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zu denken.

      Der Kapitän Owang rief die Feuerwerker.

      „Bündelt die Pfeile und schickt sie den Fremden Teufeln hinterher!“ schrie er. „Oder Kuan-Yü, der Kriegsgott, wird euch bestrafen.“

      Die Feuerwerker hasteten davon. Diesmal umgaben sie ihre Tätigkeit nicht mehr mit dem Mantel des Geheimnisvollen, dafür hätte der tobende Kapitän nicht das geringste Verständnis aufgebracht.

      Jeweils sieben „Chinesische Pfeile“ wurden gebündelt, in den Gestellen ausgerichtet und die Lunten entzündet.

      Das erste Bündel jagte mit ohrenbetäubendem Geheul in den Himmel und beschleunigte rasend schnell.

      Sofort folgte der nächste Satz.

      Owang preßte die Lippen zusammen. Kuan Yü schien gegen sie zu sein, die helfende Hand des Kriegsgottes hatte sie verlassen.

      Verärgert sah er, wie der erste gebündelte Satz knapp hinter dem davonsegelnden Schiff ins Wasser zischte und nach einer Weile verlöschte.

      Er legte die Hände vor die Brust, deutete drei schnelle Verneigungen an und betete zu Kuan Yü, daß er wenigstens diesen letzten Brandsatz mit sicherer Hand auf das Schiff der Fremden Teufel lenken möge.

      Doch der Gott der Krieger erhörte ihn auch diesmal nicht. Der zweite Feuersatz fiel noch weiter entfernt ins Wasser.

      Zu allem Überfluß mußte sich der Kapitän auch noch verhöhnen lassen. Er sah es ganz deutlich.

      Auf dem achteren Deck stand dieser schwarzhaarige wilde Teufel, dessen Haare im Wind flatterten. Er winkte ihnen höhnisch zu.

      Mit brennenden Augen starrte Owang dem Schiff nach, dem vermeintlichen Portugiesener, der ihn so schwer angeschlagen hatte. Er traute sich kaum, zurück in den Hafen von Shanghai zu segeln. Nein, er hatte sein Gesicht verloren, der Mandarin würde ihm das Kommando über die Kriegsdschunke entziehen und ihn mit Schimpf und Schande davonjagen.

      Ganz Shanghai würde über ihn lachen.

      „Wir schaffen es nicht, das Wasser aus dem Schiff zu pumpen, hoher Herr“, sagte jemand neben ihm.

      Er hörte es nicht. Aus trüben Augen blickte er auf die Verwundeten und Toten und wandte sich mit zukkenden Schultern ab.

      Noch einmal wiederholte der Bootsmann seine Meldung.

      Owang hatte das Gefühl, als würde die Stimme des Bootsmannes längst nicht mehr so unterwürfig klingen wie sonst. Lachte etwa das Schiffsvolk schon heimlich über ihn, den Kapitän?

      „Die Schiffbauer sollen das Leck abdichten“, hörte er sich wie aus weiter Ferne sagen.

      Der Bootsmann wollte etwas fragen, doch er wagte es nicht. So schlich er bedrückt davon.

      Mehr als hundert Seeleute beteiligten sich jetzt am Lenzen. Der Schweiß stand auf ihren Gesichtern, sie arbeiteten verbissen, doch immer wieder schoß das Wasser gurgelnd und schäumend durch die großen klaffenden Lecks, deren Abdichtung so schwer fiel. Langsam liefen zwei Räume voll. Die Dschunke sank tiefer, aber sie würde nicht untergehen, das stand fest. Die anderen Schotten hielten dem Wasserdruck stand. Sie konnten, wenn auch nur langsam und voller Mühe, zurücksegeln. Aber diese Schande!

      Kapitän Owang ging in seine Kammer. Dort blieb er vor den Bildern seiner Ahnen stumm stehen und betrachtete lange den kleinen Miniaturschrein aus gelacktem Holz.

      Er empfahl seine eine Seele Shang-Ti, die andere dem Kriegsgott Kuan Yü, der ihn so schmählich im Stich gelassen hatte.

      Dann griff er nach dem kurzen Krummschwert, setzte es auf die Stelle, wo sich sein Herz befand, griff mit beiden Händen nach dem Knauf des Schwertes und stieß es sich mit einem Ruck in den Körper.

