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rief Don Lurio, und es klang wie ein Bellen. „Seien Sie froh, daß ich nicht gleich mit einem Trupp Soldaten erschienen bin, um Sie festnehmen zu lassen. Aber leider hat es eine Verzögerung gegeben, da wir unterwegs mit einem Ruderschaden unserer Fracht-Galeone fertigwerden mußten.“

      Don Francisco erbleichte. Er verkrampfte die Hände auf dem Rücken, daß die Fingerknöchel weiß hervortraten. Deutlich war zu sehen, daß er vor Zorn zitterte, als er auf das bleiverglaste Fenster der Kapitänskammer zutrat und einen Moment scheinbar angespannt auf das nachtdunkle Hafenbecken hinausstarrte. Dann wandte er sich mit einem Ruck um.

      „Hören Sie, Don Lurio“, sagte er schneidend, „es ist mir ein Rätsel, was Sie mir vorzuwerfen haben. Entweder äußern Sie sich sofort klar und unmißverständlich, oder ich sehe mich gezwungen, wegen Verletzung meiner Offiziersehre Genugtuung zu fordern.“

      Don Lurio Spadolin stutzte, ließ sich aber nichts davon anmerken. Wenn er ehrlich war, reagierte Don Francisco nicht wie jemand, der ein schlechtes Gewissen hatte. Andererseits mochte sein Verhalten aber ein Schutzschild sein, den er gegen zu erwartende Vorwürfe dieser Art aufgebaut hatte.

      „Also gut“, sagte Don Lurio mit unverminderter Bissigkeit, „da Sie nicht verstehen wollen, muß ich Ihnen wohl auf die Sprünge helfen. Meine Order lautete, die Mine bei Punta Roca Partida anzulaufen und die Frachtgaleone mit Goldbarren beladen zu lassen, um sie dann nach Havanna zu geleiten. Dort soll ein Konvoi für die Weiterverschiffung einer größeren Partie ins Mutterland zusammengestellt werden.“

      „Prozeduren dieser Art sind mir geläufig“, entgegnete Don Francisco wütend, „ich sehe nicht, was daran ungewöhnlich ist.“

      „Wie ich schon sagte: Das Ungewöhnliche ist meine Rückkehr nach Vera Cruz. Mir scheint, Sie wollen einfach nicht verstehen, verehrter Don Francisco. Das Gold, das ich bei Punta Roca Partida übernehmen sollte, war nicht mehr vorhanden.“ Don Lurio hielt inne und wartete die Wirkung seiner Worte ab.

      Don Franciscos Kinn sackte herab, und es hatte den Anschein, als würde er den Mund nicht wieder schließen können.

      „Soll das heißen“, sagte er tonlos, „Sie bringen mich mit diesem Umstand in Zusammenhang?“

      „Nicht ich“, entgegnete Don Lurio mit unverhohlenem Hohn. „Costa Cordes, der Kommandant der Goldmine, hat mir klar und deutlich mitgeteilt, Sie, Don Francisco, hätten das für Havanna bestimmte Gold an Bord Ihrer Galeone ‚Santa Rosa‘ mannen lassen. Costa Cordes sagte, er sei machtlos gegen diese Anordnung gewesen, was ich natürlich begreife. Rechnen Sie es meinem Anstand und dem Verbundenheitsgefühl von Offizier zu Offizier zu, daß ich Sie zunächst zu einer persönlichen Unterredung aufgesucht habe, ehe ich weitere Schritte unternehme.“

      Don Francisco brachte nicht sofort eine Antwort heraus, er konnte nur entgeistert den Kopf schütteln. Mit unsicheren Schritten ging er zum Tisch und setzte sich auf einen der Sessel.

      „Das ist ungeheuerlich“, sagte er schweratmend, „einfach ungeheuerlich! Ich weiß nicht, was in diesen Costa Cordes gefahren ist, daß er sich zu einer solchen Anschuldigung versteigt.“ Er hob den Kopf und sah seinen späten Besucher an. „Ich kann jetzt verstehen, daß Sie aufgebracht sind, Don Lurio. Ich an Ihrer Stelle hätte nicht anders reagiert. Aber Sie hätten mir gleich zu Anfang sagen sollen, um was es geht.“

      Don Lurio stutzte erneut. Irritiert musterte er den Kapitän der „Santa Rosa“. Dann gab er sich einen Ruck, zog sich einen Schemel heran und setzte sich ihm gegenüber.

