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hinunter“, sagte der Profos, „wollen erst mal einen Kleinen zur Brust nehmen. Sicher hast du auch Hunger.“

      „Ja, sehr großen“, beteuerte der Mann.

      Dann sah er sich um, als sie in einem kurzen Gang standen, der vor einem Schott endete.

      „Aber hier ist es zu dunkel“, sagte er zaghaft.

      „Wird bald wieder hell werden“, entgegnete Virgil trocken. Mit einem gewaltigen Schlag schmetterte er dem Mann die Faust an den Kopf. Der Silhouettenschneider sank bewußtlos zusammen, während Pedro schon die Vorpiek aufsperrte. Sie schoben den Kerl hinein, gingen wieder an Deck und verließen das Schiff.

      „Jetzt sind’s nur noch neun“, sagte Pedro grinsend. „Das hat ja bestens geklappt.“

      Ein herumstreunender Besenbinder fiel ihnen kurz darauf in die Hände, der unbedingt seine unordentlich zusammengedrehten Besen verhökern wollte.

      Der Profos, der selbst nicht gerade friedvoll und adrett aussah, zuckte zusammen, als er die Visage sah. Offenbar hatte der Kerl die Besen aus seinem eigenen Bart gebunden. Er hatte auch kaum noch Zähne im Mund. Die Nase war plattgehauen, und was darunter war, erinnerte verteufelt an einen Wolfsrachen.

      „Besen“, sagte der Profos erfreut, „das ist genau das, was wir dringend brauchen. Gerade um Besen zu kaufen, hat uns der Capitán an Land geschickt. Pack den ganzen Kram zusammen, Mann, aber spute dich. Bring alles aufs Schiff. Aber wir wollen einen anständigen Preis, hast du verstanden?“

      Und ob der Kerl verstanden hatte. Da fanden sich doch noch ein paar Dumme, an die er seine Ware verhökern konnte. Er grinste lüstern wie ein Werwolf, packte sein ganzes Bündel Reisigbesen zusammen und trabte hinter den beiden Männern her. Im Geist sah er sich schon in der nächsten Spelunke sitzen und das Geld versaufen.

      Etwas später saß er auch in einer ziemlich düsteren Kaschemme, doch da gab es weder Wein noch Schnaps. Er hatte kein Geld, und seine Besen war er sowieso los. Aber zumindest hatte er einen neuen Gesprächspartner gefunden – den Silhouettenschneider. Die beiden greinten sich auch gegenseitig in der Dunkelheit der Vorpiek die Ohren voll.

      Von nun an standen sie in den Diensten Seiner Allerkatholischsten Majestät, ob sie wollten oder nicht.

      Ein weiterer Herumstreuner lag im Hinterhof einer Kneipe zwischen vollen Müllkübeln. Er war so betrunken, daß er sich rülpsend von einer Seite auf die andere drehte und undeutliche Worte nuschelte.

      „Spätestens morgen früh ist der wieder nüchtern und brauchbar“, sagte Virgil. „Also los, pack mit an, wir schleppen unseren lieben alten Freund, der leider ein wenig zuviel gesoffen hat, an Bord.“

      Der „liebe alte Freund“ wurde wie ein fauler Apfel aufgesammelt. Sie nahmen ihn in die Mitte und schleppten ihn ab. Seine Beine schleiften über die Katzenköpfe, doch an dem Anblick störte sich niemand. Immer wieder kamen Besoffene wie Kanonenkugeln aus den Kaschemmen geschossen und landeten in der Gosse. Dieser hier konnte noch von Glück sagen, daß ihn zwei „Kameraden“ an Bord trugen.

      Nummer drei flog kurz darauf in die Vorpiek und verschwand.

      Das alles war bisher das Werk einer knappen halben Stunde gewesen. Blieben immer noch gut drei Stunden, um sieben Leute zu pressen.

      Da sich augenblicklich keine weiteren betrunkenen Kerle mehr in den Hinterhöfen fanden, suchten die beiden vom Preßkommando kurzentschlossen die nächste Kneipe auf.

      Die Kneipe war eine typische Hafenspelunke mit düsterem Licht, einem winzigen blinden Fenster und langen Bänken mit Eichentischen.

      Hier waren die Zecher auch schon kräftig am Werk. Die Kneipe war voller Qualm und Rauch, denn etliche Kerle qualmten aus langen Tonpfeifen kleingeschnittenen Tabak. Es roch nach saurem Rotwein und den Ausdünstungen der Betrunkenen.