      Schwer stürzte er zu Boden und war Augenblicke später tot.

      Noch am selben Tag erfuhr der Kuan von Shanghai alles, was sich draußen auf See abgespielt hatte.

      „Owang hat sich selbst durch das Schwert gerichtet“, sagte er zu seinem Nan, der den untersten Rang des T’ang-Adels bekleidete, und dessen Einkünfte aus den Steuern von dreihundert Familien bestand.

      Der Nan war Regierender Minister der Wasserwohnviertel. Zudem unterstand ihm der präzise arbeitende und funktionierende Nachrichtendienst. Der Nan unterhielt allein in Shanghai mehr als zweitausend Spitzel und Zuträger, die ihn über alles unterrichteten, was überhaupt wissenswert war.

      Er nickte, und wenn er sprach, hatte er eine eigenartige Angewohnheit, die den Kuan immer wieder irritierte.

      Er stellte sich bis auf drei Schritte vor den Kuan, vollführte einen tiefen Kotau und ging dann zurück, das Gesicht aber stets dem Kuan zugewandt. Während er zurückging, redete er, bis er sich etwa zehn Schritte vom Kuan entfernt hatte. Dadurch wurde seine Stimme unwillkürlich lauter. Dann ging er dem Kuan wieder entgegen, redete fortwährend und schwieg erst, wenn er wieder drei Schritte vor dem Kuan stand.

      „Ich hörte es, großer Kuan“, sagte er, wobei er sich entfernte. „Ich bin erschienen, um es dir mitzuteilen. Owang hat die Soldaten des Gelben Meeres beschämt, er tat gut daran, sich zu entleiben.“

      Jetzt hatte der Nan den zehnten Schritt erreicht und blieb stehen.

      Eine tiefe Verbeugung aus der Ferne erfolgte.

      „Wenn es dem großen Kuan recht ist, werde ich meine kümmerlichen bescheidenen Dienste anbieten und meine unwürdigen Diener mit der Botschaft losschicken, man möge auf die Fremden Teufel achten.“

      Sieben Schritte waren abgelaufen, der Nan stand drei Schritte vor seinem Herrn und hörte auf zu sprechen.

      Wie er das immer wieder schaffte, blieb dem Kuan ein Rätsel, das ihn stets aufs neue verwirrte. Der Kuan selbst war ein Mann weniger Worte, er lehnte auch die blumenreiche Ausdrucksweise ab und begnügte sich mit knappen Redensarten.

      „Ich überlege, ob wir die anderen Fremden Teufel, die sich noch im Hafen befinden, nicht ins Gefängnis werfen, auspeitschen lassen und sie später zur Arbeit an der großen Mauer verurteilen.“

      Der Nan nahm seine Wanderung wieder auf.

      „Ach ja“, sagte der Kuan schnell, „die Botschaft. Lasse sie bis in die nördlichsten Provinzen verbreiten.“

      „Ich werde dir dienen, großer Kuan!“

      „Wolltest du noch etwas sagen?“

      „Fremde Teufel sind und bleiben Fremde Teufel“, sagte der Nan mit fester Stimme. „Aber es ist mir zugetragen worden, daß sich kein einziger dieser fremden Teufel an der Schlacht im Hafen beteiligt hat. Auch hat sich keine Hand gerührt, um die angeklagte und zum Tode verurteilte Piratin zu befreien.“

      „Ist das sicher?“

      „Es ist ganz sicher, großer Kuan. Meine unwürdigen Beobachter irren sich nicht.“

      Der Kuan seufzte. Dann hob er matt die Hand und rettete mit dieser Bewegung eine ganze Schiffsmannschaft vor unmenschlich harter Strafe, ohne sich etwas dabei zu denken.

      „Sie mögen hier verweilen“, sagte er. „Aber sie dürfen den Hafen nicht verlassen. Nun geh und sorge dafür, daß die nördlichen Provinzen alles erfahren. Der jeweilige Mandarin wird dann das veranlassen, was er für richtig hält.“

      Damit war der Nan entlassen. Er verbeugte sich tief und verließ den Raum, indem er rückwärts hinausging.

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