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Er rollte auf den Rükken, Hanks vor die Füße. Nur noch ein Stöhnen drang aus Sharkeys Kehle. Seine hochgekippten Augen und das hervorquellende Weiße seiner Augäpfel zeigten, daß er mit der aufwallenden Bewußtlosigkeit kämpfte.

      Hanks brauchte sich nur vorzubeugen. Tückisch grinsend hob er beide Hände mit den schweren eisernen Manschetten, an denen die Ketten befestigt waren.

      Und erbarmungslos, immer noch grinsend, ließ Hanks die Eisenschellen herabsausen.

      Einmal, zweimal, dreimal.

      Der Körper des Kochs streckte sich und erschlaffte. Sein Gesicht war nur noch eine blutige Masse. Keiner der Männer brauchte zweimal hinzusehen, um zu erkennen, daß Sharkey die furchtbaren Hiebe nicht überlebt hatte.

      Aufgeregtes Gemurmel setzte ein. Die Gesichter der Männer leuchteten in wilder Freude.

      „Ruhe halten!“ mahnte Sir John leise. „Und jetzt her mit dem Kerl, damit er vom Schott aus nicht zu sehen ist.“

      Behutsam, um die Ketten nicht übermäßig klirren zu lassen, packten die Männer zu. Stück für Stück schoben sie den Toten in den dunkleren Teil der Vorpiek, wo Simon Llewellyn Killigrew neben seinem Vater ein ungeniertes, lautstarkes Gähnen von sich gab.

      Sir Johns Kopf ruckte herum.

      „Halt den Rand!“ sagte er zischend. „Radau veranstalten kannst du später, du Trottel.“

      Simon Llewellyn zog beleidigt die Stirn in Falten, klappte den Mund zu und schmatzte mit seinen wulstigen, aufgeworfenen Lippen, die seiner unteren Gesichtspartie – zusammen mit der platten Nase – das Aussehen einer Ferkelschnauze gaben. Die Haut Simon Llewellyns war. ständig leicht gerötet. Seine Statur war bullig wie die seines Vaters, und seine struppigen Haare hatten das gleiche leuchtende Rot.

      Sir John packte den toten Schiffskoch am Kragen, knapp unterhalb der blutigen Masse, die einmal das Gesicht des Mannes gewesen war, und zog ihn zu sich heran. Er riß die Pistole aus Sharkeys ledernem Hüftgurt, überprüfte die Ladung und das Pfannenpulver der Waffe und nickte zufrieden.

      „In Ordnung“, sagte der alte Killigrew halblaut. „Warten wir ab, was passiert. Und absolute Ruhe, verstanden? Irgendwann müssen die Hurensöhne sich rühren.“

      Sir John grinste tückisch und richtete den Lauf der schweren Steinschloßpistole probeweise auf das offene Schott der Vorpiek.

      Sullivan, breitschultrig und stämmig, spähte vom Deck des Achterkastells über das Vorschiff weg zur Küste. Der Wind wühlte in den rotblonden Haaren des Mannes, der an Bord der Kriegskaravelle mit eiserner Faust aufgeräumt und der habgierigen Killigrew-Brut die entscheidende Niederlage zugefügt hatte.

      Die „War Song“ segelte bei rauhem Wind auf Nordostkurs.

      Es war der Nachmittag des 25. Februar 1580.

      Sullivan hob das Okular des Spektivs ans Auge. Die messerscharfe Optik zeichnete den rauhen Küstenverlauf mit seinen Klippen und der gischtenden Brandung wie ein stimmungsvolles Ölgemälde. Ablandiger Wind trieb Wolkenbänke auf das Meer hinaus, und wie blaue Farbtupfer zeigte sich zwischen diesen Wolken der Himmel. Dort hinter den Klippen und der Steilküste begann Cornwall, das rauhe und reizvolle Land im Südwesten Englands.

      Sullivan ließ das Spektiv wieder sinken.

      Tintagel, im Norden der Port Isaac Bay gelegen, war höchstens noch drei oder vier Seemeilen entfernt. Und wahrscheinlich also, daß sich die Crew des Seewolfs ausgerechnet hier, in der Nähe einer größeren menschlichen Ansiedlung, verborgen haben sollte.

      Nein, Sullivan vermutete die Galeone „Isabella“ weiter nördlich, in irgend einem der unzähligen Küsteneinschnitte der Bude Bay. Die „Isabella“ hatte den Bauch voll mit Gold und Edelsteinen aus der Neuen Welt. Ein unermeßlicher Beuteschatz, den der Seewolf Philipp Hasard Killigrew drüben vor den Küsten Amerikas und in der Karibik den Dons abgeknöpft hatte. Nach der Heimkehr der „Isabella“ hatte sich die Kunde von diesem Beuteschatz in Cornwall, vielleicht sogar in ganz England herumgesprochen.

