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er deshalb.

      „Franzose?“ fragte Don Lope. „Sie haben doch einen französischen Namen.“

      „Allerdings. Ich bin Franzose.“

      „Und als solcher fahren Sie auf einem deutschen Schiff?“ fragte Don Lope höhnisch.

      „Warum nicht?“

      „Angeblich besteht die Mannschaft Ihres Schiffes nur aus Deutschen“, sagte Don Lope mit einem Blick zu Don José de Zavallo. „Was ist daran nun wahr oder unwahr?“

      „Wir arbeiten alle für das deutsche Handelshaus von Manteuffel“, erwiderte Jean Ribault. „Unser Schiff, die ‚Goldene Henne‘, kommt aus Kolberg, unser Ziel ist Havanna.“

      „Ja. Und Sie haben ein Indianerhalbblut bei sich“, sagte der Kommandant.

      „Unser Lotse.“

      „Ein Bastard?“

      „Ich weiß nicht, was Sie mit diesem Wort bezwecken“, sagte Jean Ribault. „Wenn Sie es als spanischer Edelmann für nötig halten, unsere Leute zu beschimpfen – bitte.“

      „Wie heißt der Lotse?“ wollte Don Lope wissen.

      „Karl von Hutten.“

      „Das ist ein deutscher Name“, stellte Don Lope fest. „Ein Mischling mit einem deutschen Namen. Kaum zu fassen. Übrigens sprechen Sie gut Spanisch, Señor Ribault.“

      „Nicht sehr gut.“

      „Besser, als ich angenommen habe“, sagte der Kommandant. „Also, ich stelle der Ordnung halber noch einmal fest: Die Mannschaft Ihres Schiffes ist gemischt und besteht nicht ausschließlich aus reinblütigen Deutschen. Einer der Nicht-Deutschen sind Sie, Señor, ein Franzose.“

      „Stimmt“, sagte Ribault. „Ich bin Hugenotte.“

      Don Lopes Miene verfinsterte sich. „Ein Ketzer!“ zischte er.

      Ribault zuckte nur mit den Schultern. „Darüber habe ich eine andere Auffassung, Señor. Vor allem jedoch vertrete ich die Ansicht, daß es jedem selbst überlassen bleiben muß, welcher Religion oder welchem Glauben er anhängt.“

      „Da irren Sie sich aber, Señor!“ stieß Don Lope leidenschaftlich hervor. „Es gibt nur einen Gott, und das ist der Gott der Katholischen Kirche.“

      Jean Ribault lächelte dünn. „Daß es nur einen Gott gibt, ist durchaus richtig. Den Rest können Sie vergessen, Señor. Ihre Kirche kann nicht den Anspruch erheben, die allein gültige zu sein.“

      „Sie versündigen sich!“ fuhr Don Lope ihn an.

      „Noch etwas“, sagte Jean Ribault unbeirrt und gelassen. „Vor Gott sind alle Menschen gleich. Das scheinen Sie vergessen zu haben, als Sie von Bastarden gesprochen haben. Und auch Ihren Landsleuten scheint diese Tatsache zu entgehen.“ Er blickte zu Don José de Zavallo.

      „Sie wissen ja nicht, was Sie sagen!“ schrie Don Lope de Sanamonte. Er ereiferte sich derart über die Aussagen seines Gefangenen, daß er das eigentliche Thema vergaß.

      Genau das hatte Jean Ribault bezweckt. Don Lope war ein fanatischer Christ, für den der König von Spanien gleich nach dem lieben Gott kam – noch vor dem Papst. Er hatte seine ganz persönliche Art, die zehn Gebote und die Sakramente auszulegen, darin konnte ihn niemand beeinflussen. Wer es versuchte oder anderer Überzeugung war, das war entweder ein Ketzer oder ein Heide.

      Es wurde eine richtige Diskussion aus dem „Verhör“.