      Virgil stieß seinen Steckenknecht an und deutete mit dem Kinn zu einem in einer Nische stehenden Tisch, an dem fünf Kerle hockten. Sie hatten schon kräftig gebechert. Einer der fünf wackelte beängstigend mit dem Schädel und schwankte wie ein Rohr im Wind, als würde er jeden Augenblick umkippen.

      „Die kassieren wir“, knurrte der Profos. „Sehen auch so aus, als hätten sie Seebeine.“

      Ungefragt setzten sie sich zu den fünf Trunkenbolden und bestellten scharfen Rum. Die Kerle tranken nur billigen Rotwein, zu mehr langte ihr Geld nicht.

      Im Gesicht des Profos stand ein dünnes gefährliches Lächeln, als er die Kerle ungeniert musterte. Dem Geruch nach schienen diese Kerle Fischer zu sein, Gelegenheitsfischer, die nur dann hinausfuhren, wenn sie Geld brauchten. Dann verhökerten sie ein paar Fische und versoffen das Geld, bis sie blank waren.

      Jetzt schien das auch der Fall zu sein, als einer von ihnen lautstark nach Wein rief.

      Am Tisch erschien ein Monstrum von Schankknecht, der auch gleichzeitig als Rausschmeißer fungierte.

      „Bring uns noch ein paar Humpen, Miguel“, verlangte der eine.

      Der Schankknecht sah die Zecher böse an. Dann schoß er lauernd eine Frage ab.

      „Wie steht’s mit Geld?“

      „Schreib es auf, Miguel.“

      „Nichts da. Ihr habt genug auf dem Kerbholz. Wenn Ihr nicht mehr bezahlen könnt, dann haut ab, oder ich prügel euch hinaus.“

      „Mann, nur ein paar Humpen. Wir bezahlen morgen.“

      „Verpißt euch“, sagte Miguel grob. „Es gibt nichts mehr.“

      Bevor die Kerle Streit anfangen konnten, griff Virgil ein. Er legte ein paar Münzen auf die Tischplatte.

      „Eine Flasche Rum“, verlangte er, „und nochmal eine Lage Rotwein für die Señores.“

      Die Señores stierten beglückt, als ihre Humpen nachgefüllt wurden, und der Profos ihnen Rum eingoß. Er verfuhr damit recht großzügig, denn das ausgelegte Geld würde er mit Sicherheit zurückerhalten.

      „Wer bist du, warum gibst du einen aus?“ fragte einer.

      „Weil ich heute Geburtstag habe und nicht mitansehen kann, daß einer nichts mehr zu trinken kriegt, wenn er kein Geld hat. Mir geht das auch öfter mal so, aber man hat dann erst den richtigen Durst.“

      Daraufhin nannten sie ihn einen feinen Kerl und gratulierten ihm.

      Nach der nächsten Runde gratulierten sie ihm wieder, und so liefen innerhalb der nächsten Stunde nochmals sieben oder acht Glückwünsche bei ihm ein. Dabei hielten er und Pedro sich sehr mit dem Trinken zurück. Die fünf Kerle aber wurden immer voller. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, daß ihr Durst immer größer wurde.

      „Tut mir leid“, sagte Virgil etwas später, „aber das war mein letztes Geld. Hasta la vista, Kumpels, aber wir ziehen uns jetzt zurück. Werden an Bord noch einen Kleinen gluckern.“

      Die Kerle leckten sich lüstern über die Lippen.

      „Hast du denn da noch was, guter Freund?“

      „Zwei Fässer Rotwein und ein Fäßchen Rum, alles schon bezahlt.“

      „Kann man da nicht mitgehen, guter Freund?“

      Der Profos zierte sich ein bißchen, aber schließlich nickte er.

      „Na gut, weil wir ja schon zusammen gesoffen haben. Außerdem ist der Kapitän heute nicht da, und die Offiziere sind auch an Land. Also los, Compadres, geht noch auf einen Schluck mit. Aber benehmt euch anständig.“

      Das versprachen sie hoch und heilig und sehr erfreut, obwohl sie kaum noch laufen konnten und bereits zu singen begannen.

      Dann zogen sie torkelnd los an Bord.

      De Zavallo übersah großzügig die fünf schwankenden Gestalten, die mit dem Profos und Steckenkecht im Vorschiff verschwanden. Nur der Erste Offizier, Vicente Torres, zog fragend und verwundert die Augenbrauen hoch. Da er aber den harten

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