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und hielten die Eingeborenen auf diese Weise von dem Boot fern.

      Abdrahman war durch ein Messer am Arm verletzt. Er ließ sich auf der Heckducht nieder, krümmte sich ein wenig und kämpfte gegen die Schmerzen an. Er sah zu dem Mann, der den Pfeil im Hals stecken hatte. Für diesen armen Teufel erfolgte jede Hilfe zu spät. Seine Augen waren gebrochen, er lag unnatürlich verkrümmt und reglos.

      Abdrahman konnte sich eines eisigen Schauers auf seinem Rücken nicht erwehren.

      Die Männer hatten das Boot herumgebracht, pullten im Schweiß ihres Angesichts, und einer von ihnen rief: „Herr, seht doch, sie folgen uns!“

      Abdrahman drehte sich halb um und spähte zur Insel zurück. Eine Verwünschung löste sich von seinen Lippen. Da schwamm ihnen ein Teil der Krieger doch tatsächlich mit dem Messer zwischen den Zähnen nach, und die restlichen Kerle waren zur Böschung oberhalb des Strandes zurückgelaufen, hatten schmale Auslegerboote aus dem Dickicht gezerrt und trugen sie jetzt zum Wasser.

      Abdrahman fühlte, wie ihm das Blut heiß bis in die Schläfen hinauf pulsierte.

      „Rasch“, sagte er zu seinen Männern. „Zur ‚Daira‘! Wir müssen an Bord zurück, sonst können Jussuf und die anderen nicht die Kanonen bedienen. Rasch!“

      Schreie hallten von Bord der Baggala herüber. Jussuf, der die Funktion eines Steuermanns, Bootsmanns und der rechten Hand des Kapitäns auf dem Segler innehatte, feuerte die Landsleute an, verwünschte die angriffslustigen Wilden bis in alle Ewigkeit und brannte darauf, drei der sechs Bronzekanonen zum Einsatz zu bringen, die längst klar zum Gefecht standen.

      Die restlichen zehn Mann der arabischen Bahari, der bunt zusammengewürfelten Mannschaft, standen in einer Reihe auf Oberdeck und hievten mit rhythmischem „Ai-am-less, Ai-am-less“ den Stockanker vom Grund der natürlichen Reede vor der Insel hoch.

      Die Wilden hatten ihre Auslegerboote zu Wasser gebracht, sprangen hinein und tauchten ihre Stechpaddel ins Wasser. Sehr schnell hatten sie die Schwimmer eingeholt, nahmen einige von ihnen auf und jagten mit erschreckendem Tempo dem Boot der Araber nach.

      Abdrahman hob die linke Hand und wies nach Backbord.

      „Wir runden das Heck der ‚Daira‘“, sagte er mit heiserer Stimme. „Wir gehen an Backbord längsseits, sonst gelingt es Jussuf nie und nimmer, die Kanonen zu zünden.“

      Er drückte mit der rechten Hand die Ruderpinne herum. Das Boot richtete seinen Vorsteven auf das Heck der Dhau, dann links daneben und glitt in das Kielwasser des einmastigen Schiffes.

      Die Baharis setzten nun das spitze Dreieckssegel der Dhau, indem sie die einzige Rah am Mast hochhievten und dabei ihr kehliges „Musurekja-Mohamed“ ausstießen. Mit dem fächelnden, lauen Wind nahm das Schiff allmählich Fahrt auf und erhielt auch eine ruhigere Lage im Wasser, was für das Abfeuern der Steuerbordkanonen von Bedeutung war.

      Das Beiboot befand sich unter dem Heckspiegel der Dhau, schwenkte wieder herum und hatte Mühe, in der Geschwindigkeit mitzuhalten.

      Auf der Baggala stürzten die Baharis an die Geschütze, schürten Kohlefeuer an, brachten Lunten zum Glimmen und senkten sie auf die Bodenstücke der klotzigen bronzenen Kanonen.

      Ein dreifacher Donnerhall zerriß die Luft der so idyllisch anmutenden Insel. Es zuckte schmutziggelb vor den Mündungen der Geschütze, und dann stoben die Kugeln – beachtlich gut gezielt – zwischen die Auslegerboote der Eingeborenen.

      Ein Boot kippte um und entleerte seine schreiende Besatzung ins klare Seewasser. Ein anderes Gefährt wurde zerrissen, Trümmer wirbelten fast bis zum Strand zurück, und mitten zwischen den Überresten schlugen blutende Gestalten ins Wasser.

      Die übrigen Auslegerboote fielen zurück – nur eins saß Abdrahman und seinen Männern noch im Nakken.

      Unter den gellenden Rufen der Baharis pullten die sechs Araber auf die Backbordseite der Dhau zu, klammerten sich an rasch ausgebrachte Taue, hangelten an der Bordwand hoch und ließen das Boot mit dem Toten im Stich.

      Von fanatischem, blindem Eifer getrieben, paddelten die schwarzen Krieger in dem Auslegerboot weiter und holten die langsame Dhau mühelos ein.

      Abdrahman stand vor der Hütte neben Jussuf und übernahm selbst den Kolderstock, aber es hatte keinen Sinn, niemals konnte der Kapitän in einer derart schwachen Brise eine Halse fahren, die das Boot der Feinde vor die Mündungen seiner Backbordgeschütze brachte.

      „Musketenfeuer!“ schrie Abdrahman.

      Sofort stellten sich sechs Baharis mit vier altertümlich aussehenden Musketen und zwei noch vorsintflutlicher wirkenden Arkebusen an das Backbordschanzkleid. Sie legten die Waffenschäfte auf Gabelstöcke, zielten auf die herangleitenden Verteidiger der Insel und drückten ab. Die Luntenschlosse der Arkebusen brauchten etwas länger, um betätigt zu werden, dann, endlich, krachten auch sie.

      Drei Wilde brachen getroffen in dem Auslegerboot zusammen, ehe sie ihre Speere schleudern oder ihre Bogen einsetzen konnten. Einer kippte aus dem Boot, die beiden anderen stürzten zwischen ihre Kameraden. Diese Burschen hielten es jetzt für richtiger, die Jagd abzubrechen. Sie fielen zurück, wendeten das Boot und paddelten an Land zurück. Voller Haß ließen sie ihre Pfeile, Messer und Speere auf das zurückgebliebene Beiboot das Dhau prasseln.

      Abdrahman blickte von dem Platz hinter der Hütte seines Schiffes zu dem Boot zurück. Er sah, wie es auf den Wellen dümpelte, wie die Eingeborenen auf dem Strand landeten und ihre Toten und Verwundeten bargen. Sie stimmten ein Wehklagen an, das dem sonst so hartgesottenen Araber wieder einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

      Abdrahman blickte nach vorn und stellte fest, daß das Lateinersegel seiner Baggala immer schlaffer wurde.

      In seinem vokalreichen, schnellen Farsi, dem Dialekt der Landschaft um Schiras, sagte er zu Jussuf: „Jetzt schläft der Wind endgültig ein. Wir kommen nicht mehr voran. Bei Allah, wir sind dazu verdammt, vor dieser verfluchten Insel liegenzubleiben. Wir können uns nicht einmal unser Beiboot zurückholen. Die Schwarzen werden es bewachen – und sie werden mit allen Mitteln trachten, unsere ‚Daira‘ zu entern und uns alle niederzumetzeln. Wie lange reicht unsere Munition, wie lange können wir uns halten?“

      Jussuf schwieg bestürzt, er wußte keine Antwort darauf.

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