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den steinigen Weg rollte.

      Romeronde Zumarraga ahnte nicht, daß er beobachtet wurde.

      Die beiden Männer verharrten regungslos hinter einem Felsvorsprung.

      In ihrem Blickfeld lagen sowohl die Festungsanlagen von Fort San Sebastian als auch ein Teil des Weges, der nach Cadiz führte.

      Schon von weitem sahen Ben Brighton und Sam Roscill die Kalesche, nachdem sie das Fort verlassen hatte. In der Staubfahne, die das zerbrechlich wirkende Gefährt hinter sich herzog, brachen sich die Sonnenstrahlen.

      Ben Brighton, Bootsmann auf der „Isabella VII.“, war untersetzt und breitschultrig. Er fuhr sich mit den Fingern durch das dunkelblonde Haar und wischte die Schweißperlen mit dem Handrücken von der Stirn. Ben, eines der langgedienten Mitglieder der Seewolf-Crew, hatte die tropische Hitze in der Neuen Welt kennengelernt und war ohne Mühe damit fertiggeworden. Es war nicht die Sonnenglut allein, die ihm hier in Spanien den Schweiß auf die Stirn trieb.

      Der Seewolf befand sich in der Gewalt der gottverdammten Dons. Und das bereitete Ben Brighton mehr als nur Kopfzerbrechen.

      So kniff er die Augen zu Schlitzen zusammen, als die Kalesche auftauchte. Kein Zweifel, daß es sich um das Gefährt des alten Gauners handelte, in dessen Haus Hasard überwältigt worden war.

      Die einspännige Kutsche näherte sich rasch, und bald war der Mann auf der gepolsterten Sitzbank deutlich zu erkennen. Zwar lag die obere Hälfte seines Gesichts im Schatten der Hutkrempe, doch allein seine Statur und seine Kleidung waren unverwechselbar.

      „He!“ flüsterte Sam Roscill, der neben Brighton hinter dem Felsvorsprung kauerte. „Das ist dieser schmierige Strolch, Ben. Schnappen wir ihn uns?“ Roscill, ehemaliger Karibik-Pirat, war schlank und dunkelhaarig. Seine schwarzen Augen blitzten unternehmungslustig.

      „Moment noch“, entgegnete Ben Brighton ebenso leise. „Ich will ganz sicher sein.“

      Die Kalesche war jetzt nur noch zwanzig Yards entfernt und hielt ihre Geschwindigkeit stetig bei.

      „Ich will verdammt sein, wenn ich jemals einen so widerwärtigen Burschen gesehen habe“, murmelte Sam Roscill kopfschüttelnd. „Wenn’s das gäbe, würde ich meinen, er hat Ähnlichkeit mit einem Ziegengeier.“

      Ben Brighton mußte lächeln, obwohl ihm keineswegs nach Frohsinn zumute war.

      Die Kalesche rollte vorbei, und vor den beiden Männern waberte die von Sonnenstrahlen durchflutete Staubfahne hoch.

      „Er ist es“, sagte Ben Brighton und nickte. „Wenn es einen gibt, der uns weiterbringt, dann dieser Gauner.“

      Sam Roscill strahlte und schlug sich mit der geballten Rechten in die flache linke Hand. Der Bootsmann war ein Bursche, mit dem man Pferde stehlen konnte. Und wenn es hieß, zuzupacken, so entsprach das voll und ganz dem Draufgängerherzen, das in Roscills sehnigem Körper pochte.

      Die Männer sprangen auf.

      „Wo?“ fragte Sam Roscill knapp.

      „An der übernächsten Wegbiegung“, entschied Ben Brighton kurzerhand.

      Roscill nickte nur. Es war überflüssig, weitere Worte zu wechseln.

      Im Schutz der Felsformationen am Wegesrand hasteten sie voran. Sie hatten das Gelände hinreichend erkundet. Es bestand genügend Sichtschutz, so daß sie vom Fort aus nicht entdeckt werden konnten.

      Im übrigen verlief der Weg in solchen Schlangenlinien, daß sie durch die Abkürzung mindestens einen Zeitvorsprung von einer Minute herausholten, bis sie an der besagten Biegung in Position gingen.

      In Ben Brightons Kopf reifte bereits ein rascher Plan, wie er diesen Erzhalunken Zumarraga überlisten konnte.

      Schon seit den Nachtstunden waren der Bootsmann und Sam Roscill um das Fort gestrichen. Sie hatten diese Aufgabe übernommen, da sie an Bord der „Isabella VII.“ die einzigen waren, die fließend Spanisch sprachen – und zwar so vollendet, daß sie selbst einem Einheimischen gegenüber keinen Verdacht erwecken würden.

