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Schreie gellten, Männer stürzten zu Boden, andere Männer, die nie und nimmer zum Stamm der Bantus gehörten, gaben triumphierende Laute von sich.

      Ein wildes Handgemenge entbrannte.

      Die fremden Männer hatten ihre feuerspuckenden Rohre geleert, und jetzt drangen sie mit Speeren und Säbeln gegen die Bantus vor.

      Sarego lief so schnell wie nie zuvor in seinem Leben.

      Große, unheimliche Schemen hatten sich im Hintergrund erhoben. Sie bildeten eine Silhouette im Verbund mit den runden Hütten. Sarego schrie unwillkürlich auf, als er ihrer gewahr wurde, denn er wie alle anderen Männer des Stammes wußte, was dies zu bedeuten hatte.

      Dromedare – hier!

      Sarego hatte längst einen Pfeil aus seinem Köcher gezogen. Er legte das Schaftende im Laufen gegen die Bogensehne, spannte, dann stoppte er zwischen zwei Hütten und zielte auf einen der Angreifer, der mit dem Krummsäbel gegen einen jungen Bantumann kämpfte und ihm, Sarego, die Körperseite zugewandt hielt.

      Weiß und unschuldig wirkte das Elfenbein, das die Bantus den weißen Männern beschafften, aber es rief Tod und Verdammnis hervor.

      Die Bantus erlegten die Elefanten, um sie ihrer Zähne zu berauben, denn allein diese Zähne bewahrten sie vor dem bitteren Los der Sklaverei – immer wieder. Weit oben im Norden in einem Land, in dem Somali gesprochen wurde, lebten jedoch kriegerische Völker, die auszogen, um sich das begehrte Elfenbein auf unrechtmäßige Weise zu verschaffen. Sie überfielen die Elefantenjäger und raubten deren Beute, wobei sie, die hageren, raffgierigen Hamiten, den überragenden Vorteil ausnutzten, im Besitz von Schußwaffen zu sein.

      Von wo sie sich diese Waffen besorgt hatten – es war egal.

      Sarego ließ den Pfeil los. Den Bruchteil einer Sekunde später steckte der Pfeil dem Hamiten unter der linken Achselhöhle. Der Mann öffnete den Mund, aber der Schrei, den er ausstoßen wollte, wurde nicht mehr frei.

      Schwer ging er zu Boden. Der junge Bantu, Saregos Freund, stieß einen Siegeslaut aus. Er bückte sich und wollte den Säbel des Getöteten an sich reißen, aber in diesem Moment traf ihn der vernichtende Hieb eines anderen Hamiten.

      Auch Saregos Einsatz erfolgte zu spät. Der Freund sank getroffen hin, ehe der nächste Pfeil den Hamiten ereilte. Sarego schrie vor Grauen und Haß auf, stürmte weiter voran und sandte Pfeil um Pfeil von der Bogensehne.

      Aber die Angreifer waren ein starker Trupp, viele Dutzend Männer, die auch im Nahkampf den Bantus noch überlegen waren. Ihre Säbel richteten Verheerendes an, sie sensten den Widerstand der schwarzen Jäger nieder, säten Tote und Verletzte auf dem kreisrunden Platz des Krals und hielten blutige Ernte. Einige weniger mutige Bantus kapitulierten und suchten ihr Heil in der Flucht, aber sie gelangten nicht weit, weil mehrere Hamiten sich auf den Rücken ihrer Dromedare geschwungen hatten und die Verfolgung aufnahmen.

      Sarego sah nicht, wie auch diese Stammesbrüder im Kampf fielen, wie es nur zwei oder drei schwarzen Männern gelang, sich in das Hügelland zurückzuziehen. Diese wenigen Überlebenden würden es nie wagen, in das Dorf zurückzukehren, wegen ihrer Feigheit vor dem Feind würden sie fortan Versprengte des Stammes sein, Ausgestoßene, die ein verachtungswürdiges Dasein fristeten.

      Sarego arbeitete sich an den Hütten entlang, er war noch unverletzt, und sein Köcher hatte noch Pfeile, die er pausenlos gegen die kaltblütigen, skrupellosen Feinde verschoß.

      Er hatte die Frauen und Kinder des Dorfes entdeckt. Sie hatten sich in eine der Rundhütten zurückgezogen, doch zwei Hamiten trafen soeben vor dem Eingangsloch der Hütte ein und schickten sich an, mit grinsenden Mienen den Vorhang aus Büffelhaut zurückzuschlagen.

      Sarego tötete den einen durch einen Pfeil ins Herz. Auf den anderen stürzte er schreiend zu, hieb ihm den Bogen unters Kinn, warf ihn zu Boden, hechtete sich auf ihn und rang mit ihm.

