ТОП просматриваемых книг сайта:
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 138. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 138
Год выпуска 0
isbn 9783954394623
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
So ging das fast pausenlos weiter, während die „Isabella“ ihren Vorsteven nach Osten richtete und mit prall geblähtem Vollzeug vor den Wind ging.
Ferris Tucker grinste. „Wenn Ed so weiterbrüllt, hören ihn die Dons in Algeciras und Gibraltar.“
„Mal nicht den Teufel an die Wand“, entgegnete der Seewolf. „Mit den Spaniern will ich hier nicht aneinandergeraten. Wir versuchen, uns so dicht wie möglich unter der afrikanischen Küste zu halten.“
Er wandte sich um. Das Wetter war jetzt eine pechschwarze Wand, die hinter der „Isabella“ herfegte und sie einzuholen versuchte. Der Tag wurde zur Nacht. Die Galeone begann, schlingernde Bewegungen in der aufgewühlten See zu vollführen. Der Seewolf begann sich ernsthaft zu fragen, ob sie es noch schafften, in eine geschützt liegende Bucht zu verholen.
„Ben!“ rief er. „Laß die Manntaue spannen und die Luken verschalken. Der Kutscher soll die Kombüsenfeuer löschen und auf Deck mit anpakken. Ferris und Donegal, ihr begleitet Sam. Shane, sorge du bitte dafür, daß Philip und Hasard im Vordeck bleiben. Sie sollen sich auf keinen Fall von dort fortrühren.“
„Aye, Sir“, antworteten die Männer fast gleichzeitig.
Nur Big Old Shane fragte noch mit einem schiefen Grinsen: „Hasard, hast du eine Ahnung, wie ich das den Bengeln am besten beibiegen kann?“
„Nein. Aber bei deinem Geschick, mit Kindern umzugehen, schaffst du das schon“, sagte Hasard.
Ben, Ferris, Shane und Old O’Flynn hasteten den Backbordniedergang hinunter, der vom Achterdeck aufs Quarterdeck führte.
„Ja, du schaffst das schon“, wiederholte der Alte in Shanes Rücken – und der graubärtige Riese verspürte den unbändigen Drang, Donegal ein Bein zu stellen.
Natürlich war der Seewolf überglücklich, Philip und Hasard, die siebenjährigen Zwillinge, wiedergefunden zu haben. Samuel Stark hatte die Kinder damals, an der Levantinischen Küste, nicht umgebracht und in die See geworfen, wie Isaac Henry Burton in seiner Todesstunde behauptet hatte – es war alles eine Lüge gewesen, und Hasard hatte den Schmerz darüber jahrelang mit sich herumgetragen.
Jetzt durfte er aufatmen, weil er wenigstens die Kinder wiederhatte. Das Wiederaufleben der Erinnerung an Gwendolyn, seine junge Frau, wurde durch den Vaterstolz überlagert, der heftig in Hasards Herz mitschlug.
Aber er hatte auch gewußt, daß er Philip und Hasard an Bord der „Isabella“ auf keinen Fall bevorzugen durfte – aus Gründen der Disziplin und auch aus anderen Erwägungen heraus. Sie wurden wie die Mitglieder der Crew behandelt und schliefen im Vordeck. Es gab keinerlei Bevorzugung für sie, keine Extrawurst, denn das hätte allen ungeschriebenen Gesetzen des Bordlebens widersprochen.
Und überhaupt, sie waren auch so schon frech genug. Sie hatten Old O’Flynn wegen seines Holzbeines geärgert, hatten versucht, es ihm wegzunehmen und anderes mehr. Sie hatten Jagd auf Arwenack und Sir John gemacht, ohne Erfolg zwar, aber zum größten Entsetzen des Schimpansen und des karmesinroten Aracangas. Bill, der Moses, war ein bißchen eifersüchtig auf die beiden, aber er hütete sich, das preiszugeben – wenn sie auch manchmal danach trachteten, ihm einen Streich zu spielen.
Das größte Problem jedoch war: Sie sprachen weder Englisch noch Spanisch. Man konnte sich nur durch Gesten und Grimassen mit ihnen verständigen, denn sie waren nur des Türkischen mächtig und taten sich ziemlich schwer damit, andere Wörter in ihren kindlichen Sprachschatz aufzunehmen.
Nur dem Profos lauschten sie interessiert, wenn er seine Flüche und Wortkanonaden losließ. Irgendwie schienen die Zwillinge zu begreifen, daß es sich da um Vokabeln ganz besonderer Prägung handelte – und die übelsten Wörter einer fremden Sprache lernt man ja bekanntlich als erstes.
