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du aber nicht“, sagte Dan.

      „Bin ich verrückt?“ erwiderte Piet erbost. „Sie war blond und blauäugig, ich bin ebenfalls blond und grünäugig. Also, das war nicht mein Sohn. Ich horchte mich um und erfuhr, daß sie’s mit ’nem Don getrieben hatte, einem Kauffahrer. Weil der abgehauen war, wollte sie mir das Kind unterschieben. Was sagst du dazu?“

      „Schlimme Sache.“

      „Genau.“ Piet schnaufte.

      „Ja, ja, die Weiber“, äußerte sich der Profos.

      Piet blickte ihn schief an. „Sie war immerhin die Tochter vom Hafenkapitän. Der hat mich auch bekniet, ich solle sie heiraten. Dann würde er dafür sorgen, daß ich nach ihm Hafenkapitän von Den Helder werde.“

      „Kein schlechter Posten“, meinte der Profos. Daß er unbedingt nach Jamaika wollte, schien er im Moment vergessen zu haben. „Vor allem, wenn von den Hafengebühren was für dich abfällt.“

      „Ich laß mich doch nicht kaufen, um den Vater für einen spanischen Bastard zu spielen“, sagte Piet wild. „Nicht mit mir! Wer bin ich denn?“

      „Na ja“, sagte der Profos, „aber Hafenkapitän werden und gleich einen Sohn haben, für den man sich nicht – äh – hat anstrengen müssen, das ist doch was. War sie denn hübsch?“

      „Ja“, schnappte Piet, „aber sie hat ihr Kind nicht mit mir, sondern mit ’nem Don gemacht, verstehst du das nicht?“

      Da zeigte der grimmige Profos sein weiches Herz. „Das Kind kann nichts dafür, und jetzt wächst das arme Jungchen vaterlos auf.“

      „Sag das doch dem verdammten Spanier!“ brüllte Piet. „Aber nicht mir, Himmel-Arsch-und-Affenpisse!“

      Der Profos runzelte die Stirn. „Das würde ich gern tun, aber leider kenne ich den Señor nicht. Weißt du denn seinen Namen?“

      „José de Ribeiro, und das war kein Señor, sondern ein Scheißkerl“, sagte Piet wütend.

      „Heimathafen?“

      „Almeria. Wieso?“

      Der Profos drehte sich zu Dan O’Flynn um. „Hast du das gehört? Da weiß der Kerl den Namen und den Heimathafen von dem Olivenfresser, der seiner Geliebten was Kleines gespleißt hat, und hält es nicht mal für nötig, den Burschen an seine Pflichten zu erinnern.“

      „Was hätte ich denn tun sollen?“ brüllte Piet.

      „Hinsegeln, den Kerl schnappen und nach Den Helder schleppen“, erwiderte der Profos grollend, „und ihm zwischendurch täglich den Affenarsch polieren.“

      Piet Straaten fluchte und ließ die Schebecke aus dem Kurs laufen vor lauter Zorn.

      Der schlanke Dreimaster luvte an, und der Profos schnauzte: „Abfallen, du Töpfer, und Westkurs halten, sonst segeln wir an Jamaika vorbei!“

      Da waren sie wieder beim Thema.

      Und der Profos kniff erneut die Augen zusammen, drehte sich Dan zu und knurrte: „Wenn wir dran vorbeisegeln …“

      „… lerne ich dein Klopfmännchen kennen, weiß Bescheid“, unterbrach ihn Dan.

      „So ist es“, bestätigte der Profos mit grimmiger Miene. „Und jetzt will ich die Seekarte sehen.“

      „Welche? Die von Island und den Schafinseln?“ fragte Dan schnippisch. „Wir haben nämlich einen ganzen Stoß von Seekarten.“

      „Auf die Schafinseln sollte man dich verbannen“, polterte der Profos, „damit du unter deinesgleichen bist, sapperlot noch mal. Ich meine natürlich die Seekarte des hiesigen Gebiets, auf der du den Jamaikakurs abgesetzt hast. Die anderen Seekarten kannst du dir an den Hut stecken.“

      „Sehr freundlich, bei Gelegenheit werde ich’s mal versuchen, aber ich kann dir gleich verraten, daß dafür kein Hut ausreicht.“ Dan grinste dem Profos ins Gesicht und holte die Karte aus dem Navigationsschapp.

      Sie wurde auf dem Achterdeck ausgebreitet und an den Rändern beschwert – nicht wegen ihrer Tendenz, sich aufzurollen, denn Dan hatte sie zur Zeit ja in ständigem Gebrauch, sondern wegen des Windes.

