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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 196. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 196
Год выпуска 0
isbn 9783954395323
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Jonny zerrte den Klumpen, den er am frühen Morgen schon dem Seewolf gezeigt hatte, wieder aus der einzigen Tasche hervor, die in seinem Fetzengewand verblieben war. Demonstrativ hielt er ihn Ferris unter die Nase.
Carberry und Batuti rückten neugierig näher.
„Vielleicht sehe ich so aus, als wäre ich nicht mehr ganz richtig im Kopf“, sagte Jonny. „Aber ich bin’s noch. Das hier ist wirklich und wahrhaftig Gold, und ich weiß, daß es eine ganze Ader davon gibt, die ich bloß allein nicht freilegen kann. Mister Tucker oder Mister Carberry – oder du, Batuti, wollt ihr mal ’reinbeißen, um euch von der Echtheit zu überzeugen?“
Ferris schüttelte grinsend den Kopf. „Danke, nicht nötig. Mit Gold kennen wir uns aus. Ich sehe es auf den ersten Blick, daß dies ein massiver Klumpen des geliebten Metalls ist.“
Jonny zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Ach? Du verstehst dich also auf die Beurteilung von Gold und Silber? Bist du ein richtiger Fachmann? Ein Goldschmied oder so?“
„Unsinn. Ich habe dir doch gesagt, daß ich der Schiffszimmermann auf der ‚Isabella‘ bin.“
„Wir sind Korsaren“, erklärte der Profos. „Das sagt dir doch genug, Jonny, oder?“
„Noch lange nicht alles.“
„Dann warte ab“, sagte Carberry. „Du erfährst schon noch früh genug, was für mordsgefährliche Schnapphähne wir sind.“ Er klopfte sich an den Waffengurt, an den er zwei Hämmer, zwei Äxte und ein Beil gehängt hatte. „Mit diesen hübschen kleinen Werkzeugen hier können wir nicht nur Gold aus den Felsen klopfen, merk dir das. Hast du es dir auch wirklich gut überlegt, ob du zu uns an Bord willst?“
„Ed“, sagte der Seewolf. „Erzähl keine Schauergeschichten. Das ist doch Donegals Privileg.“
„Mein was?“ fragte der alte O’Flynn verdutzt.
„Dein Vorrecht“, sagte Hasard. „Ed, Ferris, Batuti, Al und Smoky, berichtet mir lieber, ob ihr auf dem Weg vom Schiff hierher Maoris begegnet seid.“
„Nein, Sir“, erwiderte der rothaarige Riese. „Nicht den Schatten eines Wilden haben wir entdeckt. Nur ein paar Riesenvögel haben wir gesehen, aber die haben gleich Reißaus genommen.“
„Die Maoris sind wie vom Erdboden verschluckt“, sagte Big Old Shane. „Ist das nun ein gutes Zeichen oder nicht?“
„Es ist ein schlechtes Zeichen“, behauptete der Sumatra-Jonny düster. „Sie hecken eine neue Teufelei aus, verlaßt euch darauf.“
Der Ruf des Ausgucks im Vormars war soeben erst verklungen, und schon hatte Don Lucas el Colmado sein Spektiv hochgerissen und vors Auge gehoben und im kreisrunden Ausschnitt der Optik den schmalen Streifen gesichtet, der sich im Osten über der Kimm erhob. Eine blasse graue Linie, mehr war es nicht. Und doch waren er, der Kommandant des spanischen Schiffsverbandes, und seine Männer sich schlagartig der gleichsam geschichtlichen Bedeutung ihrer Entdeckung bewußt.
„Land in Sicht!“ schrien nun auch die Männer auf der Kuhl. Die Decksleute warfen ihre Mützen hoch und stießen Pfiffe und johlende Laute aus.
Die Soldaten trommelten mit den Kolben ihrer Musketen auf den Planken herum und riefen immer wieder: „Es lebe Don Lucas! Es lebe der König! Es lebe Spanien!“
Wie weggewischt war jetzt die müde, apathische Stimmung, die sich während der letzten Tage der schon Monate dauernden Reise bis ins Unerträgliche gesteigert hatte. Nach dem letzten Sturm, den die drei Schiffe Seiner Allerkatholischsten Majestät, König Philipps II. von Spanien, abgeritten hatten, hatten Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit in den Reihen der Seeleute und Seesoldaten mehr und mehr um sich gegriffen. Es hatte nach Meuterei und Fahnenflucht gerochen. Über einen Monat war es her, daß sie kein Land mehr gesehen hatten. Die Vorräte gingen zur Neige. Krankheiten drohten auszubrechen. In dieser Situation wirkte das unverhoffte Auftauchen des Landes auf den Comandante Don Lucas el Colmado wie ein Geschenk des Himmels.