Hin und wieder übten Philip und Hasard sich also darin, ein akzentgeladenes „Himmel, Arsch“ oder „Rübenschweine“ oder „Stinkstiefel“ zu formulieren. Aber so recht wollte das noch nicht gelingen. Meistens endete das Ganze in einem anhaltenden Gekicher und Gegluckse. Carberry, der von dem Benehmen der Jungen gar nicht angetan war, hatte schon verlangt, man solle die Burschen zum leichten Decksdienst antreten lassen.
„Aber wie, zum Teufel, willst du ihnen Befehle geben?“ hatte Smoky, der Decksälteste, daraufhin gefragt.
„Tja, das weiß ich auch nicht“, hatte der Profos mit verdrossener Miene geantwortet. Und er hatte sich das Rammkinn gekratzt. Was mal wieder so geklungen hatte, als marschiere eine Kolonie Kombüsenschaben über chinesisches Reispapier. Und die Zwillinge hatten gegrinst und gelacht, als sie das gehört hatten.
Im Moment lachten sie nicht. Sie schauten Big Old Shane, der zu ihnen ins Mannschaftslogis hinabgestiegen war, ganz ernst an. Sie respektierten ihn wie den Seewolf und fühlten, daß er nicht nur eine große Autoritätsperson, sondern mehr als das war. Eine Art „Ersatzvater-Figur“, wie der Kutscher das auszudrücken pflegte.
Dan O’Flynn hatte daraus prompt den Begriff „Ersatzfigur“ geformt, aber er mußte aufpassen, daß Shane dieses Wort nicht zu hören kriegte. Mit dem graubärtigen Mann war nicht gut Kirschen essen, wenn man ihn in irgendeiner Weise aufzog.
„Jungs“, begann Shane zum zweitenmal. Er stand breitbeinig im Logis und mußte den Kopf etwas einziehen, um ihn sich nicht an den Dekkenbalken zu stoßen. Außerdem hielt er sich an der Umrandung einer der oberen Kojen fest. „Jungs“, sagte er. „Ihr bleibt hübsch hier unten, bis das Wetter vorbei ist, verstanden? An Oberdeck ist es zu gefährlich für euch. Ihr könntet außenbords fliegen, und dann wäre der Teufel los. Wenn ihr auch nur den Kopf ins Freie steckt, bin ich gezwungen, euch hier unten einzuschließen. Kapiert?“
Er versuchte, seine Worte durch Gesten zu verdeutlichen. Immer wieder wies er in den Raum, deutete auf die Kojen, nickte dazu. Dann richtete er seinen Daumen auf die Tür des Logis, zeigte nach oben, schüttelte den Kopf.
Philip und Hasard hatten sich in brüderlichem Einvernehmen nebeneinander auf eine ihrer Kojen gesetzt. Sie waren derart in Shanes Darstellung vertieft, daß sie fast von der Schlafstatt kollerten, als eine besonders hohe Woge die „Isabella“ emporhob.
Im letzten Augenblick konnten sie sich festklammern.
Sie sahen sich an und redeten aufeinander ein, stellten irgendwelche Fragen in dieser harten, dem europäischen Ohr so völlig fremden Sprache mit den vielen Umlauten, von der Big Old Shane eines ganz sicher wußte: Er würde sie nie lernen, nicht ein einziges Wort.
„Hol’s der Teufel“, murmelte er. „Da freut man sich nun, die beiden Knaben gefunden zu haben, und kann sich nicht mit ihnen unterhalten. Der Seewolf kann seine eigenen Söhne nicht verstehen – und umgekehrt. Ist das nicht zum Heulen?“
Philip und Hasard sahen wieder auf den Mann, der groß und wuchtig wie eine menschliche Festung vor ihnen stand. Sie hatten sich erschrokken, aber jetzt faßten sie sich wieder. Was der „Isabella“ so zusetzte, war ein Sturm, soviel begriffen sie. Allzu große Sorgen brauchte man sich offenbar aber nicht zu bereiten, denn wenn einer wie dieser Graubart so offensichtlich gelassen dastand, schien es mit der Aussicht auf ein feuchtes Ende in der See doch nicht allzu weit her zu sein.
Der Riese füllte das gesamte Logis mit seiner Persönlichkeit aus. Seine Ruhe griff auf die Kinder über. Man konnte Vertrauen zu ihm haben, soviel stand fest.
Und der Sturm? Der schien ein großes Abenteuer zu sein, wie Philip und Hasard es noch nicht erlebt hatten.
„Noch mal“, sagte Big Old Shane. Er wies auf den Vordecksgang hinaus,