      „Bei unserer gemeinsamen Offiziersehre – sagen Sie mir die Wahrheit.“

      „Ich habe keinen Grund, sie zu verschweigen, Don Lurio. Es war so: Meine Order lautete, drei gefangene Engländer von Havanna nach Vera Cruz zu bringen, die hier vor Gericht gestellt werden sollen. Die drei befinden sich übrigens noch an Bord, weil ich sie erst morgen vormittag bei Dienstbeginn den örtlichen Behörden ausliefern kann.“

      „Weiter“, drängte Don Lurio, „zur Sache.“

      „Wir gerieten in den Hurrikan. Ich hatte hohe Verluste in der Mannschaft und bei den Soldaten an Bord. Außerdem wurde das Schiff stark beschädigt. Nun, wir haben die schlimmsten Schäden mit Bordmitteln behoben. Da uns der Sturm bis vor Punta Roca Partida verschlagen hatte, lief ich kurzerhand den Stützpunkt bei der Goldmine an und rekrutierte zwangsweise zwanzig Soldaten aus der Truppe des Kommandanten Costa Cordes. Ich hatte keine andere Wahl, wenn ich meinen Auftrag ausführen wollte, die Gefangenen nach Vera Cruz zu bringen. Das Schiff war hoffnungslos unterbemannt. Also: Ich habe die zwanzig Mann an Bord genommen und die Reise nach Vera Cruz unverzüglich fortgesetzt.“

      „Das ist alles?“ erwiderte Don Lurio ungläubig.

      „Nicht ganz. Ich habe Costa Cordes versprochen, ihm die zwanzig Soldaten zurückzubringen, sobald ich wieder über die erforderliche Sollstärke an Mannschaften verfüge. In Vera Cruz dürfte es keine Schwierigkeit sein, neue Decksleute anzumustern. Das ist die ganze Geschichte. Wenn Sie mir nicht glauben, gebe ich Ihnen Genehmigung, das Schiff vom Kielschwein bis zu den Toppen zu durchsuchen.“

      Don Lurio schnitt energisch mit der flachen Hand durch die Luft.

      „Nicht nötig, Don Francisco. Ihr Wort als Offizier genügt mir.“ Er legte die Unterarme auf den Tisch und beugte sich vor. „Wenn ich alles zusammenreime, sieht es so aus, als ob wir es mit einer Riesenschweinerei zu tun haben. Verzeihen Sie den Ausdruck, aber anders kann man das wohl nicht bezeichnen.“

      De Albrandes atmete scharf aus. Er konnte nur immer wieder den Kopf schütteln. Schließlich stützte er sich mit beiden Händen auf den Tisch und erhob sich schwerfällig, wie nach einer enormen körperlichen Anstrengung.

      „Auf diesen Schreck“, sagte er, „erlaube ich mir, Ihnen ein Glas Rio ja anzubieten.“

      Don Lurio nickte. Er fühlte sich erleichtert. Eine Anschuldigung gegen einen Offizierskameraden vorbringen zu müssen, ging auch ihm nicht ohne weiteres über die Zunge – noch dazu, wenn dieser Offizier vom gleichen Rang war wie er selbst.

      Don Francisco brachte zwei einfache Gläser und einen Krug aus dem Schapp herüber, stellte die Gläser auf den Tisch und goß den rubinroten Wein ein.

      „Ich bin froh“, sagte Don Lurio, „daß der Vorwurf zunächst einmal ausgeräumt ist. Es wäre eine unerträgliche Situation gewesen. Auch für mich, das können Sie mir glauben.“ Er nahm das Glas entgegen, das Don Francisco ihm zuschob.

      Die beiden Männer prosteten sich zu.

      „Trotzdem bleibt die entscheidende Frage offen“, sagte Don Francisco gedehnt.

      „Ich weiß, ich weiß.“ Don Lurio nickte und stellte sein Glas ab. „Sie brauchen nichts zu sagen. Mich bewegen die gleichen Gedanken wie Sie. Wie, in aller Welt, kommt Costa Cordes dazu, eine so ungeheure Anschuldigung zu erheben?“

      „Ich möchte es nicht aussprechen.“ Don Francisco preßte die Lippen aufeinander.

      „Dann tue ich es für Sie.“ Don Lurio schob die Hände auf den Tisch und ballte sie zu Fäusten. „Es gibt nur eine einzige denkbare Erklärung: Costa Cordes ist auf die Wahnsinnsidee verfallen, das Gold für sich selbst auf die Seite zu schaffen. Aber ich schwöre Ihnen, Don Francisco, wenn es so sein sollte, dann wird er das bitter bereuen.“

      „Ich verstehe das nicht“, sagte Don Francisco kopfschüttelnd, „soweit mir bekannt ist, hat Costa Cordes einen ausgezeichneten Ruf als pflichttreuer und zuverlässiger Mann. Er muß sich doch darüber im klaren sein, welche Riesendummheit er begangen hat.“

      Don Lurio lachte leise.

      „Das Gold hat schon manchem den Kopf verdreht. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen. Aber wenn es sich tatsächlich so verhalten sollte, dann muß dieser saubere Kommandant schleunigst seines Postens enthoben werden.“

      „Was schlagen Sie vor?“

      Don Lurio leerte sein Glas und stellte es mit einer abrupten Bewegung wieder auf den Tisch.

      „Wir müssen

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