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versuchte ihn durch sein Gebrüll zu übertrumpfen. Die 17-Pfünder der „Santa Ana“ waren kaum noch zu gebrauchen. Die spanischen Geschützführer hatten sie in ihrer Panik während des Gefechts zuletzt äußerst nachlässig versorgt – jetzt mußten sie von Hasards und Siri-Tongs Männern erst mit Kellen und Wischern von innen gesäubert werden. In dem allgemeinen Durcheinander fiel auch das Laden schwer, Pulver, Kabelgarn und Geschosse mußten erst mühsam zusammengesucht werden.

      Das alles raubte ihnen kostbare Minuten – Zeit, in der das schwarze Schiff immer mehr an Distanz gewann.

      „Da ist etwas“, sagte Siri-Tong mit gepreßter Stimme. „An Steuerbord des schwarzen Seglers. Zwei Auslegerboote. Sie dümpeln zur Seite weg.“

      Hasard beobachtete wieder durch das Spektiv. In Gedanken überschlug er rasch, wie das alles gelaufen sein mochte: De Galantes und seine acht Kerle hatten sich aus der Hütte auf Hawaii befreit, die Wächter überwältigt, sich rasch verkleidet, waren zum Strand gelaufen und hatten die Boote flottgemacht.

      Aber da schien noch mehr zu sein. Der Seewolf wurde den Verdacht nicht los, daß die Piraten noch eine andere Schandtat verübt hatten, etwas Ungeheuerliches.

      „In den Booten liegen Gestalten“, sagte er. „Reglos. Ich glaube, sie sind beide schwer verletzt.“

      „Der Stör und der Franzose“, hauchte Siri-Tong. „Sie haben sie brutal niedergemetzelt, diese elenden Hunde. O, de Galantes, das wirst du mir büßen! Männer, warum schießt ihr denn nicht endlich?“ Die letzten beiden Sätze schrie sie heraus.

      Al Conroy und die anderen hatten es geschafft. Sie senkten die glimmenden Lunten auf die Bodenstücke der Kanonen. Die Glut fraß sich durch die Zündkanäle, und dann rollten die Geschütze unter Donnergrollen auf ihren Hartholzrädern zurück. Brooktaue bremsten den Rücklauf. Der Tod raste dem schwarzen Schiff sechsfach nach, aber nur noch zwei Kugeln erreichten das Heck und prallten dagegen, ohne etwas zu beschädigen. Der Rest klatschte ins Kielwasser.

      „Ein Beiboot abfieren!“ rief der Seewolf. „Wir holen den Stör und Missjöh Buveur!“

      „Und dann jagen wir dem Bastard de Galantes nach!“ rief Siri-Tong. Sie hielt die Hände in maßlosem Zorn geballt.

      Sechs Seewölfe unter der Führung von Edwin Carberry nahmen die reglosen, schlaffen Gestalten des Störs und des Franzosen von den zwei Auslegerbooten in die Jolle der „Isabella“ über. Dann kehrten sie zu den Schiffen zurück.

      Vorsichtig wurden die beiden armen Teufel auf die Kuhl der „Isabella“ gehievt.

      Der Kutscher untersuchte sie eingehend. Seine Finger färbten sich rot vom Blut der beiden Männer.

      „Messerstiche“, murmelte er. „Sie glaubten wohl, die Insulaner kämen, um uns zu beglückwünschen. Nur deshalb haben Sie sich überrumpeln lassen.“

      „Kutscher“, sagte Siri-Tong. „Sind sie …“

      „Tot? Nein, ihre Herzen schlagen noch.“

      „Wie lange noch?“

      Der Kutscher begann, die Blessuren des Wikingers und Missjöh Buveurs zu verbinden, und dabei stellte er fortlaufend weitere Untersuchungen an.

      „Auf diese Frage kann ich nicht antworten“, sagte er sehr leise. „Noch nicht.“ Hasard war auf die Back seines Schiffes gestiegen und blickte zum wiederholten Mal dem schwarzen Schiff nach. Es nahm jetzt Kurs nach Nordwesten.

      „Der Hundesohn haut ab!“ rief Dan O’Flynn aus dem Großmars.

      „Wir segeln ihm nach“, sagte der Seewolf. „Smoky, Jeff Bowie und Sam Ros-kill, ihr bleibt als Notbesatzung auf der ‚Santa Ana‘ zurück.“ Er wandte sich um. „Siri-Tong, du teilst der Manila-Galeone am besten auch drei Leute zu.“

      Sie antwortete nicht und schaute nur zu Thorfin Njal. Der Wikinger hatte seine Wahl rasch getroffen. „Eike, Arne, Oleg“, sagte er.

