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entferntere Küstenstriche und kehrten immer wieder zu den Batans zurück.

      Sie alle gehörten und unterstanden Khai Wang. Ganz offiziell galten sie als harmlose Handelsfahrer, Gemüse- und Blumendschunken, die zwischen den Inseln Handel trieben oder Opium von Küste zu Küste brachten und sich mühsam genug ihren kargen Lebensunterhalt verdienten.

      Der dicke Than-tau, dem die Tauben-Dschunke angeblich gehörte, lauerte Tag und Nacht auf fliegende Diener, und so entging ihm auch nicht die erste, die zurückkehrte. Khai Wang hätte ihm persönlich den Hals umgedreht, wenn er eine Taube verpaßt hätte. Zudem wurden immer drei auf Reisen geschickt, und so hatte man die Gewißheit, daß eine Botschaft mit Sicherheit eintraf.

      Schnell fischte er den fliegenden Diener aus dem Verschlag, nahm ihm die Hülse ab und las die Botschaft.

      Sein teigiges Gesicht mit Augen, die hinter dicken Fettpolstern lagen, erhellte sich schlagartig. Er eilte auf seinen kurzen stämmigen Beinen zu dem Bambusfloß hinüber, um die Nachricht des hohen Herrn zu verkünden.

      Es verging keine Viertelstunde, da liefen zwei Dschunken und zwei Bambusflöße aus, zu jener Stelle, an die Khai Wang sie beordert hatte.

      Die besegelbaren Flöße hatten es schwer, sich in der langen Dünung zu behaupten, immer wieder schlugen lange Wellen über sie hinweg. Doch die gelbgesichtigen Männer störte das nicht. Der hohe Herr hatte gerufen, die fliegenden Diener hatten die Meldung gebracht, und so stand natürlich auch noch eine Belohnung in Aussicht, denn Khai Wang war nie kleinlich. Das war es auch, was seine Macht immer mehr festigte, und weshalb so mancher Kuan beide Augen zudrückte, wenn er von einem Überfall hörte. Dann waren die Augen mit Tael gepflastert und die Ohren gestopft, und der Mund konnte nicht reden. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen, das war ihre Devise, und sie lebten nicht schlecht damit.

      Than-tau sah ihnen nach, bis sie am Horizont verschwanden. Dann kehrte er auf seine Bambusmatte zurück und rieb sich zufrieden die feisten Hände.

      2.

      Der Kerl, den sie an Bord von „Eiliger Drache über den Wassern“ Mißjöh Buveur nannten, war wieder einmal stark angetrunken. Diesmal hatte ihm das schmierige Köchlein seine gehortete Ration Rum abgetreten, gegen das Versprechen, er würde ihm dafür eine schwarze und zwei weiße Perlen geben.

      Das Köchlein wunderte sich zwar, woher Mißjöh Buveur die drei Perlen hatte, aber er kriegte sie, und fragte nicht mehr nach dem Woher. Er hatte ein gutes Geschäft getätigt. Scheiß auf den Rum, dachte er, den zwackte er den anderen wieder ab, indem er den Vorrat ein wenig mit Wasser streckte.

      Dem Boston-Mann fehlte jetzt zwar eine schwarze Perle aus seinem persönlichen Schatz, und Oleg und dem Stör je eine weiße, aber davon ahnten sie noch nichts. Sie sahen sich die versteckten Kleinode ja nicht jeden Tag an, und so würden sie es erst sehr viel später merken.

      Hingebungsvoll lehnte Mißjöh Buveur an der Kombüsenwand, hielt die Flasche fest in den Händen und ließ genießerisch Schluck um Schluck seinen mageren Hals herunterrinnen.

      „Ah, tut das gut“, seufzte er wohlig, „das ist das Elixier des Lebens, sage ich dir, Mißjöh Cookie. Du hast doch noch ’ne geheime Ration, nicht? Ich besorg dir wieder Perlen dafür, und – und wenn jemand nach mir fragt, sagst du ihm, ich muß dir beim Aufklaren helfen, Mißjöh, hä?“

      Cookie, dessen Pfannen nicht immer die saubersten waren und dessen Kochtöpfe mitunter etwas klebten, sah den Saufkopf unschlüssig an. Dabei wühlte er mit der rechten Hand im offenen Mehlsack, fischte solange darin herum, bis er etwas Längliches fand, das ziemlich schwarz war, und zerdrückte es dann zwischen den Fingern.

