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ihm her, daß er fast über seine Krücken stolperte.

      „Verdammt“, murmelte Dan, während er sich über den augenscheinlich Kranken beugte. „Ich glaube, wir müssen den Kutscher …“

      Genau das war der Moment, in dem der „Kranke“ urplötzlich gesundete.

      Auf eine höchst explosive Art, wie Dan hinterher neidlos zugeben mußte. Jedenfalls sah er die kleine Faust nicht kommen, die mit beachtlichem Schwung auf seiner Nase landete. Nun ist das menschliche Riechorgan bekanntlich ein schmerzempfindliches Instrument. Dan O’Flynn sah Sterne, war für ein paar Sekunden verblüfft – und in diesen Sekunden vollzog sich eine schnelle, aber gründliche Umgestaltung der Lage.

      Der kleine Hasard zog Old O’Flynn das Holzbein unter dem Körper weg.

      Ehe der Alte Luft zu einem Empörungsschrei holen konnte, war er auch noch seine linke Krücke los. Hasard junior schlug sie Donegal Daniel junior auf den Kopf, und der brauchte immerhin ein paar weitere Sekunden, um den Treffer zu verdauen.

      Als er wieder klar sah, flitzten die Zwillinge bereits über den Niedergang.

      Dan flitzte hinterher. Ihm wäre es am liebsten gewesen, die beiden Flüchtlinge allein wieder einzufangen, damit ihn nicht hinterher die ganze Crew mit seinem Reinfall aufzog. Aber er beging den Fehler, im Eifer des Gefechts seinem alten Vater auf die Finger zu treten. Der schmiß prompt mit der Krücke nach ihm – und damit erreichte der Lärm ein Maß, das das ganze Schiff alarmierte.

      Philip und Hasard liefen dem Profos in die Arme, der gerade nachsehen wollte, wer – zum Henker noch mal – derart die Nachtruhe störe.

      Das heißt: sie wären ihm in die Arme gelaufen, aber wegen des Größenunterschiedes ging das nicht. Edwin Carberrys eiserne Fäuste griffen ins Leere, während ihm zwei kleine Gestalten um die Beine wirbelten. Eine Sekunde lang war der Profos verblüfft, dann wirbelte er herum. Ausnahmsweise hielt er sich gar nicht erst mit finsteren Drohungen Marke Hautabziehen auf. Mit drei Schritten war er da, wo die Zwillinge hinwollten: neben der außenbords hängenden Jakobsleiter. Unversehens zappelte der kleine Philip in einem eisenharten Griff und hörte eine Donnerstimme grollen, die er zwar nicht verstand, die aber ganz so klang, als bedrohe sie ihn mit sämtlichen Höllenstrafen. Sein Bruder prallte zurück. Von allen Seiten eilten jetzt Männer herbei – und Hasard junior wählte den einzigen Fluchtweg, der ihm noch offenstand: hinauf ins Steuerbord-Hauptwant.

      „Himmel, Arsch und Zwirn!“ tobte der Profos. „Hörst du wohl auf zu beißen, du Sohn eines neunschwänzigen Satansbratens, du …“

      „Meinst du mich mit dem Satansbraten?“ fragte Philip Hasard Killigrew grimmig.

      „Ja! Ich meine, nein! O verdammt!“

      Der Profos stöhnte und hielt den zappelnden Zwilling am ausgestreckten Arm von sich weg. Der Seewolf blickte seinem zweiten Sohn hinterher, der soeben den Hauptmars erreicht hatte. Er wollte auf die Plattform entern – und dann kam es, wie es kommen mußte.

      Hinter der Segeltuch-Verkleidung schnellte urplötzlich eine wilde, behaarte, zähnefletschende Gestalt hoch.

      Arwenack, der Schimpanse, kekkerte höchst ungehalten. Und der Junge, dem das Bordmaskottchen der „Isabella“ wie der Scheitan persönlich erschien, fiel vor lauter Schreck aus den Wanten.

      Hasard fing ihn auf und stellte ihn vorsichtig auf die Füße.

      „Nur keine Angst“, brummte er beruhigend. Aber was Hasard junior in seinem schnellen, sprudelnden Türkisch von sich gab, hörte sich ohnehin nicht nach Angst an, sondern eher nach höchster Erbitterung.

      Ein paar Minuten später schloß sich hinter den beiden Ausreißern wieder die Tür der Kammer.

      Hasard wischte sich den Schweiß von der Stirn, als er zurück an Deck marschierte. Ed Carberry betrachtete kopfschüttelnd seinen lädierten Daumen.

