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hatten sie nichts davon bemerkt.

      „Lange halte ich das nicht mehr aus“, sagte Morena mit einer heiser klingenden Stimme. Er starrte auf die eine Fackel, die in einem Riß in der felsigen Wand steckte und immer stärker flackerte.

      „Wenn die verlöscht ist, haben wir nicht mal mehr Licht. Dann wird alles nur noch schlimmer.“

      „Eine Fackel ist noch da.“

      „Die wird das Wasser auslöschen, das immer höher steigt“, murmelte Morena dumpf.

      Die Leiche des Zweiten trieb weiter. Es sah wirklich so aus, als lebe der Kerl noch. Er schwebte fast durch das Wasser und wedelte immer wieder mit den Armen.

      Manzo selbst warf etwas später nur einen flüchtigen Blick auf den treibenden Leichnam und grinste abfällig. Er hatte diesen Kerl schon immer gehaßt, aber seit er seinen Kumpan Cabral erschossen hatte, war dieser Haß noch größer geworden. Jetzt war die Angelegenheit für ihn bereinigt. Gleichgültig wandte er den Blick ab.

      Sie alle hockten da wie im Wartesaal zum großen Glück und hofften auf das Glück von morgen, aber wie es aussah, würde es dieses Glück nicht mehr geben.

      Anfangs hatten sie groß herumgetönt, waren desertiert, hatten geklaut und gemordet. Jetzt waren es nur noch erbärmliche Jammergestalten, abgerissen, mit den Nerven fertig und erledigt, umgeben von einem Reichtum, den sie nie im Leben hätten verbrauchen können, so viel war es.

      Morenas Mundwinkel zuckten nervös. Da war dieses ständige unheimliche Geräusch des Gurgelns, das an seinen Nerven zehrte. Er hatte auch jegliches Zeitgefühl verloren und wußte nicht einmal, ob es draußen hell oder dunkel war.

      Nach einer Weile stieß er seinen Kumpan ängstlich an.

      „Ich will hier raus“, sagte er heiser. „Es knackt so eigenartig in den Felsen. Vielleicht schießen sie jetzt den Berg auseinander.“

      „Ich will hier auch ’raus“, knurrte Carlo, „aber ich habe schon lange keinen Schuß mehr gehört. Die haben aufgehört zu schießen und warten, bis wir ersoffen sind. Dann sprengen sie die Höhle und holen sich die Schätze selber.“

      „Es muß doch noch einen Weg geben“, jammerte Morena. „Wenn wir in die anderen Höhlen gehen …“

      „Die sind alle unter Wasser, und wer gerade da drin war, der ist längst ersoffen.“

      „Dann gibst du einfach auf?“ fragte Morena verbiestert.

      „Wir kommen ja doch nicht raus.“ Carlo zuckte ratlos mit den Schultern und stierte vor sich hin.

      Morena war zwar ein Feigling, aber aufgeben wollte er noch nicht. Wenn sie schon ersaufen mußten, so überlegte er, dann konnten sie auch in einer der zahlreichen Nebenhöhlen ersaufen. Es war dasselbe – ob man hier starb oder ein paar Höhlen weiter.

      Aber er hatte Angst vor dem Wasser, das seiner Meinung nach unaufhaltsam weiterstieg. Wenn er dann gerade in einer der Röhren steckte, die zu anderen Höhlen führte, schnitt ihm das Wasser den Rückzug ab. Außerdem war es in den Nebenhöhlen finster, daß man nicht mal die Hand vor Augen sah.

      Verzweifelt sann er über seine Lage nach und blickte immer wieder zu Carlo, der vor sich hinstierte.

      „Sieh doch ein, daß wir hier ersaufen“, begann er nach einer Weile. „Da ist es doch besser, wenn wir mal zur anderen Höhle waten. Da stehen die Kisten mit den Nachttöpfen oder was das für Dinger sind.“

      Mit den „Nachttöpfen“ meinte er das kostbare chinesische Porzellan aus den Anfängen der Ming-Zeit.

      „Da steht auch alles unter Wasser“, erwiderte Carlo.

