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      „Wir sind uns also alle darüber einig, Señores, daß es kein Zurück gibt?“ fragte Cubera.

      „Einig, Señor“, erwiderte der Kapitän der zweiten Galeone. „Aber es würde ohnehin keiner von uns wagen, etwas gegen Ihre Befehle einzuwenden oder gar dagegen aufzubegehren. Das wäre Meuterei.“

      „Ja, natürlich“, sagte Cubera. „Aber mir war es in diesem besonders heiklen Moment wichtig, Ihnen noch einmal den Sachverhalt darzulegen.“ Er war kein sturer Militarist, sondern er legte Wert auf den menschlichen Kontakt zu seinen Männern, was sich immer als Vorteil erwiesen hatte. Sie mochten und achteten ihn, und der überwiegende Teil von ihnen wäre bereit gewesen, für ihn über glühende Kohlen zu gehen, falls die Lage es erfordert hätte.

      „Kurzum, die Insel muß erobert und zerstört werden“, sagte Don Garcia Cubera. „Nie wieder darf sie Piraten als Schlupfwinkel dienen. Ich bitte Sie, noch einmal die Karte anzuschauen.“ Er hielt sie inzwischen wieder in den Händen und warf einen Blick auf die Eintragungen. „Wie ich sehe, scheint es insgesamt elf oder zwölf Geschützstellungen zu geben.“

      Sie beugten sich wieder über die Karte, und der Kapitän der zweiten Galeone sagte: „Sollten wir nicht besser von zwei Seiten landen? Beispielsweise von Norden und Süden gleichzeitig – um die Abwehr der Kerle zu zersplittern.“ Er wies dabei auf die große Bucht im Norden, die sich zwischen dem Felsendom und der höchsten Erhebung der Insel befand, und auf die beiden südlichen Buchten, von denen die östliche wiederum eigentlich aus zwei kleinen Buchten bestand.

      Cubera zeigte sich skeptisch. „Ich verspreche mir mehr von einem massiven Landeangriff an nur einer Stelle“, sagte er, „weil wir dabei die volle Feuerkraft unserer vier Schiffe einsetzen können, um den Gegner niederzuhalten und die Landungsboote durchbrechen zu lassen. Eine Aufsplitterung der Abwehr, bedeutet gleichzeitig auch eine Aufsplitterung der eigenen Kräfte, zumal wir keinerlei Information über die tatsächliche Stärke des Gegners haben. Nach wie vor stützen wir uns lediglich auf Vermutungen, und ich bitte Sie, daran zu denken, daß diese Einschätzung des Feindes sehr vage ist und erhebliche Risiken mit sich bringt.“

      Er wandte plötzlich den Kopf und blickte zum Vordeck. Von dort ertönte eine seltsame, absonderliche Mischung von Lauten. Jemand schien zu kreischen und zu quieken, aber gleichzeitig waren auch keuchende, schnaufende und grunzende Laute zu vernehmen. Alles in allem klang es so, als würde jemand einem peinlichen Verhör unterzogen.

      „Was ist da los?“ fragte er verblüfft.

      „Das ist Don Antonio“, erwiderte der Erste Offizier. „Er wird gerade im Lazarettraum behandelt, scheint mir.“

      „Sorgen Sie dafür, daß das abgestellt wird“, sagte Cubera schroff. „Das ist ja eine Schande. Für uns alle. Selbst der Gegner kann das hören, und ich will nicht, daß er sich auch noch über uns lustig macht.“

      Der Erste Offizier ging zur Querbalustrade des Achterdecks, winkte den Profos zu sich heran und sagte: „Veranlassen Sie, daß das Gebrüll aufhört, Profos.“

      „Jawohl, Señor“, sagte der Mann. „Mit Vergnügen.“ Er drehte sich um und schritt entschlossen auf das Steuerbordschott des Vordecks zu.

      Almenara, der Schiffsarzt, versah sein Werk sehr gewissenhaft. Don Antonio war gründlich gesäubert worden und bildete alles in allem einen rosigen, jedoch keineswegs appetitlichen Anblick. Es stimmte – er hatte einen Splitter empfangen, und dieses „Ding“ galt es jetzt zu „fischen“. Almenara hatte sich mit seinen Gerätschaften bewaffnet und führte die „Operation“ durch, die er dem Dicken bereits angekündigt hatte.

      Don Antonio lag auf dem Bauch. Nur mit Widerwillen und Ekel hatte er sich darauf eingelassen, sich auf dem Behandlungstisch auszustrecken, auf dem vor ihm bereits das „gemeine Decksvolk“ verarztet worden war. Er jammerte und zitterte, und sein Klagen steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Kreischen und Brüllen, als Almenara ihn zu berühren begann.

