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wollen wir lieber entscheiden, was wir tun.“

      Die Portugiesin nickte nur.

      „Danke, Consuela“, sagte Malvina. „Ihr könnt euch vorstellen, daß mich bei diesen verfluchten Kerlen nichts mehr hält. Ich meine, gegen Dubuque als Gefährten hätte ich nicht unbedingt etwas einzuwenden gehabt. Aber Quebracho war mir doch zehnmal lieber. Und jetzt habe ich niemanden mehr, seit es ihn in Campeche erwischt hat.“

      „Niemanden?“ entgegnete Laurinda grinsend. „Du hast Theodoro, ist das nichts?“

      „Der springende Punkt“, erwiderte Malvina wütend. „Der Kerl hat ja bei mir das Faß zum Überlaufen gebracht!“

      „Dabei ist er so ein reizender Bursche“, sagte Consuela in freundschaftlichen Spott.

      „Laß die dummen Witze“, sagte Laurinda, „dafür ist jetzt wirklich keine Zeit. Ich kann Malvina verstehen. Dieser Theodoro ist das reinste Brechmittel. Sonst hat er nie eine abgekriegt, und jetzt auf einmal mußte ihn della Rocca Malvina zuteilen. Ich frage mich bloß, warum?“

      Malvina schnaubte verächtlich.

      „Das kann ich dir leicht beantworten. Irgendwie hat er es mir natürlich doch krumm genommen, daß er wegen mir – Dubuque hinrichten mußte. Hätte ich Dubuque den verdammten Perlenbeutel zurückgegeben, wäre alles nicht passiert! Aber ich mußte ja so starrköpfig sein, den Beutel zu behalten. Einerseits war es dem Korsen natürlich ganz recht, im Falle Dubuque mal wieder zeigen zu können, wer hier das Kommando hat. Andererseits ist ihm wohl klargeworden, daß er einen guten Mann verloren hat – vor allem nach dem Fiasko in Campeche. Also erhält das Miststück, das für alles verantwortlich war – ich nämlich –, was es verdient.“

      „Siehst du das nicht ein bißchen übertrieben?“ fragte Consuela.

      „Es spielt keine Rolle. Es ändert nichts daran, daß ich meine Entscheidung getroffen habe. Erstens bin ich hier nur noch der Fußabtreter. Zweitens habe ich im Gefühl, daß sich irgend etwas tun wird. Ich könnte mir vorstellen, daß della Rocca mit seiner gesamten Mannschaft abhaut und uns einfach sitzenläßt.“

      Die beiden Europäerinnen starrten die braunhäutige junge Frau ungläubig an.

      „Wie kommst du denn darauf?“ fragte Consuela kopfschüttelnd.

      „Zähl doch mal zwei und zwei zusammen“, entgegnete Malvina. „In Campeche haben sie ihm zum ersten Male die Jacke vollgehauen. Was das bedeutet, ist doch wohl klar. Die Dons sind es langsam leid, sich dauernd die Perlenvorräte abnehmen zu lassen. Also tun sie was und fahren schwere Geschütze auf. In Campeche hat es so richtig schön gewirkt. Della Rocca ist kein Dummkopf. Er weiß, womit er in den anderen Perlenfischerorten zu rechnen hat. Was müßte er also vernünftigerweise tun?“

      „Verstehe“, sagte Laurinda gedehnt. „Er nimmt sein Schiff, klaubt alles zusammen, was er an Schätzen versteckt hat, und haut ab nach Korsika.“

      „Wo er hingehört“, fügte Consuela grimmig hinzu.

      „Das kann uns egal sein“, sagte Malvina wegwerfend. „Wenn er uns in Ruhe läßt, kann er meinetwegen hingehen, wo der Pfeffer wächst. Hauptsache, wir unternehmen etwas, bevor es zu spät ist.“

      „Du meinst“, entgegnete Laurinda, „er würde uns alle umbringen lassen, bevor er verschwindet?“

      „Bei della Rocca muß man mit allem rechnen.“ Die Braunhäutige zog die Schultern hoch. „Aber so schlimm muß es gar nicht mal kommen. Es genügt, wenn er uns ohne Essen und Trinken hier sitzenläßt. Etwas Wasser könnten wir uns vielleicht noch beschaffen. Aber Eßbares? Man kann sich nicht ständig von Kokosnüssen und Grünfutter ernähren.“

      Consuela blickte sie eindringlich an.

      „Du willst damit sagen, wir sollten uns einen Vorrat beiseite schaffen und dann bei passender Gelegenheit verschwinden?“

      „Erst mal“, erwiderte Malvina, „muß ich euch fragen, ob ihr überhaupt mitmachen wollt. Ich möchte euch zu nichts überreden, wovon ihr nicht überzeugt seid.“

      Beide Frauen schüttelten sofort den Kopf.

