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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 608. Fred McMason
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 608
Год выпуска 0
isbn 9783966880220
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
„Irgend etwas ist merkwürdig an dem Schiff“, beharrte Dan. „Die Kerle darauf sehen recht abenteuerlich aus, gar nicht so wie Seeleute im allgemeinen. Außerdem beobachten sie uns dauernd durch den Kieker.“
„Sollen sie“, sagte der Seewolf achselzuckend. „Möglicherweise sind es Angehörige der Pilger, die Freunde und Bekannte ein Stück auf der Themse begleiten. Um Piraten dürfte es sich wohl kaum handeln, denn die haben nicht viel zu erwarten von den armen Leuten.“
Old O’Flynn starrte etwas finster und mit zusammengekniffenen Augen zu den drei voraussegelnden Galeonen, deren Decks von vorn bis achtern mit Menschen überfüllt waren. Sie standen zusammengedrängt da und blickten abschiednehmend auf ihre Heimat, die sie vermutlich nie wiedersehen würden.
„Diese Reise steht unter keinem guten Stern“, sagte Donegal mehr wie zu sich selbst. „Das soll keine Unkerei sein, aber ich fühle es überdeutlich. Wir werden noch eine Menge Ärger kriegen.“
„Hör auf“, sagte Hasard scharf. „Kaum beginnt eine Reise, da tritt der alte Geisterseher auf den Plan und sieht schwarz. Ich will das nicht mehr hören, verdammt noch mal!“
„Man hört’s an deiner Stimme, daß deine Laune nicht gerade die beste ist“, entgegnete Old O’Flynn. „Du wirkst schon vor Antritt der Reise gereizt und nervös, wenn ich das bemerken darf.“
„Wir haben auch keine leichte Aufgabe vor uns“, sagte der Seewolf mit einem Grollen in der Stimme. „Und dann mußt du zu allem Überfluß noch düster daherreden.“
„Das war nicht dahergeredet, das liegt in der Luft. Ich bin ganz besonders empfänglich dafür.“
Hasard winkte verärgert ab. Er verfluchte sich selbst, daß er heute einen so ausgesprochen lausigen Tag hatte. Er konnte nicht einmal genau sagen, woran das lag, es gab eben solche Tage, da lief einem unerklärlicherweise eine Laus über die Leber. Vielleicht lag es daran, daß ihm die ganze Sache nicht gefiel.
Er hätte sich wohler gefühlt, wie ein Wolf in ein Rudel spanischer Galeonen einzubrechen und Beute zu reißen, als hier auf puritanische Pilger aufzupassen, die mit den allergrößten Erwartungen einem ungewissen Schicksal entgegenfuhren. Es war trotz des schönen Wetters und der allgemein guten Laune eben etwas bedrückend.
„Schon gut, Donegal“, sagte er und versuchte, seiner Stimme einen freundlichen Klang zu geben. „Es war nicht so gemeint. Meine Stimmung wird sich im Laufe des Tages schon bessern, hoffe ich.“
Seine Stimmung besserte sich jedoch nicht, denn in diesem Augenblick erschien einer der drei adligen Narren auf dem Achterdeck, ein etwa fünfundzwanzigjähriger Schnösel, den Hasard nicht ausstehen konnte.
Drei dieser erlauchten Gentlemen hatten sie an Bord. Sie waren auf den besonderen Wunsch der Königin an Bord der Schebecke untergebracht worden, und es hatte gleich zu Anfang mit ihnen Ärger gegeben. Die Gents waren sich natürlich zu fein, um auf den „verwanzten“ Pilgerschiffen zu fahren. Man konnte ihnen auch nicht zumuten, sich mitten unter dem Pöbel und dem gemeinen Decksvolk zu bewegen.
So hatten sie an Bord Quartier gefunden, und ihr Benehmen war nicht gerade das, was man mit gentlemen-like zu bezeichnen pflegte. Die ersten Zusammenstöße mit den Arwenacks hatte es bereits gegeben.
Der Schnösel hieß Alec Morris. Er trug blaue Kniehosen, weiße Strümpfe und eine himmelblaue, bis zur Hüfte reichende Jacke, unter der ein Rüschenhemd hervorlugte. An den Füßen hatte er dunkle Schuhe mit silbernen Schnallen. Sein Gesicht war etwas rundlich, die Augen von einem wässerigen Blau. Sein Gehabe wirkte geziert und überheblich.
Da er auf den Morgengruß verzichtete, nahm Hasard ihn vorerst nicht zur Kenntnis und sah durch ihn hindurch. Offenbar erwartete dieser Affe einen Bückling von der gesamten Mannschaft.
