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doch auf“, sagte Mardengo. Es war zu hören, wie er mit den Zähnen knirschte.

      „Ich wollte das nur klarstellen“, sagte Duvalier kalt. „Und noch etwas, Mardengo! Wenn deine Alte noch einmal herumspuckt und mich einen feigen Köter nennt, dann saust sie ab in die Hölle. Ich lasse mich von einer Indianerschlampe nicht beleidigen, verstanden?“

      Aus Oka Mamas Ecke erklang ein empörtes Zischen. Aber bevor sie loslegen konnte, fuhr ihr Mardengo, ihr kreolischer Sproß, übers Maul.

      „Halt die Klappe, Oka Mama! Hör auf zu stänkern! Ich hab die Schnauze voll davon, verstehst du?“

      „Was seid ihr doch für Scheißer!“ murmelte Oka Mama verächtlich. Und damit verstummte sie.

      Aus der Dunkelheit erklang Duvaliers Stimme: „Noch etwas, Mardengo! Die Karavelle steht unter meinem Kommando, nicht unter deinem. Ist das klar?“

      Mardengo grinste höhnisch in die Dunkelheit.

      „Völlig klar, Duvalier“, sagte er und zwang einen ehrlichen Ton in seine Stimme. „Sie ist dein Schiff. Wenn wie es geschafft haben, trennen wir uns, und jeder geht seiner Wege. Aber so lange müssen wir zusammenhalten, ob uns das paßt oder nicht – und das betrifft auch meine Alte, die immer meint, mir auf der Nase herumtanzen zu müssen.“ Er lauerte in Richtung seiner Mutter, aber sie erwiderte nichts. Hoffentlich, dachte er, hat sie begriffen, daß ich bereits einen Plan habe. Es schien so.

      Offenbar fand das, was er gesagt hatte, bei Duvalier Anklang, denn der grunzte zufrieden. Vielleicht hielt er sich für gerissen, aber für ein Schlitzohr wie Mardengo war er eben doch nicht gerissen genug. Immerhin schien er begriffen zu haben, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, als einen neuen Pakt zu schließen. Er saß in der Zwickmühle und hatte keine Alternative.

      Zehn Minuten später waren alle von ihren Fesseln befreit, auch Oka Mama, die durch Schweigen ihre Verachtung kundtat.

      Die Karavelle war weder für Duvaliers noch für Mardengos Kerle ein fremdes Schiff. Daher brachen sie nicht durch die Luke aus, vor allem deswegen nicht, weil es ihnen gelang, das Schott zu den Räumen im Achterdeck zu entriegeln. Es waren Fallriegel, die sie mit dem Messer hochschieben konnten.

      In der Waffenkammer unter der Kapitänskammer versorgten sie sich mit Hieb- und Stichwaffen, den lautlosen Mordinstrumenten, mit denen sie als Schnapphähne bestens umzugehen verstanden.

       2.

      Die sechs indianischen Wächter waren über das Oberdeck der Karavelle verteilt. Zwei befanden sich auf der Back, zwei auf der Kuhl, wo auch die Luke hinunter in den Laderaum war, und zwei auf dem Achterdeck.

      Die Nacht war mondlos. Ziehende Wolken nach Süden verdeckten den Sternenhimmel, ließen aber immer wieder ein Glitzern durch, das scharfen Augen genügen mochte, für kurze Momente etwas von der Umgebung zu erkennen.

      Es war die Nacht für Diebe, Räuber und Buschklepper, eine etwas unheimliche Nacht für jene, denen die Geräusche des Sumpfgebietes fremd waren. Da waren das Schnorcheln und Quaken der Lurche und Frösche zu hören, das Schmatzen und Blubbern der Sumpfblasen, das Schnattern oder der plötzliche Schrei eines Wasservogels, das ersterbende Quieken einer Sumpfratte unter dem giftigen Biß einer Schlange, das Rauschen des Windes durch die Schilfgürtel rings um den See oder das Wispern im Geäst der Bäume.

      Drüben, vom Hausboot der Schwarzen, klang Gelächter herüber. Sie feierten dort, laut und unbeschwert, Buddy Boldens Stimme dröhnte dazwischen. Eine Reihe von Lampen auf dem Hausboot zauberte goldene Reflexe über das dunkle Wasser. Zwei Ankerlaternen brannten auf dem Mitteldeck der „Isabella“ und ebenso auf der „San Donato“, der Beutegaleone der Timucuas, die aber jetzt mehr oder weniger ein Lazarettschiff war, und zwar für die am Sumpffieber leidenden Angehörigen des Stammes.

      Am Hauptmast der Karavelle hing ebenfalls eine Lampe, die ein trübes Licht über die Kuhl warf. Bis zur Back oder zum Achterdeck reichte der Schein nicht.