      Der Profos ging in die Hocke und besichtigte sie.

      „Hm-hm, so-so“, brummelte er.

      „Ja-ja“, sagte Dan.

      „Wie?“ Der Profos schaute hoch.

      „Ach, nichts.“ Dan faltete die Hände vorm Bauch und begann, Däumchen zu drehen.

      „Laß das!“ fauchte der Profos. „Zeig mir, wo wir jetzt stehen.“

      Dan entfaltete die Hände, beugte sich vor und tippte auf eine Stelle, die einige Meilen westlich der Isla Beata lag, jenem kleinen Inselchen südwestlich des Cabo Beata, der mittleren Südspitze von Hispaniola. Das Kap hatten sie vor etwa einer Stunde passiert.

      Der Profos grunzte etwas, das wie „Aha!“ klang. Dann fuhr sein rechter Zeigefinger auf der Karte nach links und verhielt dort, wo an der östlichen Südküste von Jamaika die Hafenstadt Santiago de la Vega eingezeichnet war.

      „Da müssen wir hin“, erklärte der Profos. „Außerdem müssen wir etwas nördlicher als Westen steuern, etwa zweihundertfünfundsiebzig Grad. Ist das klar?“

      „Nein, ist nicht klar“, erwiderte Dan energisch. „Der Kurs bleibt zweihundertsiebzig Grad, da kannst du von mir aus das Kielschwein auffressen oder dich von Mast zu Mast schwingen oder auf den Händen einen Bauchtanz aufführen. Der Kurs bleibt West – basta!“

      Sie funkelten sich beide an, und der Profos stand langsam auf aus der Hocke. Als er genug Luft im Brustkasten hatte, um loszuböllern, sagte Dan scharf: „Dein bißchen Navigation ist der letzte Mist, mein Lieber, und zwar deswegen, weil uns der raume Wind bereits nach Norden versetzt. Ich muß beim Kurs also vorhalten, und das tue ich, indem ich Westkurs segele. Außerdem setzt hier eine Drift in Richtung Westen zum Norden. Und auch die muß bei der Kursberechnung einkalkuliert werden. Wer das nicht tut, sollte an Land lieber Rüben karren – vom Acker in die Scheune, wo er sich nicht verfahren kann. Und jetzt rutsch mir den Buckel runter, du Jamaika-Spinner!“

      Der Profos stand stumm und starr. Sein gewaltiges Kinn war vorgeschoben wie der Rammsporn einer Kriegsgaleere. Auf seiner Stirn waren die Adern geschwollen. Und dann stieß er pfeifend die Luft aus, weil Philip Hasard Killigrew auf dem Achterdeck erschien, ausgeruht und in blendender Laune.

      „Einen wunderschönen guten Morgen allerseits!“ verkündete er, reckte sich und setzte hinzu: „Ah! Ist das wieder ein Wetterchen, Freunde?“ Er stutzte und musterte seinen Profos. „He, Ed! Schon am frühen Morgen sauer? Schlecht geschlafen? Oder was?“

      „Hab gut geschlafen“, murmelte der Profos.

      „Er will unbedingt nach Jamaika“, sagte Dan O’Flynn, „genauer, nach Santiago de la Vega. Außerdem hält er meine Navigation offenbar für Spielerei und weiß mal wieder alles besser. Ich schlage daher vor, daß wir unsere Aufgabenbereiche wechseln. Er übernimmt die Navigation, und ich beschäftige mich damit, die Kerle anzubrüllen und dämliche Sprüche zu verbreiten. Mehr hat er ja sonst nicht zu tun, dieser Oberaffenarsch.“

      „Das sind ja kolossale Neuigkeiten“, sagte Hasard belustigt und wandte sich dem Profos zu. „Kann man mal erfahren, warum du nach Jamaika willst, insbesondere nach Santiago de la Vega?“

      Der Profos scharrte mit den Füßen auf den Planken herum. Er war barfuß und hatte eine Hornhaut als Sohle. Es klang, als würde Eisen geraspelt. Offenbar wußte er nicht, wie er anfangen sollte.

      „Die Sache ist nämlich so“, sagte er umständlich, brach wieder ab, starrte zu Dan O’Flynn und fuhr ihn an: „Du brauchst gar nicht so kindisch zu grinsen, Mister! Und für den Posten als Profos hast du noch nicht die sittliche Reife und bist viel zu mickrig …“

      Hasard

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