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und ihre Gesichter gleichen Totenmasken. Ein undankbares Volk ist das.“

      „Ja“, antwortete Ignazio. „Eigentlich sind sie es gar nicht wert, daß man sie auffischt, Senor.“

      „Ach? Sollen wir also an ihnen vorbeisegeln und sie ihrem Schicksal überlassen?“ fragte der Kommandant lauernd.

      „Aber nein, Senor!“

      „Siehst du“, sagte do Velho voll Verachtung. „Du solltest es dir wirklich abgewöhnen, mir nach dem Mund zu reden. Ich kriege es ja doch heraus, daß du gegen deine Überzeugung sprichst. Du bedauerst diese traurigen Figuren doch noch, gib es ruhig zu.“

      „Sie haben viel durchstehen müssen.“

      „Und wir? Haben wir nicht genauso die Zähne zusammenbeißen und gegen das Wüten der Natur kämpfen müssen?“

      „Sicher, Senor Comandante.“

      Lucio do Velho ließ das Spektiv sinken und sah seinem Bootsmann in die Augen. Sein Blick war bohrend, vernichtend, und insgeheim wünschte sich der Kommandant, Ignazio möge darunter zusammenzukken und vor Respekt zerfließen.

      Aber das tat der Mann aus Porto nicht. Seine Verhaltensweisen waren phlegmatischer Natur, außerdem kannte er seinen Vorgesetzten ja nun lange genug, um sich nicht durch jede Geste, jeden Blick einschüchtern zu lassen. Er schob nur seine Unterlippe ein wenig vor und hielt dem tödlichen Ausdruck in do Velhos Augen stand.

      „Aber wir haben das bessere Schiff, wolltest du doch sagen“, fuhr do Velho seinen Bootsmann an. „Gib es zu. Wir waren im Vorteil, weil die ‚Candia‘ jeden Sturm abreiten kann, nicht aber die vier Schiffe, die sich in unserer Begleitung befanden.“

      „Wir haben den besseren Schiffsführer, Senor Comandante.“

      „Du bist ein elender Stiefellecker, Ignazio.“

      „Danke, Senor.“

      Ohne eine Miene zu Verziehen, fuhr do Velho fort: „Aber es stimmt. Ob man den Tücken der See trotzt, hängt in erster Linie vom Kapitän, nicht von seinem Schiff ab. Auch der Kapitän der ‚Santa Angela‘ ist ein Könner, dieses Lob muß ich ihm erteilen, denn im Gegensatz zum Kapitän der ‚Extremadura‘ hat er es verstanden, seine Karavelle einigermaßen glimpflich durch den Sturm zu bringen.“

      „Senor, si.“

      „Wir drehen bei und nehmen die Schiffbrüchigen über. Ein Teil entert bei der ‚Santa Angela‘ auf, einen Teil nehmen wir an Bord. Ich habe unter den Männern im Boot den ersten Offizier der ‚Extremadura‘ erkannt. Mit diesem Mann will ich reden. Er wird also bei uns auf der ‚Candia‘ untergebracht.“

      „Verstanden, Senor.“

      Ignazio wandte sich um und gab den Befehl weiter. Rufe hallten über Deck. Auch drüben auf der „Santa Angela“ wurde auf ein Zeichen von Bord des Flaggschiffes hin die Order zum Beidrehen gegeben. Fast gleichzeitig richteten die Viermast-Galeone und die Zweimast-Karavelle ihr Vorschiff in den Wind, nahmen Zeug weg und glitten mit verringerter Fahrt auf das Boot zu.

      Wirklich, die Schiffbrüchigen zeigten keine Begeisterungsstürme, sondern sahen dem Ende ihres unglücklichen Abenteuers eher apathisch entgegen. Sie hatten zuviel erlitten und waren zu abgekämpft, um lachen, weinen, gestikulieren oder lärmen zu können. Aber ihre Teilnahmslosigkeit lag zum Teil auch darin begründet, daß sie alles andere als ein Wiedersehen mit dem Kommandanten Lucio do Velho herbeigesehnt hatten.

      Do Velho hatte in Lissabon durch seine Hartnäckigkeit einen neuen Verband zusammenstellen können, mit dem er den Seewolf jagte, aber niemand hatte sich darum gerissen, sich ihm anzuschließen, denn do Velho galt als einer der ungnädigsten, unmenschlichsten Geschwaderführer. Sein Ruf war ihm vorausgeeilt, er war als „El Milagrolado“, einer, der vom Wunder heimgesucht worden war, berühmt und berüchtigt geworden. In der Tat erschien es wie ein Wunder, daß Ignazio und er nach allem, was ihnen im Land der Buschmänner zugestoßen war, noch am Leben waren. Aber die meisten seiner Untergebenen wünschten sich inständig, jenes Wunder wäre nie geschehen.

