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Mädchen. Die Zwillinge stellten auf Anhieb und übereinstimmend fest, daß sie eine Schönheit war. Weich fließend fiel ihr schwarzes Haar bis auf die Schultern, die braune, samtene Hautfarbe deutete auf indianische Abstammung hin, ebenso die hoch angesetzten Wangenknochen. Nur die Brüste, die sie keck und halb entblößt auf den Sims drückte, verrieten, daß sie kaum älter als fünfzehn sein mochte.

      „Ich bin Juanita“, sagte sie, „und ich beiße nicht.“

      Philip junior blickte Hasard an, der wiederum ließ das Mädchen nicht aus den Augen. Eine der Huren war sie nicht, die waren ordinärer. Vielleicht sehnte sie sich einfach nach Abwechslung, was in einem Nest wie diesem mitunter schwer zu bewerkstelligen war.

      „Später“, sagte Philip ausweichend.

      „Ihr habt es eilig?“ Ein Aufleuchten huschte über das ebenmäßige Gesicht, der Mund öffnete sich verführerisch. „Seid ihr womöglich hinter dem Affenvieh her?“

      „Du hast ihn gesehen? Wo ist er hingelaufen?“

      Juanita deutete hinter sich.

      „Ich habe das Biest eingesperrt. Holt es euch!“

      Die Zwillinge wechselten einen kurzen Blick miteinander. In einer Gegend wie dieser konnte sie selbst das verführerischste Weib nicht zur Unvorsicht bewegen. Sie mußten ständig gegenwärtig sein, Schnapphähnen in die Hände zu laufen.

      Hasard junior ging allein, während Philip weiterhin die Umgebung im Auge behielt. Sir John begann zu protestieren, als sie einen dunklen Korridor betraten. Aber nichts geschah. Juanita öffnete die Tür zu einem Raum, der sich als Schlafgemach erwies. Mit sanftem Nachdruck zog sie Hasard hinter sich her.

      „Wo ist Arwenack?“ fragte er.

      Ihre Lippen verschlossen seinen Mund, Hasard spürte das heiße Blut in ihren Adern, als sie sich bebend an ihn drängte.

      „Du bist anders als die Kerle, die sich auf Tortuga herumtreiben.“ Juanita ergriff seine Hand und legte sie auf ihre festen, knospenden Brüste. Raschelnd glitt ihr Kleid zu Boden.

      Hasards Gedanken überschlugen sich. Was sich hier anbahnte, hatte er nicht gewollt, andererseits brachte er es auch nicht fertig, das halbnackte Mädchen von sich zu stoßen. Ihre Wärme und ihre fordernde Lust verwirrten seine Sinne.

      „Klarschiff zum Gefecht!“ krächzte Sir John. „Bereit zum Entern!“ Aber was verstand ein Papagei von den vielfältigen Beziehungen, die sich zwischen den Geschlechtern abspielten!

      Juanita kicherte verhalten. Vermutlich war die Aufforderung zum Entern daran schuld.

      Hasard junior spürte ihre Hand an seinem Gürtel. Sie zog seine Pistole hervor, warf die Waffe achtlos aufs Bett und löste die Schnalle.

      Jäh wurde Hasard in die Wirklichkeit zurückgeholt, die viel kälter und gemeiner war als der Traum, dieses Mädchen zu besitzen.

      „Nimm die Pfoten von Juanita, du dreckiger Verführer“, sagte eine rauhe Stimme hinter ihm.

      Hasard hielt es für angebracht, dem Befehl Folge zu leisten. Die Geräusche verrieten ihm, daß er es nicht nur mit einem Gegner zu tun hatte.

      „Gut so. Und nun dreh dich langsam um.“

      Drei verwegen aussehende Kerle standen hinter ihm. Ihre Blicke waren schärfer als Dolche und ihre Gesten eindeutig. Hasard junior verfluchte den Moment, da er der Verlockung erlegen war. Er konnte nicht einmal angreifen, weil der offene Gürtel langsam aber sicher seine Hose rutschen ließ.

      „Unsere Schwester ist keine billige Hafenhure, die es mit jedem treibt.“ Der Sprecher der drei massierte seine Finger, daß es vernehmlich knackte. „Für so eine hast du sie doch gehalten, oder?“

      Hasard schüttelte den Kopf. Seine Chancen standen nicht besonders gut – die Tür wurde von den drei Kerlen versperrt und das rückwärtige Fenster war mit einem eisernen Gitter gesichert.

      Juanita hatte das Kleid aufgerafft und bedeckte damit dürftig ihre Blöße.

