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und die Killigrews von Arwenack waren seit Menschengedenken zusammen zur See gefahren. Zuerst Old O’Flynn unter dem Mann, den Hasard für seinen Vater gehalten hatte: Sir John Killigrew, Generalkapitän von Cornwall.

      Wes Geistes Kind dieser Sir John war, ließ sich leicht an der Tatsache ablesen, daß man einen krächzenden, streitsüchtigen, stets krakeelenden Papagei nach ihm benannt hatte. Dan O’Flynn war von Anfang an bei Hasard gewesen, hatte schon an jener legendären Schlacht vor der „Bloody Mary“ in Plymouth teilgenommen, in deren Verlauf der Kriegsname „Seewolf“ für den großen schwarzhaarigen Mann mit den eisblauen Augen geprägt worden war.

      Und jetzt fuhr auch Dans Vater unter dem Seewolf. Genau wie Big Old Shane, der Schmied und Waffenmeister von Arwenack, der ganze Sippen von wilden, salzwassergetränkten Killigrews und ebenso wilden O’Flynns hatte aufwachsen sehen.

      „Na ja“, brummte Hasard. Er war ohnehin der Ansicht, daß ein alter Mann mit einem Holzbein nichts in einem heißen Kampf verloren hatte.

      Und der Kutscher strahlte, sichtlich zufrieden, weil er endlich mal in vorderster Front dabeigewesen war, auch wenn er sicher lieber mit seiner eisernen Bratpfanne um sich geschlagen hätte statt mit Old O’Flynns Holzbein.

      Der Seewolf atmete tief durch und wandte sich um.

      Inzwischen waren auch die polynesischen Krieger am Strand aufgetaucht: braunhäutige, schweigsame Gestalten, die mit haßerfüllten Augen der „Maria Mercedes“ nachblickten. Der alte Jack Henry schob die Pistole in den Gürtel zurück. Auch in seinen Augen brannte der Haß.

      Vor mehr als zehn Jahren hatte ein Sturm ihn und Bills Vater als Schiffbrüchige hierher verschlagen. Während Bills Vater in die Gefangenschaft spanischer Piraten geraten und später nach England zurückgekehrt war, war Jack Henry hiergeblieben. Er betrachtete die Polynesier als sein Volk, die „Insel der Steinernen Riesen“ als seine Heimat, und genau wie die Eingeborenen haßte er die Spanier.

      Als er zu Hasard trat, lagen seine Lippen hart aufeinander.

      „Zu spät?“ fragte er leise.

      Der Seewolf nickte. „Zu spät.“

      „Ihr habt den Schatz gefunden?“

      Wieder ein knappes Nicken. Ja, sie hatten den Schatz gefunden, jene Kiste voller Gold, Perlen und Edelsteine, die Bills Vater vor langen Jahren hier vergraben hatte. Aber es gab niemanden unter den Seewölfen, dem das Gold jetzt noch wichtig erschien.

      „Wir hatten gerade die Kiste an Bord der ‚Isabella‘ gebracht, als wir den Kampflärm hörten“, sagte Hasard knapp. „Leider konnten wir nicht mehr verhindern, daß die Kerle mit ihren Booten ablegten. Sie haben Luana. Und sie haben fünf meiner Männer.“

      „Und jetzt?“ fragte Jack Henry leise.

      Philip Hasard Killigrew atmete tief durch. Sein kantiges, wettergebräuntes Gesicht wirkte wie aus Stein gehauen.

      „Wir gehen an Bord der ‚Isabella‘ und nehmen die Verfolgung auf“, sagte er hart. „Und ich schwöre Ihnen, daß wir nicht ruhen werden, bis wir unsere Kameraden und das Mädchen befreit haben.“

      Ben Brighton war der erste, der wieder wach wurde.

      Sein Bewußtsein kämpfte sich mühsam zurück an die Oberfläche. Er fühlte harte Schiffsplanken unter dem Körper, und als er die Lider hob, blendete ihn das Leuchten der Segel in der Sonne. Sein Kopf schmerzte, sein Magen schien jede Bewegung des Schiffes in entgegengesetzter Richtung zu vollziehen. Nur langsam kehrte die Erinnerung an die Ereignisse der letzten Stunde zurück.

      Der Überfall der Spanier!

      Hasard und eine Gruppe von Seewölfen waren unterwegs gewesen, um Bills Schatz zu heben, aber sie waren rechtzeitig zurückgekehrt und hatten noch in den Kampf eingegriffen. Ben entsann sich nur undeutlich an die letzten Minuten, bevor es dunkel um ihn geworden war.