      Schließlich hieb Don Lope mit der Faust auf den Tisch und schrie: „Verdammt, Sie haben mir immer noch nicht erklärt, was Sie auf einem deutschen Schiff zu suchen haben!“

      „Wie ich schon sagte, ich bin Hugenotte“, entgegnete Jean Ribault. „Ich bin nach Deutschland emigriert und habe dort, in Kolberg, bei den Manteuffels, angeheuert. Ich bin ein freier Mann, Señor.“

      „Jetzt nicht mehr, Hugenotte“, sagte de Sanamonte. „Du bist unser Gefangener.“ Er spürte die geistige Überlegenheit dieses Mannes, und das stimmte ihn rasend. „O’Leary sagt, du seist ein Pirat.“

      „Der Mann lügt.“

      „Er schwört, daß es die Wahrheit sei.“

      „Und Sie schenken ihm Glauben?“ fragte Jean Ribault. „Da hätte ich Ihnen aber mehr Verstand zugetraut.“

      „Ich sehe keinen Grund, einem Engländer weniger zu trauen als einem ketzerischen Hugenotten“, erklärte der Festungskommandant kalt. „Hier steht Aussage gegen Aussage. Wer bist du, Franzose?“

      „Jean Ribault.“

      „Wo ist Killigrew?“

      „John Killigrew? Der ist tot, haben die Kumpane dieses O’Leary gesagt.“

      „Philip Hasard Killigrew!“ schrie Don Lope. „Der Seewolf.“

      „Von dem Mann habe ich noch nie etwas gehört“, erwiderte Jean Ribault eisig. „Wer ist das?“

      „Mein Erzfeind“, sagte Don Lope de Sanamonte. „Und ich werde ihn eines Tages stellen und am Hals aufhängen, das schwöre ich.“

      „Wenn er ein Schnapphahn ist, wie Sie sagen, dürfte das wohl richtig sein“, erklärte Jean Ribault kaltschnäuzig.

      „Señor“, sagte der Teniente. „Dieser Kerl hält uns zum Narren. Soll ich …“

      „Ruhe!“ fuhr de Sanamonte ihn an. „Ich weiß selbst, was ich zu tun habe, Teniente!“

      De Zavallo biß sich auf die Unterlippe und schwieg. Er hatte keineswegs vor, ins Fettnäpfchen zu treten. Aber warum, zur Hölle, unterzog Don Lope diesen Hurensohn von, einem Hugenotten nicht endlich dem peinlichen Verhör? Dort würde dem Kerl schon vergehen, freche Antworten zu geben.

      Don Lope de Sanamonte dachte nach. Er mußte sich zügeln und durfte sich nicht zu sehr verausgaben. Der Mann war ihm geistig überlegen, aber es mußte trotzdem einen Weg geben, ihn zu brechen. Darauf war Don Lope jetzt aus – es diesem Franzosen zu zeigen, ihn weichzuklopfen.

      Er wußte aber, daß die sofortige Folter bei einem Kerl wie diesem nicht das richtige Mittel war. Hugenotten waren unendlich stolz. Lieber starb dieser Mann, als auch nur einen Anflug von Schwäche zu zeigen.

      Daher mußte man andere Mittel anwenden, um seinen Widerstand zu brechen. Es gab verschiedene Methoden, Don Lope brauchte sich nur eine davon auszusuchen. Das peinliche Verhör wollte er erst später einsetzen – wenn dieser Mann sowieso weich war.

      „Gesteh endlich, daß du ein Pirat bist“, sagte Don Lope.

      „Ich kann nichts gestehen, das nicht der Wahrheit entspricht“, erwiderte Ribault. „Ich bin Hugenotte und fahre als Erster Offizier auf einem deutschen Handelsschiff, das von Ihnen und Ihren Leuten völlig gesetzeswidrig beschlagnahmt worden ist.“

      „Das reicht“, sagte Don Lope de Sanamonte zischend. „Abführen!“

      „Wohin?“ fragte Don José de Zavallo. „Zurück in die Kerkerzelle?“

      „Zum Grabenbau“, erwiderte de Sanamonte, und dann grinste er höhnisch. „Wir werden schon sehen, wer von uns beiden der Stärkere ist, Hugenotte.“

      Ribault blickte ihn verächtlich an. „Geben Sie mir einen Degen, dann zeige ich es Ihnen sofort, Señor.“

      „Raus!“ schrie Don Lope. „Weg mit dem Kerl! Ich will ihn nicht mehr sehen!“

      Jean Ribault wurde dort eingesetzt, wo beim Grabenbau die stumpfsinnigste Arbeit zu leisten war – beim Ausschöpfen von Schlammwasser in einem abgeschotteten Teilstück. Da das Wasser ständig nachsickerte, wurde gewissermaßen ein großer Tümpel mit einem Sieb entleert. Mit anderen Worten: diese Arbeit würde Wochen, ja, sogar Monate in Anspruch nehmen.

      Jean Ribault mußte sich seines Hemdes entledigen.

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