      „Du weißt schon, warum du uns angesprochen hast“, sagte Consuela. „Laurinda und ich haben die Nase genauso voll wie du, das steht fest. Die Kerle behandeln uns wie den letzten Dreck. Aber wir sind eben nicht solche dummen Hühner wie die anderen, die sich alles gefallen lassen. Ich, für meinen Teil, bin dabei. Darüber brauchen wir uns nicht mehr lange zu unterhalten.“

      „Das gleiche gilt für mich“, sagte Laurinda mit eifrigem Nicken.

      „Also gut“, entgegnete Malvina lächelnd. „Ich habe natürlich gewußt, daß ich mich in euch nicht täusche. Ihr müßt euch darüber im klaren sein, was für ein Risiko wir eingehen.“

      Die drei Frauen wechselten einen Blick.

      „Ich sehe da überhaupt keinen Unterschied“, sagte Consuela. „Egal, was wir tun – unser Kopf steckt so oder so in der Schlinge. Also können wir ebensogut versuchen, ihn rechtzeitig herauszuziehen.“

      Malvina nickte.

      „Klar. Bleibt also noch die Marschroute. Ich schlage vor, daß wir versuchen, auf direktem Weg die Ostküste weiter südlich zu erreichen. Dazu brauchen wir vor allem Proviant, einen Trinkwasservorrat und Waffen.“

      „Damit fangen wir am besten sofort an, wenn wir zurück im Lager sind.“ Laurinda stemmte unternehmungslustig die Fäuste in die Hüften. „Schaffen wir möglichst schnell möglichst viel auf die Seite. Um so eher können wir verschwinden.“

      Das wichtigste war besprochen. Die drei Frauen vereinbarten eine Stelle abseits vom Lager, wo sie ihre Vorräte verstecken würden. Dann verließen sie den Ort ihres geheimen Treffens getrennt, um so unauffällig wie nur möglich zu den Hütten zurückzukehren.

      Es gelang ihnen. Eine Stunde nach dem verschwörerischen Gespräch im Dickicht hatten sie wieder ihre Plätze auf den Nachtlagern eingenommen, wo ihre Gefährten nach wie vor schnarchten, was das Zeug hielt. Der Abend und die Nacht waren alkoholreich genug gewesen, um die Kerle wieder einmal in einen Dauerschlaf bis in die Mittagsstunden zu versenken.

      Der neue Tag war der 20. Juli im Jahre des Herrn 1595. Ein Tag, den der Satan höchstpersönlich an sich gerissen haben mußte. Denn er eröffnete ihn mit einem höllischen Konzert von Pauken und Trompeten. Das dröhnte, schmetterte und hämmerte, als ob alle Fegefeuer-Heizer dienstfrei hätten, um sich am Lärmorchester zu beteiligen.

      Della Rocca verfluchte den Gehörnten für diesen nervtötenden Höllenlärm, wünschte ihm die Pest an den Hals und schwor ihm, daß er ihm einen Tritt in den Hintern verpassen werde, wenn er ihn nur zu fassen kriegte.

      Es dauerte eine Weile, bis der Korse begriff, daß sich der ganze Teufelstanz innerhalb seines Schädels abspielte. Mit der Wiederkehr seiner Sinne gelang es ihm, die komplette Höllencrew zum Teufel zu schicken. Was aber blieb, war dieses verfluchte Dröhnen und Hämmern. Es war drauf und dran, seinen Kopf von innen her zu sprengen. Und immer noch schien der Höllenfürst seine Hand im Spiel zu haben. Della Rocca fühlte sich fallengelassen wie ein heißes Exemplar jener Frucht, die man in der Neuen Welt entdeckt, in die Alte Welt verfrachtet hatte und dort Pomme de Terre nannte – Erdapfel, Kartoffel. Ja, verdammt, dieser gehörnte Hurensohn ließ ihn hohnlachend in die Wirklichkeit fallen. Und die war schlimmer als alle Pauken und Trompeten zusammen.

      Denn nach und nach fielen ihm die jüngsten Geschehnisse ein.

      Er stieß einen Wutschrei aus und fuhr in seiner Koje hoch. Im nächsten Moment sank er mit einem ächzenden Schmerzenslaut wieder zurück. Es war, als hätte er versucht, seinen eigenen Schädel in die Luft zu jagen. Ein Wunder, daß sein dröhnender Kopf nicht auseinandergeflogen war wie ein soeben gezündetes Pulverfaß.

      Er zwang sich, bewegungslos liegenzubleiben. Doch die Wut brodelte und kochte in ihm.

      Das Logbuch der Perlen war verschwunden.

      Zardo,

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