      „Kanonensöhne“, murmelte er, und es klang gar nicht erbost. „Denen muß man als Babys Schießpulver in die Milch gemischt haben. Ein paar Jahre älter, dann segeln sie dem Teufel die Ohren ab und kriegen es fertig, die Hölle mit einem Eimer Wasser anzugreifen.“

      Hasard schnaufte nur. „Hat jemand vom Kai her das Spektakel beobachtet?“ fragte er Ben Brighton.

      „Ja“, sagte der Bootsmann in seiner bedächtigen Art. „Ein halbes Dutzend Burnusträger. Jetzt sind sie verschwunden.“

      „Mist!“ fluchte Hasard.

      „Verdammter Mist!“ erweiterte der Profos den Kommentar.

      Sie hatten schon einmal erlebt, wie die Einheimischen reagierten, wenn man einem der ihren zu nahe trat, nämlich sauer. Als Dan O’Flynn nur versucht hatte, einen der Zwillinge in der Schenke zurückzuhalten, wo er Wein für die Gaukler holte, hatte es schon Zunder gegeben. Nun war zwar absolut nichts gegen eine schöne Keilerei einzuwenden, aber in diesem speziellen Fall konnte es mehr Ärger geben, als gut war.

      Philip Hasard Killigrew hätte sich mal wieder am liebsten die Haare gerauft.

      Der Himmel wußte, daß es nicht leicht war, Vater zu sein und zwei Söhne zu haben, die das Temperament so eindeutig von ihrem Erzeuger geerbt hatten …

      3.

      Am nächsten Morgen schickte Hasard Dan O’Flynn und Smoky an Land, damit sie sich – schön unauffällig natürlich – bei den Gauklern umsahen.

      An Bord war alles ruhig. Die Zwillinge hatten offenbar ihre Bemühungen eingestellt, das Schiff auseinanderzunehmen. Nach drei vergeblichen Fluchtversuchen mußten sie wohl auch eingesehen haben, daß es sinnlos war.

      Dem Kutscher flog nicht einmal der Schiffszwieback um die Ohren.

      Philip und Hasard, die sich selbst Ali und Abu nannten, frühstückten ganz manierlich. Und ziemliche Mengen, wie der Kutscher zu melden wußte. Der Seewolf stieg ins Achterschiff hinunter und stellte fest, daß seine Söhne heute morgen offenbar nicht den Ehrgeiz hatten, mit jungen Tigern zu konkurrieren.

      Hasard wies mit dem Daumen nach oben. Die Zwillinge nickten einhellig. Dann marschierten sie auf die Kuhl, wo sie vom Kai her nicht beobachtet werden konnten, solange sie nicht in die Wanten enterten, und waren zunächst fast wieder rückwärts in den Niedergang gefallen, weil der Schimpanse Arwenack auf dem Schanzkleid herumturnte.

      Der Seewolf lächelte beruhigend und vollführte ein paar Handbewegungen, von denen er hoffte, daß sie überzeugend die Harmlosigkeit der zottigen Gestalt signalisierten. Bill lockte seinen speziellen Freund Arwenack auf die Kuhl herunter, und als der Affe dann eine formvollendete Verbeugung hinlegte, konnten die beiden Jungen plötzlich sogar lachen.

      „Salem aleikum“, gluckste der kleine Philip.

      Worauf ihm Arwenack ausgiebig und ernsthaft die Hand schüttelte.

      „Ich werd verrückt!“ stöhnte Blakky. „Der Affe kann Türkisch!“

      „An die Brassen und Fallen, ihr Rübenschweine!“ kreischte Sir John, der Papagei – eifersüchtig wie immer, wenn der Schimpanse allgemeine Aufmerksamkeit erregte.

      Hasard junior wollte dem Affen ebenfalls die Hand schütteln. „Salem aleikum“, sagte er dabei. „Salem aleikum“, fügte er in Richtung auf den flatternden Papagei hinzu. Und Sir John revanchierte sich umgehend mit seiner Krächzstimme: „Saleikum, du Rübenschwein! Saleikum, Saleikum …“

      Hasard kratzte sich am Kopf und betrachtete die Zwillinge, die plötzlich ganz wie die verspielten, unbekümmerten Kinder wirkten, die sie mit ihren sieben Jahren eigentlich sein sollten.

      Arwenack lief keckernd herum und tat so, als wolle er den Gästen das Schiff zeigen. Sir John ließ sich mal probeweise auf einer Zwillingsschulter nieder und beknabberte das dazugehörige Ohrläppchen. Der Junge kicherte vergnügt. Worauf Sir John etwas unmotiviert mit „Hopp-hopp, du Enkel eines triefäugigen Wassermanns!“ antwortete.

      „Na

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