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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 80. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 80
Год выпуска 0
isbn 9783954393978
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Sie töteten nicht aus Vorsatz. Nur, wenn sie keine andere Wahl mehr hatten. Sie zerstörten nicht die Kultur der Urbewohner der neuen Welt, mordeten nicht, wüteten nicht wie die Barbaren. Vielmehr hatten sie sich – Drakes Vorbild folgend – mit den Indianern immer wieder verbündet. Und ganz nebenbei hatten sie dadurch mehr über die Geheimnisse dieser Stämme erfahren als die Spanier mit ihren Maßlosigkeiten.
Auf ihre Art waren die Seewölfe Entdecker, vielleicht, auf ganz bescheidene Weise, auch Forscher.
Und so sollte es auch sein, wenn sie jemals nach China, in jenen rätselhaften Kontinent Asien gelangten. Hasard strebte die gegenseitige Verständigung an. Nicht den Krieg. Fast unausgesetzt fragte er sich, ob ihm das wohl gelingen würde.
Nun, zwischen seine jetzige Position und das ersehnte Ziel hatte der Herrgott einen harten Törn gelegt. Hasard hätte die „Isabella“ gern nach allen Regeln seemännischer Kunst vorangeknüppelt, doch er konnte es nicht. Siri-Tong wollte ihn unbedingt mit ihrem schwarzen Schiff begleiten. Nach langem Zögern hatte er eingewilligt, und jetzt wartete er auf sie, indem er langsam an der Küste des Südamerikanischen Kontinents entlangsegelte. Sehr langsam für seine Begriffe.
Siri-Tong war mit ihrem schwarzen Segler nach Trinidad und Tobago unterwegs. Immer noch fehlten ihr Besatzungsmitglieder. Trotz des „Zuwachses“ durch die fünf Wikinger Thorfin Njal, Eike, Oleg, Arne und den Stör war das Schiff total unterbemannt.
Auf den Inseln wollte Siri-Tong die Lücke auffüllen. Irgendwie. Für eine so lange Reise wie die von Hasard geplante brauchte sie eine vollzählige, qualifizierte Besatzung. Und wenn sie die Männer nicht auf freiwilliger Basis erhielt, so würde sie sie eben pressen lassen.
Hasard mußte lächeln. Siri-Tong, dieses schöne, schwarzhaarige Wesen mit dem Schneid eines echten Korsaren hatte ihn genervt, in Wut versetzt und immer wieder herausgefordert. Und doch war es ihr gelungen, ihn für sich zu gewinnen. Sie liebte ihn, und auch er empfand jetzt die innere Beteiligung, die sie sich so sehr ersehnt hatte. Nach allem zusammen Erlebten wußte er, daß sie eine fabelhafte Verbündete war, die er nicht mehr missen wollte.
Daher hatte er ihrem Drängen nachgegeben.
Die „Isabella“ segelte mit Kurs Südosten an der Küste entlang. Der Wind blies vom Atlantik, wie er das in diesen Gebieten meistens tat, aus Nord bis Nordost also, so daß die Galeone meist mit halbem Wind über Steuerbordbug segelte.
Paramaribo lag irgendwo im Morgendunst des neuen Tages. Steuerbord achteraus – eine spanische Siedlung auf der Tierra Ferma, wie die Spanier den Kontinent bezeichneten. um ihn sprachlich von Neuspanien zu unterscheiden. Eine der Städte, von denen aus die „bärtigen Männer“ ihr teuflisches Geschäft mit den Reichtümern des Landes betrieben, wo Korruption, Laster und Verfall blühten.
Hasard schaute etwas betrübt zu den Masten der „Isabella“ hoch. Vollzeug konnte er nicht setzen lassen. Er mußte auf die Rote Korsarin warten und langsam segeln, es blieb ihm nichts anderes übrig.
„Schluß, aus und basta“, sagte Ben Brighton unten auf dem Quarterdeck. „Hau jetzt endlich ab und laß mich in Ruhe, du Quacksalber.“
Der Kutscher befühlte ihm die Stirn und zog seine unteren Augenlider noch ein Stück tiefer, um darunterschauen zu können. Das lief nicht ohne Bens mordsmäßiges Gewetter ab.
Der Kutscher beschloß, ihn auf einmalige Weise zu kurieren. Sir Anthony Abraham Freemont, Arzt in Plymouth, hatte ihm einiges von seinen Künsten übermittelt, auch die Art und Weise, wie man störrische Patienten seelisch beeinflussen konnte.
„Ben“, sagte der Kutscher mit ernster Miene. „Ich glaube, du hast zu viel Blut. Wenn das so weitergeht mit deinem Allgemeinzustand, muß ich zu anderen Maßnahmen greifen.“
„Komm mir nicht mit deinen stinkenden Salben und Kräutermixturen“, erwiderte Ben finster.