      Er und Matt Davies waren Bill nachgelaufen, der im Alleingang versuchte, Luana zu retten. Abseits vom eigentlichen Kampfplatz hatten sie sich mit ein paar Spanier herumgeschlagen. Dann war da plötzlich Kanonendonner gewesen, die Hauptstreitmacht der Dons fiel ihnen in den Rükken, und Ben wußte nur noch, daß er einen Schlag über den Kopf erhalten hatte.

      Und jetzt?

      Ein vorsichtiger Blick zeigte ihm, daß er sich an Bord einer Galeone befand, der „Maria Mercedes“ vermutlich. Er lag gefesselt auf der Kuhl. Als er den Kopf wandte, sah er gerade noch, wie zwei Spanier die zitternde Luana über den Niedergang zum Achterkastell zerrten, wahrscheinlich, um sie in die Kammer des Kapitäns zu bringen.

      Dreckskerle, dachte Ben Brighton erbittert.

      Sein Genick schmerzte, als er den Kopf noch weiter drehte. Aber die Mühe lohnte sich. Vier gefesselte, ohnmächtige Seewölfe waren zwar nicht gerade ein erhebender Anblick, doch nach Bens Meinung hätte es erheblich schlimmer sein können.

      Sie lebten noch, das war erst einmal die Hauptsache.

      Zumindest vorerst würden sie wohl auch am Leben bleiben. Denn wenn die Spanier sie umbringen wollten, hätten sie sich ja nicht erst der Mühe zu unterziehen brauchen, ihre Gefangenen mit dem Boot zur „Maria Mercedes“ zu pullen, an Bord zu hieven und zu fesseln.

      Bis zu diesem Punkt war der Bootsmann und erste Offizier der „Isabella“ mit seinen Überlegungen gelangt, als eine krächzende Stimme ihn zusammenzucken ließ.

      „Ihr Affenärsche! Ihr Rübenschweine! Ihr karierten Decksaffen, ihr schwanzlosen Steppensäue, ihr buckligen Kakerlaken, ihr verlausten Nachkommen einer triefäugigen Ziege, ihr …“

      Ben Brighton grinste matt.

      Sir John, der Papagei, hatte sich auf eine Webleine des Steuerbord-Haupt-wants zurückgezogen und schimpfte aus sicherer Entfernung. Carberrys Lieblingssprüche hatten es ihm besonders angetan. Ein paar von den Spaniern, die ein bißchen Englisch verstanden, kriegten runde Augen.

      Der Profos begann sich zu rühren.

      Er ächzte, blinzelte und murmelte etwas vor sich hin. Wenn Ben es richtig verstand, war es das Versprechen, dem frechen Kerl, der da fluchte, die Haut in Streifen von seinem Affenarsch zu ziehen.

      Der Bootsmann grinste.

      „Das schaffst du nicht“, sagte er leise. „Sir John sitzt in den Wanten, und du bist gefesselt.“

      „Was?“ murmelte Carberry. „Wie?“

      „Du bist gefesselt, Ed. Sind deine Knochen heil?“

      „Meine sind jedenfalls heil“, meldete sich Dan O’Flynn. „Himmel Arsch, tut mir der Kopf weh.“

      „Ich dachte, du seist ein O’Flynn. Von den O’Flynns mit den extraharten Schädeln.“

      Es war Matt Davies, der das hervorstieß, mühsam und etwas zischend, da seine Lippen aufgeplatzt und verschwollen waren.

      Auch Bill regte sich wieder. Auf seiner Stirn schillerte eine taubeneigroße Beule in allen Regenbogenfarben. Ein kleiner Kratzer über der linken Augenbraue hatte genug Blut produziert, um sein Gesicht geradezu furchterregend aussehen zu lassen.

      „Wo – wo bin ich?“ flüsterte er. „Was …“

      „Du bist auf der ‚Maria Mercedes‘, Junge. Zusammen mit Dan, Matt, dem Profos und mir.“

      Bill hob mühsam die Lider und sah Ben Brighton an. „Aber – aber wieso?“

      „Wenn du jetzt sagst, du kannst dich nicht erinnern, zieh ich dir die Haut vom Hintern!“ drohte der Profos.

      „Doch. Ich kann mich erinnern. Ich habe ganz bestimmt keinen Tempodingsda …“

      Tempodingsda, das war die Kurzform, die die Seewölfe für Smokys „temporären Gedächtnisschwund“ geprägt hatten. Und der „Tempodingsda“ hatte sich zum Alptraum entwickelt, so wie ihnen der Decksälteste damals mit seiner ewigen Fragerei auf die Nerven gefallen war.

      Dan

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