      „Ha, die Kakerlaken fressen mehr Mehl als wir“, sagte er. „Hast du schon mal so Riesenbiester gesehen?“

      „Scheiß auf deine Kakerlaken, Mißjöh“, lallte der Franzose. „Ich hab dich was gefragt, Mißjöh.“

      „Hm, hast du denn noch mehr Perlen, Mann?“ fragte der Koch begierig. „Du weißt, mit dem Rum ist das so ’ne Sache. Der wird verdammt knapp gehalten. Und wenn Madame dich erwischt, kann es sein, daß sie dich an der Rah aufhängt! Ich weiß von nichts.“

      „Ha – hast du jetzt noch Rum, oder nicht, hä? Fff – für die nächste Buddel geb ich dir vier Perlen.“

      „Zeig sie erst mal her!“

      Mißjöh Buveur rülpste so laut, daß man es bis aufs Achterdeck hören mußte.

      „Ich bring sie dir später, Ehrenwort. Ich hab sie versteckt, muß sie erst suchen, aa – aber erst holst du die Buddel!“

      „Na, meinetwegen“, sagte der Koch widerwillig. So ganz wohl fühlte er sich bei dem Handel nicht, denn wenn die Korsarin das miese Geschäftchen bemerkte, dann ging es ihnen hart an den Kragen.

      Aber die Gier nach den Perlen war übermächtig bei Cookie.

      Er bückte sich, schaufelte mit beiden Händen das Mehl auf die Holzbohlen, schnippte die Kakerlaken mit den Fingern an die Wand, die eilig das Weite suchten, und brachte, als er auf dem Boden des Mehlsacks angelangt war, eine Buddel zum Vorschein, die er erst ein wenig abstaubte, bevor er sie dem Saufkopf gab.

      „Aber vier Perlen, vergiß das nicht, sonst erzähle ich jedem, daß du die Buddel aus der Kombüse geklaut hast.“

      „Aye, aye, Ssssörrr. Du bist ein feiner Kerl, auch wenn du immer wie ein alter Hund stinkst!“

      „Du riechst auch nicht besser, du taube Sau“, sagte der Koch. „Aber jetzt verhol dich mit der Buddel, hau ab! Und vergiß bloß nicht die fünf Perlen.“

      „Vvvier“ nuschelte Mißjöh Buveur, „vvvier hab ich gesagt, und keine mehr.“

      Er dachte jedoch nicht daran, die Kombüse zu verlassen, denn erstens war es hier gemütlich dreckig, und zweitens sah ihn niemand. Gekonnt schlug er mit der Handkante den Flaschenhals ab, setzte an, soff zwei längliche Glassplitter mit und ließ das Gesöff durch seine Kehle rinnen, daß es sich anhörte, als würde ein Faß auslaufen.

      Er gluckste, schmatzte, rülpste und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.

      Cookie schaufelte unterdessen das Mehl von den Brettern wieder in den Sack zurück. Da es grob geschrotetes Mehl war, fiel es auch nicht weiter auf, daß ein bißchen Dreck dazu kam, und auch ein paar Kakerlaken ließen sich willig wieder einfangen, damit sie ihre Behausung nicht wechseln mußten.

      So war wieder alles im Lot, bis mit einem Ruck das Schott zur Kombüse aufgerissen wurde. Der bullige Oberkörper des Bootsmannes Juan erschien.

      „Sag mal, du verlauster Kombüsenhengst“, schrie er den Koch an, „hat sich bei dir dieser Schnapskopf versteckt, oder ist er über Bord gefallen? Der Kerl wird vermißt, seit zwei Stunden hat ihn keiner gesehen.“

      Cookie zuckte zusammen, als die Donnerstimme des kreolischen Bootsmannes erklang. Juan verprügelte oft grundlos die Leute, und wenn er jetzt herausfand, daß der „Schnapskopf“ hier unten steckte, dann gab es ein Tänzchen.

      Aber in seiner Trunkenheit beging Mißjöh Buveur einen entscheidenden Fehler. Er wurde stark, und das hatte der Bootsmann gar nicht gern.

      „Blas dich nicht so auf, du vergammelter Tintenfisch“, schrie der Franzose hinauf. „Ich helfe dem Koch und nichts anderes.“

      Der Kreole glaubte, sich verhört zu haben. Sein Denkprozeß lief in äußerst langsamen Bahnen, aber was der Kerl da sagte, das hatte er doch sehr schnell begriffen. An seinem bulligen Hals schwoll eine Ader an, die dick wie ein Tau wurde. Mit einem Satz sprang er in die Kombüse, setzte dem Koch die Faust in den Magen und drängte ihn an den heißen Herd.

      Dann schnappte er sich Mißjöh Buveur, den langsam die Angst beschlich und der zu seinem eigenen Leidwesen plötzlich nüchtern zu werden drohte.

      „Na warte!“ schrie der Kreole erbost. „Mit dir Drecksack wisch ich jetzt das Deck auf!“

      Buveur

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