      Auch jetzt, als die „Candia“ zunächst alle Schiffbrüchigen in Lee übernahm, zeigte der Kommandant nicht den Anflug von Humanität. Der Anblick der Gestalten, die mehr tot als lebendig wirkten, rührte ihn nicht.

      Im Gegenteil, er empfand es eher noch als richtig, mit dem ersten Offizier der „Extremadura“ im barschen Tonfall zu verfahren.

      „Senor, wo steckt Ihr Kapitän?“

      Der Erste der Karavelle nahm vor do Velho Haltung an. Er räusperte sich, um seiner Stimme etwas von ihrer Heiserkeit zu nehmen, aber er hatte Mühe, nicht auf die gleiche rüde Art zu antworten.

      „Mit Sicherheit noch an Bord der ‚Extremadura‘, Senor Comandante“, erwiderte er.

      „Das heißt, das Schiff ist nicht gesunken?“

      „Das heißt, unser Capitán hat mit der ‚Extremadura‘ den ewigen Frieden gefunden, und zwar auf dem Grund der See, Senor.“

      „Und da wagen Sie es noch, Witze zu reißen?“ Do Velho brüllte es fast.

      „Ich antworte nur auf Ihre Fragen, Senor“, entgegnete der erste Offizier mit bewundernswerter Ruhe.

      „Sie werden sich wegen Ihrer dreisten Art noch zu verantworten haben“, sagte do Velho eisig unterkühlt. „Und nicht nur deswegen. Sie werden noch sehen, was Sie sich eingehandelt haben, als Sie Ihr Schiff und Ihre Kameraden im Stich gelassen haben.“

      „Mehr als die Hälfte der Besatzung war bereits vor die Hunde gegangen, als der Capitán uns den Befehl gab, von Bord zu springen“, verteidigte sich der Erste. „Die ‚Extremadura‘ sank wie ein Stein, es gab keine Hoffnung mehr. Wir nahmen an, der Capitán würde uns folgen, Senor Comandante, deswegen gingen wir außenbords und griffen uns das Boot, das irgend jemand noch abgefiert hatte.“

      „Sie haben ja ein erstaunliches Geschick, Tatsachen zu verdrehen“, meinte do Velho in seiner unvergleichlich ätzenden Art. „Aber damit kommen Sie bei mir nicht durch. Bei mir nicht! Ich weiß, daß die ‚Extremadura‘ hätte gerettet werden können!“

      „Ich schwöre, daß ich die Wahrheit gesprochen habe!“ rief der entsetzte erste Offizier. „Meine Leute können es bestätigen. Gott ist unser Zeuge, daß die Dinge sich so abgespielt haben, wie ich es gesagt habe!“

      Lucio do Velho winkte ab. Ignazio ließ die übrigen Schiffbrüchigen, die jetzt aufbegehren wollten, zur Ordnung rufen. Stille trat ein, nur unterbrochen durch das Knarren der Rahen und Blöcke.

      „Lassen wir das jetzt“, sagte der Kommandant schließlich. „Wir vergeuden nur unsere Zeit. Die ‚Santa Angela‘ haben wir wiedergefunden. Von der ‚Extremadura‘ wissen wir, daß sie nicht mehr existiert. Was aber ist aus den beiden portugiesischen Galeonen ‚Sao Sirio‘ und ‚Sao Joao‘ geworden?“

      „Wir wissen es nicht, Senor“, erwiderte der Erste der gesunkenen Karavelle, als sich alle Blicke auf ihn richteten. „Im Sturm verloren wir jeden Kontakt zu den anderen Schiffen.“

      „Welches Schiff haben sie als letztes gesehen?“ fragte der Kommandant ungehalten.

      „Die ‚Sao Joao‘.“

      „In was für einem Zustand befand sie sich?“

      „In einem besseren als unsere Karavelle.“

      „Und die ‚Sao Sirio‘?“

      „Wir verloren sie sehr früh aus den Augen“, sagte der erschöpfte Mann. „Ich sah sie achteraus in Regen und Dunkelheit verschwinden. Sie schien ein Spielball der Wellen geworden zu sein.“

      Do Velhos Miene war jetzt eher verkniffen als arrogant. Er hatte die Hände auf dem Rücken ineinandergelegt und grübelte nach, ob es sich überhaupt lohnte, nach dem Rest des Verbandes zu forschen. Rasch faßte er seinen Entschluß.

      „Senores, wir segeln weiter. Die Hälfte der Männer von der ‚Extremadura‘

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