      Die beiden Posten auf dem Achterdeck starben zuerst. Beide wurden von hinten erstochen, Mardengo und Duvalier besorgten das. Die Positionen der beiden Posten wurden sofort von zwei Kerlen Mardengos eingenommen, so daß es aussah, als habe sich nichts verändert.

      Die beiden nächsten Morde verübten ebenfalls Mardengo und Duvalier. Dazu kehrten sie in den Laderaum zurück, lediglich von vier Kerlen begleitet, öffneten das Schott, das ins Vorschiff führte, und schlichen durch den zur Zeit leeren Mannschaftsraum, der einen Ausgang zur Back hatte.

      Auch die beiden Wächter auf der Back wurden von Mardengo und Duvalier hinterrücks erstochen. Auf diese Art des Mordens verstanden sich die beiden Piratenhäuptlinge. Es geschah lautlos und mit tödlicher Präzision. An die Stelle der beiden Toten traten wieder zwei Kerle und markierten die beiden Wachen auf der Back.

      Jetzt blieben nur noch die beiden Posten auf der Kuhl, die auf und ab gingen, der eine an Backbord, der andere an Steuerbord.

      Der indianische Krieger an Steuerbord starb den Messertod, als er am Niedergang zum Achterdeck angelangt war und sich gerade umgedreht hatte, um nach vorn zu gehen. Oka Mama war seine Mörderin.

      Sie hielt den Toten fest, an ihr vorbei glitt einer von Mardengos Kerlen, der den Wachgang des Toten fortsetzte. Oka Mama duckte sich hinter das Schanzkleid und zog den Toten in den Schatten des Niedergangs.

      Irgend etwas war dem Posten an Backbord aufgefallen. Er blickte irritiert zu dem Kerl, der am Steuerbordschanzkleid entlang nach voraus ging. Und er sah, daß dieser Mann ein Fremder war – nicht sein Stammesbruder.

      Er rief etwas, überrascht, aber noch keineswegs alarmiert. Als er ein Geräusch hinter sich hörte, wollte er noch herumwirbeln, doch er reagierte zu spät. Duvaliers Messer war schneller. Dennoch stieß der Krieger, als er zusammenbrach, einen ächzenden Laut aus.

      Ein fragender Anruf von der „Isabella“ klang herüber: „He! Ist bei euch alles klar?“ Die Frage wurde in der spanischen Sprache gestellt, und es war Sam Roskill, der gefragt hatte. Er ging zusammen mit Luke Morgan die Mitternachtswache.

      Mardengo behielt die Nerven und rief in kehligem, etwas gebrochenem Spanisch zurück, daß alles klar sei. Und der Kerl an Steuerbord winkte zur „Isabella“ hinüber, um das zu bestätigen.

      Duvalier und Mardengo gingen hinter dem Schanzkleid in Deckung. Ein sechster Kerl mimte inzwischen den letzten ermordeten Posten. Es war wieder alles beim alten – zwei Posten auf der Back, zwei auf der Kuhl, zwei auf dem Achterdeck.

      Alles lauerte zur „Isabella“ hinüber. Aber dort schien man sich beruhigt zu haben.

      „Wir können unmöglich mit der Karavelle abhauen!“ flüsterte Duvalier.

      „Was dann?“ fragte Mardengo zurück.

      „Am Heck hängen zwei Jollen“, flüsterte Duvalier erregt. „Von den Engländern sind die in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen. Mit denen verschwinden wir, ohne daß die Hunde etwas bemerken. Ich kenne mich hier aus. Es gibt einen Kanal zum Mississippi. Der fließt nur knapp fünf Meilen nördlich von hier vorbei. Wenn wir ihn erreicht haben, brauchen wir uns nicht mehr anzustrengen und lassen uns abwärts zum Mündungsdelta treiben. Da gibt es Hunderte von Verstecken.“

      „Klingt nicht schlecht“, flüsterte Mardengo. Sein Gesicht blieb unbewegt und verriet nicht, daß er innerlich triumphierte. Duvaliers Vorschlag kam seinem eigenen Plan entgegen. Tatsächlich hatte er ihm das gleiche vorschlagen wollen, natürlich mit einem schurkischen Hintergedanken. Aber um zu zeigen, daß er schwankte, fügte er hinzu: „Das bedeutet, daß wir auf die Karavelle verzichten – oder vielmehr ihr, sie ist ja euer Schiff.“

      „Na und? Als Toter kann ich mit einer Karavelle nichts mehr anfangen. Und ich garantiere dir, daß sie uns erwischen. Gegen die Galeone der englischen Hunde haben wir mit der kleinen Karavelle nicht die geringste Chance.“

      „Hm, wahrscheinlich hast du recht“, sagte Mardengo heuchlerisch. Er hob etwas

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