      Die beiden Sanitätsgasten hielten ihn an den Armen und Beinen fest und grinsten begeistert. Nie hatten sie sich besser amüsiert. Der Dicke hatte eine Abreibung verdient – und die erhielt er jetzt, ohne daß man Almenara vorwerfen konnte, er quäle den Mann absichtlich.

      „Ruhig bleiben und nicht wackeln, Señor“, sagte Almenara. „Je mehr Sie sich bewegen, desto schlimmer wird es für Sie.“

      „Aufhören!“

      „Wir haben gerade erst angefangen“, sagte Almenara, ohne eine Miene zu verziehen. „Sie haben aber gar keine Geduld.“

      „Du Satan!“

      „Señor, es ist sehr ungerecht von Ihnen, mich so zu beschimpfen. Ich helfe Ihnen, und Sie revanchieren sich mit derartigen Kraftausdrücken.“ Mit einer langen Pinzette versuchte er, die Spitze des Splitters in der zuckenden Masse zu fassen.

      „Ich lasse dich hängen!“ brüllte Don Antonio, und sein Gesicht war unter den letzten Puderresten wieder so rot, als sei er einem Schlaganfall bedenklich nahe.

      „Leider haben Sie dazu weder das Recht noch die Befugnis“, sagte Almenara und trachtete wieder mit Konzentration danach, das „Ding“ zu packen.

      „Mörder!“

      „Eigentlich können Sie noch zufrieden sein, Señor“, sagte Almenara. „Die Untersuchung hat ergeben, daß weitere hochempfindliche Körperteile unversehrt geblieben sind. Darüber sollten Sie dankbar sein. Es geht nicht immer so glimpflich ab, wie Sie denken. Ich habe da beispielsweise mal einen unter dem Messer gehabt, der seiner Mannesehre beraubt worden war. Soll ich Ihnen mal genau schildern, wie …“

      „Aufhören!“ kreischte der Dicke.

      „Womit? Mit dem Erzählen oder mit der Behandlung?“ fragte Almenara so freundlich wie möglich. Die Sanitätsgasten mußten dabei an sich halten, um nicht laut herauszuplatzen.

      „Mit beidem!“ stieß Don Antonio entnervt und gequält hervor. „Du willst mich foltern, du Drecksack!“

      „Ach, es ist wirklich traurig, daß Sie so etwas sagen“, brummte Almenara und setzte sein Werk ungerührt fort. „Aber so ist die Welt. Undankbar und grausam. Wer was Gutes tut, kriegt auch noch einen Tritt.“

      „Gnade!“ jammerte Don Antonio. „Erbarmen!“ Er versuchte, zu zappeln und mit den Beinen zu strampeln, aber die Sanitätsgasten waren kräftige, große Kerle, die es verstanden, zuzupacken. Sie hielten ihn fest und blickten grinsend zu dem Profos, der soeben das Schiffslazarett betrat.

      Almenara wandte nicht den Kopf, er war zu beschäftigt. Wieder schnappte er mit der Pinzette zu – und im selben Augenblick entfuhr Don Antonio de Quintanillas Kehle ein gurgelnder Schrei, der mit einem pfeifenden Keuchen endete. Dann trat Ruhe ein, und der Fettberg schien wie zusammenfallende Hefe zu erschlaffen.

      „Was ist los?“ fragte Almenara, ohne aufzusehen.

      „Er ist ohnmächtig“, erwiderte ein Sanitätsgast.

      „Schade“, brummte der Profos. „Ich wollte ihm gerade das Maul stopfen.“

      „Der Ärmste ist keine Schmerzen gewohnt“, sagte Almenara mit einem Seufzer. Er kniff erneut zu, konnte den Splitter fassen und zog ihn mit einem energischen Ruck heraus. „Hier, da haben wir ihn. Na, wie haben wir das gemacht?“

      „Großartig“, sagte der Profos. „Aber es ging viel zu schnell.“

      „Er ist ja sowieso bewußtlos.“

      „Ich habe noch nie eine größere Memme gesehen“, sagte der Profos und blickte in einer Mischung aus Ekel und Verachtung auf den reglos daliegenden Gouverneur. „Und so was hat in Havanna den Befehl? Männer, ich kann das einfach nicht begreifen.“

      „Es gibt viele Dinge im Himmel und auf Erden, die für uns unergründlich sind“, sagte Almenara und richtete sich lächelnd auf. „Aber es ist auch nicht unsere Aufgabe, darüber nachzusinnen. Es bringt uns wenig ein, glaube es mir.“

      „Ja,

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