Vielleicht hatte er mal gehört, daß Sir Francis Drake mit auf dem Rücken verschränkten Armen auf dem Achterdeck seines Schiffes hin und her zu gehen pflegte. Anscheinend hielt er das für eine sehr wirkungsvolle oder beeindruckende Pose, denn genau die gleiche Haltung nahm er jetzt ebenfalls ein. Mit etwas verkniffenem Mund marschierte er wie ein Admiral von einer Seite zur anderen. Wer ihn auf den ersten Blick so sah, mußte ihn zweifelsohne für den Kapitän der Schebecke halten.
Old O’Flynn sah ihm mißtrauisch zu und verfolgte argwöhnisch jede seiner Bewegungen. Don Juan runzelte unwillig die Stirn, während Ben Brighton und Dan etwas spöttisch grinsten.
Sie alle taten jedoch vorerst so, als sei er nicht vorhanden.
Von den beiden anderen Gimpeln war nichts zu sehen. Frank Davenport, ein hochverschuldeter Kerl aus adligen Kreisen, ruhte anscheinend noch. Auch Sir William Godfrey, ein älterer Mensch, ebenfalls aus Adelskreisen mit einer rötlichen Säufernase und leicht aufgedunsenem Gesicht, war noch nicht an Deck. Kein Wunder, sie hatten gestern abend noch kräftig einen gezecht.
Der schmächtige Geck marschierte auf und ab und blieb dann plötzlich vor Hasard stehen.
„Die Reise hat also begonnen“, stellte er inhaltsschwer fest. „Nun bleibt natürlich die Frage offen, wie sie ausgeht. Wir befinden uns auf der Themse.“
Das war eine sehr logische und sehr scharfsinnige Feststellung, wie der Seewolf vor sich selbst zugeben mußte. Die Reise hatte begonnen, und sie befanden sich auf der Themse. Sehr klug war das.
Hasard gab keine Antwort. Er drehte sich nur einmal kurz um und warf einen Blick über die Schulter zurück. Die Karavelle folgte ihnen immer noch etwa schräg versetzt im Kielwasser.
„Ich bemerkte soeben, daß die Reise begonnen hat“, sagte der Dandy etwas schärfer. „Und es bleibt noch die Frage offen, wie sich der Verlauf dieser Reise gestalten mag.“
„Die Frage bleibt immer offen“, sagte Hasard kühl, nachdem er sich jetzt doch zu einer Antwort entschlossen hatte. „Und daß die Reise begonnen hat und wir uns auf der Themse befinden, beruht auf der simplen Tatsache, daß wir die Leinen gelöst und die Segel gesetzt haben. Da uns kein anderer Fluß im Augenblick zur Verfügung steht, befinden wir uns logischerweise auf der Themse. Es ist stark zu vermuten, daß die anderen das ebenfalls bemerkt haben.“
Morris sah das unverhüllte Grinsen in den Gesichtern der Männer auf dem Achterdeck und lief rot an. Er ärgerte sich über die Antwort. Er hatte auf seine Feststellung freudige Zustimmung erwartet, doch statt dessen ließ man ihn kühl abfahren.
Er nahm seine Wanderung wieder auf und musterte die Männer mit rotem Kopf. Aber die gaben seine Blicke nur kühl zurück oder sahen ihn gar nicht an.
„Wie lange wird die Überfahrt dauern?“ fragte er nach einer Weile.
„Auch diese Frage wird vorerst noch offen bleiben“, erwiderte der Seewolf. „Der Atlantik ist unberechenbar. Hinzu kommen einige andere Faktoren, die ebenfalls unberechenbar sind.“
„Alles ist berechenbar“, sagte Alec Morris herablassend und mit überheblich klingender Stimme. „Alles, sage ich, auch der Atlantik. Es gibt da gewisse Gesetze, nach denen sich alles berechnen läßt.“
„Dann sollten Sie es doch eigentlich genau wissen, wenn Sie die gewissen Gesetze kennen“, sagte Hasard. „Das Prinzip ist sehr einfach. Sie nehmen die Strecke, die wir vor uns haben und ziehen davon die Strecke ab, die wir jeweils zurückgelegt haben. Nach den gewissen Gesetzen gibt es dann ein logisches und klares Ergebnis.“
Der Dandy winkte geziert ab.
„Das ist das Grundgesetz der Navigation“, erklärte er. „Ich habe mit einem Astronomen gesprochen. Es ist alles sehr einfach. Sie richten den Bug des Schiffes nach Karte und Kompaß aus, visieren gewissermaßen das Ziel an und segeln los. Selbstverständlich erreichen wir dann jeden Punkt, den wir wollen. Ich verstehe gar nicht, daß man soviel Aufhebens um die lächerliche Navigation macht.“
Hasard ließ sich nicht anmerken, daß er sich über