      „Der letzte Bursche, der auf Juanitas Jungfräulichkeit scharf war, wurde von den Haien gefressen. Was hältst du davon?“

      „Wenig“, erwiderte Hasard wahrheitsgemäß.

      „Dann willst du sie also heiraten?“

      Der junge Killigrew war baff. Er hatte erwartet, daß ihn die Burschen zusammenschlagen und ausplündern würden, aber daß sie vorhatten, ihn in ihre Verwandtschaft aufzunehmen, das war in der Tat eine Überraschung. Juanita himmelte ihn an, ihr Blick versprach alle Sinnlichkeit auf Erden. Aber wer in Gesichtern zu lesen verstand, der entdeckte auch die mühsam verhaltene Gier. Hasard nutzte die Gunst des Augenblicks, um endlich seine Hose hochzuziehen und den Gürtel wieder zu schließen.

      „Den Brautpreis kannst du hoffentlich zahlen.“

      „Zweihundert Achterstücke für jeden von uns.“

      Die Burschen wußten, daß man mit Speck die fettesten Mäuse fing, sie waren also doch nur Beutelschneider und Schnapphähne der billigen Sorte. Der Bedauernswerte, der sich trotzdem für ihre Schwester entschied, würde eines Tages mit einem Messer zwischen den Rippen enden, um für seinen Nachfolger den Platz zu räumen.

      „Soviel Geld habe ich nicht“, sagte Hasard entschieden. Er glaubte, einen flüchtigen Schatten hinter seinen Gegnern bemerkt zu haben. Das mußte Philip sein, dem die Zeit draußen zu lang geworden war. Zum Glück hatte das Mädchen noch keinen Ton über seine Anwesenheit verloren.

      „Was hast du bei dir?“

      „Nur den Papagei.“ Hasard grinste schief. „Aber es gibt jemanden, der für mich zahlen würde.“

      „Wer ist das?“

      „Ich!“ erklang es aus dem Flur. „Zufrieden?“

      Die drei Schnapphähne wirbelten herum. Philip junior setzte dem ersten die Faust mit der Wucht einer Ramme ins Gesicht und verschob dem Kerl die Nase. Ein ersticktes Gurgeln war die Antwort, der Bursche brachte nicht einmal mehr die Arme abwehrend hoch, da fühlte er sich bereits am Kragen und am Gürtel gepackt und querkant gegen seine Brüder geschleudert. Zu allem Überfluß krachte er mit dem Schädel gegen den Türstock, dessen Holz spürbar härter war als sein schon angeschlagener Kopf. Ein ergebenes Seufzen auf den Lippen, strich er die Segel.

      Damit waren die Chancen weitaus besser verteilt als zu Anfang.

      Philip pickte sich wahllos den nächsten der Halunken heraus, die offensichtlich Zeit brauchten, um zu begreifen, welches Unwetter da über sie hereingebrochen war. Brüllend, beide Hände ineinander verschränkt, wirbelte der Kerl herum. Der Hieb hätte Philip wohl von einer Seite des Raumes zur anderen befördert, hätte er sich nicht blitzschnell geduckt. Dabei rammte er den Kopf in die Magengrube des Gegners und hebelte den Kerl aus. Die Dielen krachten verdächtig, als der Bursche aufschlug.

      Hasard junior mußte sich mit dem zufriedengeben, was für ihn übrigblieb, aber das war immerhin derjenige der drei, der so ausgiebig seine Finger massiert hatte, und der als einziger ohne viel Federlesens in Aktion trat. Er war Faustkämpfer. Der erste Hieb traf Hasards Schulter und ließ Sir John erschreckt aufflattern.

      „Affenarsch!“ kreischte der Papagei.

      Die vorschießende Linke des Gegners blockte Hasard mit dem Unterarm ab und verpaßte ihm seinerseits eine wunderschöne Platzwunde unter dem Auge. Im nächsten Moment umklammerte ihn der Bursche mit aller Kraft und drückte die Fäuste in seine Nieren.

      Hasard junior schaffte es nicht, die Umarmung zu sprengen. Selbst als er seine Handballen gegen das Kinn des Gegners stemmte und dessen Kopf langsam nach hinten drückte, löste sich der Griff nur unmerklich. Hasard versuchte, sich fallen zu lassen. Die plötzliche Gewichtsverlagerung irritierte den Kerl.

      Da zuckte Hasards Knie hoch und traf. Der Bursche würde künftig zwar nicht gerade mit Fistelstimme reden, aber sein Gesicht erinnerte plötzlich an eine frisch gekalkte Wand. Nach Atem ringend, stürzte

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