Der Kutscher schüttelte den Kopf. „Nein, diesmal müßte ich Schröpfköpfe oder Blutegel ansetzen. Oder dich zur Ader lassen. Falls dein schlimmer Arm nicht gesund wird, und wenn du vor allen Dingen ewig so weiternörgelst, muß ich wirklich damit anfangen, dir das Blut abzuzapfen. Weißt du, so was wirkt manchmal Wunder. Ich hatte da mal einen Fall …“
„Nein!“ Ben fuhr hoch wie von der Tarantel gestochen. „Kommt überhaupt nicht in Frage. Ich fühle mich schon viel besser, verstanden?“
„Aye, aye“, antwortete der Kutscher.
Ben Brighton wandte sich ab und marschierte den Backbordniedergang zum Achterdeck hoch. Grollend stapfte er an seinem Kapitän vorbei.
Hasard vernahm amüsiert, wie er murmelte: „Ich bin doch kein Gaul, verdammt noch mal, dem dieser Pferdedoktor in den Leib jagen kann, was ihm gerade einfällt. Himmel, er soll seine blöden Versuche mit jemand anders anstellen, der Saftsack.“
Big Old Shane, der alte O’Flynn und Ferris Tucker, die ganz in Hasards Nähe auf dem Achterdeck standen, lachten sich eins. Der größte Teil der Crew auf dem Hauptdeck hatte die ergötzliche Szene ebenfalls verfolgt und grinste breit.
Carberry fühlte sich befleißigt, Ben beizustehen. Breitbeinig stelzte er über die Kuhl und fuhr die Mannschaft an.
„Was glotzt ihr wie Kühe kurz vorm Kalben, was, wie? Ist das vielleicht eine Art, Dienst zu schieben? He, Matt, klarier das verdammte Fall, das da lose ’rumhängt, du Rübenschwein, sonst zieh ich dir die Hammelbeine lang. Bill, hastiger mit dem Schwabberdweil, sonst hau ich ihn dir um die Ohren, kapiert? Bewegung, Bewegung, ihr Stinkstiefel, oder ich mach euch Dampf, Himmel, Arsch und Zwirn! Kutscher, hau ab in die Kombüse und heiz deine Holzkohlefeuer an, damit wir was zum Frühstück kriegen, sonst setze ich dich mit dem Achtersteven in die Glut!“
So ging das ohne Unterbrechung mindestens eine Viertelstunde lang. Eine Änderung der Lage trat erst ein, als Dan O’Flynns Stimme in die allgemeine Heiterkeit und Carberrys ohrenbetäubendes Gebrüll fiel.
„Deck! Land in Sicht! Backbord voraus!“
Die Männer wandten die Köpfe und blickten voraus. Bill ließ sogar seinen Schwabberdweil los und traf Anstalten, auf die Back zu Al Conroy und Smoky zu stürzen. Aber Edwin Carberry hielt ihn fest.
„Holla, nicht so stürmisch, Söhnchen. Mehr Disziplin beim Aufklaren, oder es gibt was an die Ohren.“
Carberrys Stimme dröhnte in Bills Gehörgängen. Der neue Schiffsjunge, den sie erst vor kurzem von Jamaika mitgenommen hatten, lief vor Wut rot an. Er war erst fünfzehn Jahre alt, aber er wollte schon ein richtiger Seewolf sein. Es brachte ihn zur Raserei, wenn man ihm zu verstehen gab, daß er noch grün hinter den Ohren sei.
In der Beziehung verhielt er sich genauso wie seinerzeit Dan O’Flynn. Der hatte früher das Gebrüll und Gestänker des Profos’ nämlich auch nicht leiden können. Inzwischen zog Carberry ihn nicht mehr auf. Dan war erwachsen, kein „Bürschchen“ mehr – und Carberrys Spott konzentrierte sich auf Bill.
Bill schrie: „Ich habe auch ein Recht darauf, das Land zu sehen, zum Teufel noch mal!“
Carberry beugte sich tief über ihn und reckte dabei bedrohlich sein Rammkinn vor. Ein höhnisches Grinsen nistete in seinen Mundwinkeln; gleich in der Nachbarschaft der vielen Narben, die sein Gesicht bedeckten. „Keine Haare auf der Brust, aber große Töne spucken, das haben wir gern. Hör zu, Freundchen, schrubb die Planken, daß die Schwarte kracht, sonst hänge ich dich an der Rahnock zum Zappeln auf.“
Bill wollte wieder aufbegehren, aber dann resignierte er doch mit einem Seufzer.
„Aye, aye, Sir“, sagte er.
„Gut so.“ Carberry richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Er schritt zum Backbordschanzkleid, deckte die Augen mit der Hand gegen die Sonne ab und versuchte, in den Schleiern des grauen