      Allen hellhörig gewordenen Habgierigen voraus war Sir John Killigrew mit seiner Meute aufgebrochen, um dem Bastard Hasard, wie er ihn zu bezeichnen pflegte, den Schatz abzujagen. Die Crew der „Isabella“ mußte unterdessen ohne den Seewolf fertigwerden, denn der lag mit einer schweren Kopfverletzung in Plymouth, wo er von seiner Ehefrau Gwen gepflegt wurde.

      In Plymouth hatte sich der alte Killigrew die Karavelle „War Song“ mit einem fadenscheinigen Vorwand buchstäblich unter den Nagel gerissen, um die Verfolgung der „Isabella“ aufzunehmen. Erst später, fast zu spät, waren Sullivan die Augen aufgegangen. Aber dann hatten er und seine Männer dem alten Schlitzohr Zunder gegeben, daß ihm Hören und Sehen vergangen war.

      Das Ergebnis war der klägliche Haufen, der jetzt angekettet in der Vorpiek hockte.

      Sullivan hoffte, daß es ihm in ein oder zwei Tagen gelingen würde, die „Isabella“ aufzuspüren. Er beabsichtigte, sich der Galeone und ihrer Crew als Begleitschutz zur Verfügung zu stellen, damit das Eigentum der königlichen Lissy vor weiteren Halunken sicher war.

      „He, Bootsmann, Sir!“ rief Mahoney, der Rudergänger, vom Kolderstock her. „Was ist mit Sharkey los? Hält er mit den Bastarden einen Schwatz? Freundet er sich etwa mit denen an?“

      Sullivan stutzte.

      „Weiß der Teufel“, sagte er stirnrunzelnd. Mahoney hatte recht. Sharkey blieb auffällig lange in der Vorpiek. Die Essenausgabe pflegte er sonst im Handumdrehen zu erledigen.

      Die Männer, die auf dem Deck der Kuhl mit dem Aufschießen von Tauen und dem Flicken von Ersatzsegeln beschäftigt waren, wurden ebenfalls aufmerksam.

      Wie es seine Art war, traf Sullivan eine schnelle Entscheidung.

      „Hornblow!“

      „Sir?“

      „Sieh nach dem Rechten!“

      „Aye, aye, Sir.“

      Hornblow rückte seine Pistole im Gurt zurecht und lief los. Er war ein großer breitschultriger Mann mit leuchtenden strohblonden Haaren. Unter dem derben Leinenhemd, das er trug, zeichneten sich seine mächtigen Muskelpakete ab.

      Hornblow mahnte sich selbst instinktiv zur Vorsicht, als er sich dem offenen Schott der Vorpiek näherte.

      Diese totale Stille war verdächtig. Kein Klappern von Blechnäpfen, keine Eßgeräusche, kein Gemurmel.

      Hornblow zog seine Pistole und spannte den Hahn. Langsam, alle Muskeln angespannt, ging er auf das offene Schott zu. Er wußte, daß er nicht unbemerkt eindringen und den ganzen Laden auseinandernehmen konnte. Nein, er war gezwungen, sich wie auf dem Präsentierteller in die Höhle des Löwen zu begeben.

      Höhle des Löwen?

      Der blonde Hüne lachte innerlich über sich selbst. Zum Teufel, die Kerle da drinnen waren angekettet und hatten bestenfalls genügend Bewegungsfreiheit, um sich in der Nase zu bohren. Vielleicht war Sharkey zur Galion geschlichen, weil er aus der Hose mußte. Meistens gab es für merkwürdige Dinge immer eine ziemlich einfache Erklärung.

      Hornblow unterdrückte daher seine Bedenken und trat in das offene Rechteck des Vorpiekschotts.

      Sein Blick fiel auf den dampfenden gußeisernen Kübel und auf die Blechnäpfe und die Schöpfkelle, die im Mittelgang lagen.

      Sharkey war nicht zu sehen.

      Die Gefangenen hockten in ihren Ketten und taten völlig teilnahmslos. Das Tageslicht reichte nur etwa zur Hälfte in die Vorpiek. Der hintere Teil lag im Halbdunkel.

      Hornblow kniff die Augen zusammen.

      „Was geht hier vor?“ sagte er energisch. Er hob die Pistole ein Stück höher. „Wo ist der Koch? Redet, ihr Bastarde!“

      „Das dürfte wohl nicht mehr nötig sein“, erwiderte die hohntriefende Stimme des alten Killigrew aus dem dunkleren Teil der Vorpiek.

      Für

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