      Die drei wären lieber bei ihrem sterbenswunden Landsmann geblieben, aber sie wußten auch, daß die Lage keine Widerworte zuließ. Sie folgten also Smoky, Jeff und Sam auf die „Nao de China“ zurück und begannen, die Festmacherleinen zu lösen.

      Alle anderen Besatzungsmitglieder waren inzwischen bereits auf die „Isabella“ übergewechselt und nahmen ihre Plätze ein. Die große Galeone war im Gefecht ramponiert worden, aber auch in diesem Zustand war sie noch manövrierfähig, seetüchtig und durchaus imstande, eine neue Schlacht zu schlagen.

      Den sechs auf der „Santa Ana“ rief Hasard zu: „Ihr gebt auf die Gefangenen acht, hütet unsere Beute und sammelt die überlebenden Dons ein, die noch in der See schwimmen oder sich mit Booten absetzen wollen.“

      „Aye, aye, Sir!“ rief Smoky zurück.

      „Die Polynesier sollen euch dabei unterstützen!“

      „Da sind sie!“ schrie Dan.

      Richtig, vom Westufer der Insel hatten sich mehrere schlanke Wasserfahrzeuge gelöst. Es waren die Auslegerboote der Eingeborenen. Sie glitten auf die Schiffe zu.

      Noch einmal schaute Hasard mit dem Spektiv nach Nordwesten. Die Konturen des schwarzen Seglers schrumpften und drohten mit dem grauen Schleier der Abenddämmerung zu verwachsen.

      Nordwesten – laut Thomas Federmann befanden sich dort die kleineren Inseln des Archipels. De Galantes würde wohl nicht so dumm sein, nach Oahu zu seinem alten Schlupfwinkel zu segeln, wo seine Feinde ihn mit Leichtigkeit aufstöbern konnten. Wahrscheinlich suchte er sich eins der entfernter liegenden kleinen Eilande aus, verholte sich dort in ein Versteck und hoffte darauf, daß der Gegner ihn aus den Augen verlor.

      Du gemeiner Lump, dachte Hasard, und wenn ich dich Tage, Wochen hetzen muß, ich kriege dich zu fassen.

      Abrupt wandte er sich wieder zur Kuhl um. Er trat an die Schmuckbalustrade, schaute in die besorgten Mienen seiner Männer und sah Siri-Tongs Gefährten ratlos und bedrückt dastehen.

      Die Rote Korsarin selbst war in diesem Augenblick nur noch ein Schatten ihrer selbst. Der Stör und Missjöh Buveur – gewiß, sie waren nur ganz einfache Decksleute auf dem schwarzen Schiff, nicht mit Thorfin Njal, Juan oder dem Boston-Mann auf eine Stufe zu stellen. Sie waren kleine Lichter, wenn man so wollte.

      Aber die Rangfolge hatte keine Bedeutung. Diese beiden waren Siri-Tong ans Herz gewachsen wie die meisten anderen aus der Crew, und sie bangte um ihr Leben.

      Thorfin Njal kniete bei den Verletzten, gleich neben dem Kutscher. Er atmete auf, als der Kutscher mit seiner Arbeit fertig war und endlich wieder aufschaute.

      „Nun rede doch schon“, drängte der Wikinger.

      Der Kutscher sah in die Runde. „Soviel kann ich sagen: Sie haben gewaltiges Glück gehabt, alle beide. Jeder hat nur einen Messerstich empfangen, wären es mehr gewesen, hätten sie keine Überlebenschance gehabt. Lebenswichtige Organe sind nicht getroffen, soweit ich feststellen kann.“

      „Dann ist ja alles in Butter“, sagte Cookie, der Koch der Siri-Tong-Mannschaft. „Tragen wir sie in ihre Hängematten. Genügend Schlaf und eine kräftige Verpflegung bringen sie in wenigen Tagen wieder auf die Beine.“

      Die Rote Korsarin schüttelte den Kopf. „Ganz so rosig würde ich das nicht sehen. Wenn ich den Kutscher richtig verstanden habe, ist noch alles in der Schwebe. Der Stör und Missjöh Buveur sind noch nicht außer Lebensgefahr, nicht wahr, Kutscher?“

      „Richtig, Madame.“

      „Werden sie es schaffen?“

      „Das steht noch in den Sternen. Ich will ganz ehrlich sein. Es hängt vor allen Dingen von ihrer körperlichen Verfassung ab, ob die Genesung in den nächsten Stunden voranschreitet oder nicht“, erwiderte der Kutscher.

      Pedro Ortiz, der Portugiese, blickte auf den Franzosen, kratzte sich am Hinterkopf und sagte: „Mensch, Buveur, hättest du doch bloß nicht immer so viel gesoffen.“

      „Schnaps ist die beste

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