Mit leicht abgespreizten Beinen stand er auf der Back seiner Dreimast-Galeone „San Rosario“ und spähte ausgiebig durch das Rohr. Er genoß diesen Augenblick in vollen Zügen, ein Gefühl des Triumphes bemächtigte sich seiner und ließ ihn nicht mehr los.
„Wir haben es geschafft!“ brüllte hinter seinem Rücken eine Stimme, die er klar als die seines Bootsmannes identifizierte. „Das ist das Südland! Signalisiert zur ‚Sebastian Guma‘ und zur ‚San Biasio‘ hinüber, daß wir unser Ziel endlich erreicht haben und …“
Er unterbrach sich, denn in diesem Moment schallten auch von der zweiten, etwas kleineren Dreimast-Galeone und der zweimastigen, lateinergetakelten Karavelle, die nach achtern gestaffelt hinter der „San Rosario“ liefen, helle, freudige Rufe herüber.
„Land!“
Und so wurden jetzt auch auf der „Sebastian Guma“ und der „San Biasio“ Pfiffe ausgestoßen. Don Lucas wandte sich langsam um und schickte einen langen Blick zu den beiden Schiffen hinüber. Ja, die fast ausgelassene Heiterkeit und Begeisterung der Männer des Flaggschiffes war wie ein Funke auch auf die Besatzungen der anderen beiden Segler übergesprungen.
Von Unmut und Verschwörung, gärendem Haß und dem Drang zur Rebellion konnte jetzt nicht mehr die Rede sein. Ausgelöscht war jeder Gedanke daran, das Interesse der Männer galt nur noch dem fremden Land, das im Osten unter klarem blauen Himmel auf sie wartete.
Don Lucas senkte das Spektiv, schob es wieder halb zusammen und betrachtete die Menschenmenge, die sich auf der Kuhl zusammengeballt hatte. Einzelne Gestalten lösten sich aus der Masse und hangelten katzengewandt in den Wanten hoch, um einen besseren Ausblick auf das Land zu erhaschen. Andere beugten sich weit übers Schanzkleid, so weit, daß sie über Bord zu fallen drohten.
Don Lucas war ein Kommandant, dem es an der nötigen Umsicht nicht mangelte. Er wußte, daß er die Männer jetzt gewähren lassen mußte. Wenigstens im ersten Sturm der überschwenglichen Freude tat er gut daran, wenn er ihre Disziplinlosigkeit duldete.
Später konnte er sie immer noch zur Ordnung rufen.
Nur Ramon de Mesonero, dem Bootsmann, winkte er zu.
Dieser bahnte sich sofort einen Weg durch die Männer und steuerte quer über die Kuhl auf die Back zu, erstieg sie über den Steuerbordniedergang und blieb vor seinem Comandanten stehen.
„Zur Stelle, Don Lucas“, sagte er. „Sie haben mich gerufen?“
Don Lucas maß ihn mit einem kalten, zurechtweisenden Blick. De Mesonero ertrug es, ohne eine Miene zu verziehen, ja, er schien völlig gelassen zu sein.
Die beiden Männer waren von völlig unterschiedlichem Naturell, nichts verband ihre Charaktere miteinander. Don Lucas el Colmado zeichnete sich durch Eisenhärte, Entschlußkraft und Unnachgiebigkeit aus, Eigenschaften, die für eine Aufgabe wie die seine unabdingbar waren. Kompromißlos, hart gegen sich selbst und gegen seine Mannschaften, verfolgte er die Ziele, die er im Auftrag seiner Befehlsgeber in Manila abgesteckt hatte. Er war hochgewachsen und von massiver Statur, sein breites, glattrasiertes Gesicht mit den stechenden blauen Augen hatte eine fast nordische Prägung. Dies war auf seine Herkunft zurückzuführen, denn er stammte weder aus dem Zentrum noch aus dem Süden Spaniens. Seine Heimat war die baskische Hafenstadt Bilbao.
Ramon de Mesonero war genauso groß wie sein Vorgesetzter, jedoch viel schlanker. Sein Haupthaar war ebenso dicht und schwarz wie sein gepflegter Knebelbart, seine Augen groß und dunkel, seine Lippen breit und etwas aufgeworfen, die Farbe seiner Gesichtshaut olivfarben. Er war ein waschechter Andalusier. Doch nicht nur sein Äußeres war so grundlegend anders als das des Kommandanten. Er stellte immer wieder gern unter Beweis, daß er dienstbewußt und der spanischen Krone treu ergeben seine Arbeit verrichtete. Er war sozusagen ein Musterbeispiel von Disziplin und Ehrenhaftigkeit. Und doch ahnte Don Lucas, daß es anders war. Der Bootsmann war im Grunde