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strampelte mit den Beinen und schlug um sich. Sie kratzte und biß, aber es nutzte ihr nichts: die Kerle zerrten sie zu sich heran.

      Ludmilla riß den Mund unwillkürlich weit auf – und ein Schwall Wasser drang ein. Lieber ertrinken, dachte sie noch. Dann schwanden ihr die Sinne, und gnädige Ohnmacht entführte sie.

      Ludmilla schlug langsam die Augen auf. Es fiel ihr schwer, zu begreifen, wo sie war und was vorging. War dies nun das Jenseits? Der Himmel? Sie lag in einem warmen Raum. Fackeln brannten. Sie steckten in schweren Eisenhaltern, die in die Wand gemauert waren.

      Ludmilla lag auf Steinplatten. Erst jetzt, als sie an sich hinunterschaute, stellte sie fest, daß man ihr die Kleider genommen hatte.

      Schritte näherten sich schlurfend. Eine Steintür wurde aufgestoßen. Ludmilla sah mit vor Entsetzen geweiteten Augen, wie eine vermummte Gestalt eintrat. Sie trug ein sackähnliches Gewand, dessen Saum bis auf den Boden reichte, und eine graue Kapuze auf dem Kopf.

      „Hau ab!“ schrie das Mädchen voll Panik. Vielleicht war sie statt im Himmel in der Hölle gelandet? Möglich war es, denn ein ausgesprochener Engel war sie in ihrem Leben ja nicht gewesen.

      „Schweig“, erwiderte der Maskierte mit dumpfer Stimme. „Und reden wirst du nur dann, wenn ich dich etwas frage.“

      Ludmilla war völlig entgeistert. Sie vergaß sogar, ihre Blößen mit den Händen zu bedecken. „Du – kennst meine Sprache?“

      „Ich kenne jede Sprache der Welt. Schweig.“

      Ludmilla ließ den Kopf hängen und biß sich auf die Unterlippe. Wenn das der Teufel war, hatte sie nichts zu lachen. Er würde sie erbarmungslos quälen. Sie brauchte sich keinen Illusionen hinzugeben.

      „Du wärest fast ertrunken“, sagte der Fremde. „Meine Männer haben das Wasser aus deinem Leib gepumpt und dich wieder zum Leben erweckt, nachdem sie dich ans Ufer geholt hatten.“

      „Warum haben sie mich nicht erstochen?“

      „Schweig!“

      „Es wäre besser gewesen“, sagte Ludmilla trotzig. Sie hob wieder den Kopf und fixierte die Schlitze in der Kapuze, hinter denen die Augen des Teufels glommen. Aber glommen sie wirklich? Vielleicht war es doch nicht der Teufel?

      „Du bist eine sündige Giaurhure“, sagte der Vermummte. „Du hast nichts Besseres verdient als den Tod.“

      „Dann töte mich doch“, entgegnete das Mädchen. Was hatte sie schon noch zu verlieren? Nichts. Besser, sie reizte diesen Kerl bis zur Weißglut. Dann war es wenigstens bald vorbei, und sie brauchte nicht mehr zu leiden.

      „Alles zur gegebenen Zeit“, sagte der Maskierte. „Es ist eine strafbare Tat, in mein Reich einzudringen. Jeder Fremdling, der wagt, seinen Fuß nach Assur zu setzen, wird mit dem Tod bestraft. Denn Allah will, daß nur sein auserwähltes Volk dieses Reich sieht.“

      „Wer bist du?“ fragte sie.

      „Ich bin der Herr über mein Reich.“

      „Jetzt weiß ich Bescheid“, sagte Ludmilla höhnisch.

      „Mein Name ist Jabal Schammar, ich bin der Erleuchtete, Allahs Vertreter auf Erden.“

      „Wo sind meine Freunde?“ wollte das Mädchen wissen.

      „Auch sie sind meine Gefangenen.“

      „Was habt ihr mit uns vor?“

      „Ich werde euch dem Urteil Allahs überantworten“, erklärte Jabal Schammar.

      „Was bist du denn? Ein Priester?“ schrie Ludmilla.

      „Mehr als das.“

      „Ein Wahnsinniger!“ fuhr sie ihn an, dann sprang sie auf.

      „Versündige dich nicht noch mehr!“ brüllte der Vermummte. „Allahs Zorn wird dich zerfetzen!“

      „Ich will zu meinen Freunden!“ schrie Ludmilla. „Du Satan! Du bist ja nicht ganz richtig im Kopf!“

      Sie trachtete danach, sich auf ihn zu stürzen und ihn mit ihren Fäusten zu bearbeiten, aber er griff blitzschnell zu und packte ihre Handgelenke. Ein Ruck genügte. Das Mädchen schrie gellend auf. Plötzlich lag sie wieder am Boden. Sie blickte auf und sah, daß der Vermummte wie durch Zauberei eine kurze Peitsche in der rechten Hand hielt.