      Dan O’Flynn hatte beobachtet, wie Soldaten den bewußtlosen Seewolf von Zumarragas Haus zum Fort San Sebastian geschleppt hatten. Dan hatte dies dem Bootsmann sofort gemeldet, und Ben Brighton hatte daraus gefolgert, daß es im Hafen von Cadiz zu gefährlich für sie werden konnte. Die „Isabella VII.“ war daraufhin zur Mündung des Rio de San Pedro verholt worden. Ben Brighton hatte das Kommando an Ferris Tucker übergeben. Gemeinsam mit Ed Carberry, Big Old Shane, Stenmark, Al Conroy, Dan O’Flynn, Matt Davies, Sam Roscill und Luke Morgan war der Bootsmann daraufhin in einem Kellerversteck bei dem Kaufmann Pedro de Castro geblieben, der sich den Seewölfen gegenüber bisher als ausgesprochen loyal und hilfsbereit erwiesen hatte.

      Nach ihren Beobachtungen beim Fort San Sebastian waren Ben Brighton und Sam Roscill felsenfest davon überzeugt, daß etwas Bedrohliches im Busch sein mußte.

      Zumarraga war an diesem Vormittag nicht der einzige Besucher in der Festung gewesen. Es waren noch sehr viele andere Señores erschienen. Zum Teil mußte es sich um Offiziere gehandelt haben. Die anderen hatte Ben Brighton nach ihrem Äußeren und ihrem Gehabe als Juristen oder Gerichtsbeamte eingestuft. Ben besaß seine Erfahrungen, um Typen dieser Kategorie erkennen zu können.

      Und stimmte seine Vermutung, dann deutete das alles darauf hin, daß gegen Hasard eine Gerichtsverhandlung stattgefunden haben mußte.

      Als Fazit blieb, daß der alte Zumarraga tatsächlich der Schlüssel zu allen Informationen war, die Ben Brighton brauchte, um dem Seewolf aus der Klemme helfen zu können.

      Wie erwartet, erreichten sie die Wegbiegung mit ausreichendem Vorsprung.

      Die Kalesche war noch nicht zu sehen. Lediglich das Klappern der Pferdehufe und das knirschende Mahlen der Räder auf dem felsigen Grund waren zu hören.

      Brighton und Roscill verbargen sich hinter knapp mannshohen Felsbrocken.

      Ohne lange suchen zu müssen, fand Ben einen walnußgroßen Stein. Er zog die Schleuder aus der Tasche. Sam Roscill warf einen Blick herüber und nickte nur. Er wußte, daß der Bootsmann diese primitive Waffe mit höchster Fertigkeit zu benutzen verstand.

      Ben Brighton spähte hinter dem Felsbrocken hervor. Ein Lächeln huschte über seine harten Gesichtszüge, als er feststellte, daß der Weg mit beträchtlicher Steigung zu dieser Stelle heraufführte.

      Unvermittelt tauchte die Kalesche in Sichtweite auf.

      Der Bootsmann zog den Kopf ein. Seine Muskeln spannten sich. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, daß Sam Roscill bewegungslos verharrte.

      Die Fahrgeräusche des Einspänners näherten sich rasch.

      Ben Brighton riskierte einen vorsichtigen Blick.

      Der Alte döste hinten auf dem Sitz, und auch der Kutscher schien beträchtliche Mühe zu haben, gegen seine Schläfrigkeit anzukämpfen. In kurzen Abständen sank sein Kopf immer wieder vornüber.

      Die Kalesche war noch fünf Yards entfernt, als der Bootsmann der „Isabella VII.“ die Steinschleuder rotieren ließ. Innerlich völlig ruhig, zählte Ben Brighton die Sekunden.

      Dann richtete er sich blitzschnell auf und schickte das Steingeschoß auf die Reise.

      Ein kaum hörbares Sirren entstand.

      Ben Brighton duckte sich sofort wieder.

      Es war, als verhaspele sich das Pferd in einem über den Weg gespannten Seil.

      Jäh wurde der Kutscher aus seinem Dämmerzustand gerissen. Er schrak auf, schraubte sich kerzengerade auf dem Bock in die Höhe – und konnte sich gerade noch rechtzeitig festhalten, um nicht nach vorn zu kippen.

      Denn die Fahrt der Kutsche wurde abrupt gestoppt, als das Pferd in der Zuggabel wie vom Blitz getroffen zusammenbrach.

      Der heranzischende Stein, der das Tier an den Kopf getroffen hatte, war für den Kutscher unsichtbar gewesen. Mit fassungslos geweiteten Augen stierte er auf das

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