      Der Hamite verlor seinen Säbel, zückte jedoch ein Messer. Sarego mußte seine ganze Kraft und sein ganzes Geschick aufbieten, damit ihm diese Klinge nicht in die Brust gestoßen wurde. Erbittert kämpfte er mit dem Todfeind.

      Schließlich gelang es ihm, einen Hebelgriff anzusetzen und den Arm des Kerls so zu verdrehen, daß dieser das Messer loslassen mußte. Ein Wehlaut löste sich aus dem Mund des Hamiten.

      Sarego erbeutete das Messer. Ohne Zögern wandte er es an. Die Gestalt des Gegners lehnte sich zurück und lag nach einem letzten Aufbäumen schlaff und reglos. Sarego riß das Messer aus der Brust des Toten, las auch den Säbel auf, nahm seinen Bogen und stürzte in die Rundhütte, ehe die anderen Teufel heran waren.

      Gut zwei Dutzend Frauen und genauso viele Kinder hatten sich in dem Innenraum um das ersterbende Feuer zusammengedrängt. Sie musterten ihn aus Augen, in denen sich die Panik und das Flehen um Hilfe mischten. Sie rangen die Hände, sanken auf die Knie und wimmerten. Sarego wünschte sich, gerade diesen Anblick niemals erlebt zu haben.

      Er bezwang seine Gefühle und drängte sich zur Rückwand der Hütte durch. Hier schnitt er mit dem Messer das Schilfmattengeflecht auf.

      Draußen tobte der Kampf der Hamiten gegen die letzten beherzten Krieger der Bantus. Schreie vermengten sich mit dem Prasseln und Knacken des Feuers, das aus den inzwischen von den Mördern angesteckten Hütten aufstob.

      Die Frauen schoben sich auf Sarego zu. Eine von ihnen, die erst vor kurzem geheiratet hatte und ein Kind unter ihrem Herzen trug, fragte mit bebender Stimme: „Was hast du vor, Sarego?“

      „Ihr müßt fliehen. Sofort.“

      „Sie werden uns sonst umbringen, alle, nicht wahr?“

      „Ja.“

      „Wo ist Negwa?“

      „Auf dem Hügel zwischen den Köcherbäumen. Sie weiß, wo sie euch verstecken kann“, sagte Sarego.

      „Bis dorthin schaffen wir es niemals“, stieß ein blutjunges Mädchen hervor. Die Angst ließ ihren Blick flackern.

      „Ihr werdet es schaffen“, erwiderte der junge Mann voll Ingrimm. „Ich schwöre es euch.“

      Die Kinder hatten sich an die Lendenschurze ihrer Mütter gehängt und weinten. Es gab zwei Säuglinge, die von Frauen in Tüchern auf dem Rücken getragen wurden. Saregos Blick verharrte für einen Moment auf diesen Kindern. In ihnen lag die einzige Zukunft, die der Stamm der Jäger noch hatte.

      Welches Schicksal die Frauen und die Kinder traf, wenn ihnen die Flucht aus dem Kral nicht gelang, lag auf der Hand. Die Hamiten waren keine ehrbaren Männer, die einen gerechten Kampf führten und die Schwachen und Hilflosen am Ende verschonten.

      Sarego hatte eine Öffnung in die Rückwand der Hütte geschnitten. Er bedeutete den Frauen durch eine Gebärde, sie sollten hindurchschlüpfen, wenn er selbst bereits im Freien war.

      „Draußen sind die Kerle mit den Dromedaren“, sagte die Sprecherin von vorher. „Du kannst sie nicht alle aufhalten, Sarego.“

      „Ich kann.“

      Plötzlich war eine Regung in der Büffelhaut, die die eigentliche Tür verdeckte. Die Köpfe der Frauen und Kinder ruckten herum. Sarego hatte wieder einen Pfeil bereit, spannte seinen Bogen und zielte auf die Hand mit dem Schwert, die sich hinter der schweren Büffelhaut hervorschob. Er kalkulierte die Körperstruktur des Gegners ein, bewegte die Waffe leicht nach rechts und ließ den Pfeil los.

      Mit einem gurgelnden Laut fiel der Mann in die Hütte. Er hatte den Pfeil in der Brust stecken. Der Schaft brach ab, als er auf die Körperfront stürzte. Die Büffelhaut bedeckte seine Beine.

      Die Frauen preßten die Fäuste gegen die Münder, die Kinder weinten und trampelten mit den Füßen auf der Stelle.

      Sarego verließ die Rundhütte durch den von ihm geschaffenen Durchschlupf.

      Raumer Wind trieb die große Galeone durch die leicht bewegte See voran. Sie lag auf Steuerbordbug und lief eine Geschwindigkeit von fünf bis sechs Knoten. Das war ein guter Durchschnitt, mit dem sie auf ein Etmal, eine Tagesleistung, von

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