      Ludmilla keuchte. Sie rutschte von ihm weg, aber er war mit einem langen Schritt wieder über ihr und hieb mit der Peitsche auf sie ein. Es klatschte, und Ludmilla schrie erneut auf. Mit den Händen schützte sie ihr Gesicht und krümmte sich auf dem Boden.

      Wieder sauste die Peitsche auf sie nieder. Drei, vier Hiebe trafen sie voll. Sie hatte das Gefühl, von Flammen gegeißelt zu werden.

      „Versuche nie wieder, mich anzugreifen“, sagte Jabal Schammar. „Du vergrößerst nur die Zahl der Leiden, die dich erwarten, und dein Tod wird noch qualvoller sein.“

      Er wandte sich ab und schritt zur Tür. Mit einem wahren Donnerhall fiel sie hinter ihm zu, und Ludmilla konnte vernehmen, wie von außen ein schwerer Riegel vorgeschoben wurde.

      Das Mädchen schleppte sich zur Tür, richtete sich stöhnend auf und trommelte mit den Fäusten gegen die Steine. Ein sinnloses Unterfangen. Ihre Hände taten weh, sie ließ sie wieder sinken. Schluchzend sank sie an der Wand zu Boden.

      Wie aus weiter Ferne hörte sie eine Stimme. „Ludmilla!“

      „Hier bin ich!“ schrie das Mädchen.

      „Hab keine Furcht!“

      „Branco Fernan!“ heulte sie. „Warum holst du mich hier nicht raus?“

      „Der Herr wird uns helfen!“ rief Branco Fernan, und er war überzeugt von dem, was er sagte.

      Die Häscher des Jabal Schammar hatten Branco Fernan und Ton de Wit ebenfalls in zwei getrennte Räume gesperrt, die jenem ähnelten, in dem Ludmilla lag. Auch den Riesen hatte man seiner Kleidung entledigt, bis auf eine kurze Hose. Branco Fernan trug nach wie vor seine Rüstung. Keinem würde es gelingen, ihn von dem Eisenkleid zu befreien, auch dem besten Schmied nicht.

      Aber was nutzte das? Nichts. Branco Fernan hatte nur seinen unerschütterlichen Glauben, an dem er festhielt. Ton de Wit und Ludmilla hegten ihre gelinden Zweifel an der großen Hilfe, die sie wie durch ein Wunder aus den Klauen der Araber retten sollte.

      Wie es zur Zeit aussah, saßen sie höllisch in der Klemme – wie nie zuvor, Sie waren diesem Jabal Schammar, der offensichtlich ein fanatischer Sektenführer war, ausgeliefert.

      Jabal Schammar betrat einen Raum, in dem ein großer, tückisch grinsender Götze auf einem Sockel hockte. Das Monstrum stellte ein Wesen dar, das wie eine Kreuzung aus Löwe und Sphinx wirkte und ein halbes Dutzend Arme hatte. Ein Steinmetz hatte das Ungeheuer aus einem Felsblock gehauen, den Jabal Schammar vor einigen Jahren selbst ausgewählt hatte.

      Dieser Götze, so verkündete Jabal Schammar seinen Anhängern, war das Ebenbild Allahs auf Erden. Er war tatsächlich davon überzeugt, und sein Charisma war stark genug, um auch die Jünger jeglichen Zweifels zu entheben. Sie vertrauten Jabal Schammar und gingen für ihn durch die Hölle. Wenn es erforderlich war, hielten sie auch ihren Kopf für ihn hin.

      Schammar sank auf die Knie, neigte den Oberkörper vor und verbeugte sich auf diese Art so tief vor dem Götzen, daß er mit der Stirn den Steinboden berührte. So verharrte und meditierte er etwa eine halbe Stunde lang. Dann richtete er sich wieder auf, murmelte Worte des Korans und zog sich zurück.

      Nun ging er in einen größeren Raum, in dem seine Anhänger – etwa sechzig Kerle – in eine schweigende Andacht versunken waren. Jabal Schammar baute sich vor ihnen auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wartete, bis sie sich halb erhoben hatten, dann nahm er seine Kapuze ab.

      Jabal Schammar war ein knochiger Mann mit einem eckigen Gesicht. Seine dunklen Augen blickten starr und bösartig, seine kantigen Züge drückten Wildheit und Unnachgiebigkeit aus. Ein

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