      „Ich weiß, aber da gibt es einen Gang, der ein bißchen höher liegt. Da ist bestimmt noch kein Wasser drin. Da hocken wir auf dem Trockenen und können ein bißchen nachsehen, wohin der Gang führt. Möglich, daß der irgendwo einen Ausgang hat. Ein paar Kerle haben sich schon mal da reingewagt.“

      „Und wo sind sie jetzt?“

      „Wieder zurück. Sie hatten auch zwei kleine Fässer mitgenommen.“

      „Wenn sie wieder zurück sind, zeigt das doch nur, daß es in dem Gang nicht weitergeht, sonst wären sie doch längst draußen und würden Halleluja brüllen.“

      Morena brauchte sehr lange, um seinen verängstigten Kumpan davon zu überzeugen, daß es besser sei, wenn sie den jetzigen Platz verließen. So hatten sie vielleicht noch eine kleine Chance.

      „Na gut“, sagte er widerwillig, „aber wir nehmen von den Holzkisten ein paar Späne mit, damit wir was sehen. In der Finsternis will ich da nicht rumkriechen.“

      „Ja, auf alle Fälle.“

      Sie warfen einen scheuen Blick zu dem Kreolen, der nach dem Tod des Zweiten den Ton angab. Aber der kümmerte sich um nichts. Offenbar war dem alles gleichgültig. Er hatte die Arme über der Brust verschränkt, döste vor sich hin und stierte ins Wasser.

      Sie nahmen ihre Messer und begannen, aus dem Kistendeckel lange Späne zu schneiden. Einen Span nach dem anderen säbelten sie herunter und legten ihn so hin, daß er nicht naß wurde.

      Als sie genug beisammen hatten, nickten sie sich zu.

      „Verschwinden wir“, sagte Morena, der es furchtbar eilig hatte, um nach einem Ausweg zu suchen.

      Niemand kümmerte sich um sie. Es geschah immer wieder, daß ein paar Kerle in der Hoffnung, einen Ausgang zu finden, einfach mal verschwanden. Meist waren sie jedoch sehr schnell wieder zurückgekehrt und hatten die Suche aufgegeben, denn das Höhlensystem war unübersehbar und bestand aus zahlreichen kleinen Gängen, Nischen, Grotten, Höhlen und Kammern. Manchmal auch mußten winzige Gänge kriechend durchquert werden, um zu anderen Höhlen zu gelangen.

      Morena ließ sich ganz langsam ins Wasser gleiten. Einen Teil der Holzspäne trug er in der rechten hocherhobenen Hand. Den Rest trug Carlo auf die gleiche Weise.

      Das Wasser stand ihnen bis zum Hals. Es war kalt, wie sie schnatternd feststellten.

      Ganz langsam wateten sie weiter, zwei Kerle, die die Hoffnung hegten, doch noch einen Ausweg zu finden.

      Vor der in eine Felsspalte geklemmten Fackel blieben sie stehen.

      Carlo nahm mit zitternder Hand einen Span und entzündete ihn an der Fackel.

      Drei andere Kerle, die auf übereinandergestapelten Kisten und Fässern hockten, sahen gleichgültig zu. Es waren Pepito, Romero und Felipe. Felipe war etwas verblödet. Er hatte ständig das Maul offen, grinste bei jeder unpassenden Gelegenheit und sabberte manchmal beim Sprechen. Auch seine Ausdrucksweise war nicht die feinste.

      „Woll’n die denn, hä?“ fragte er.

      „Die gehen baden“, sagte Pepito. „Weil sie schon lange kein Wasser mehr gesehen haben.“

      „Ist doch genug hier“, meinte der Dummbart grinsend. Er war der einzige, der immer noch nicht so richtig kapiert hatte, was hier eigentlich los war. Daß sie hier inmitten eines unermeßlichen Reichtums hockten, das wußte er. Die Gier nach Gold hatte ihn genauso gepackt wie die anderen auch.

      Er wußte aber nicht, warum die Kerle von der „San Sebastian“ den Eingang „zugeschossen“ hatten und was sie damit bezweckten.

      Angst hatte er natürlich auch gehabt, aber jetzt war sie einer dumpfen Apathie gewichen, und weil ihm keiner eine richtige Antwort gab, hockte er hier und wartete, was die anderen tun würden.

      Er wurde erst dann aktiv, wenn Pepito oder Romero etwas befahlen. Dann trottete er blindlings hinterher. Aber die hatten offenbar kein Programm auf Lager, und so saß er die Sache einfach ab, bis denen was einfiel.

      Auch Manzo warf nur einen Blick auf die beiden. Sie werden bald wieder zurück sein, dachte er. Die anderen hatten auch nichts Weltenbewegendes entdeckt.

      Vorsichtig wateten sie weiter. Carlo hielt den Span hoch und leuchtete. Morena

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