“, sagte Carberry, der sich in der Zwischenzeit zu Hasard gesellt hatte. „Das ist ja ein tröstlicher Gedanke. Aber ich bin trotzdem stinkwütend.“

      „Auf den Capitán unserer Schwalbe?“

      „Das auch. Und für

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