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schrieb den 23. Februar des Jahres 1593.

      Bei raumem Wind, über Backbordbug segelnd, lief die „Isabella“ mit rauschender Fahrt auf die Küste von Gotland zu. Es war früher Nachmittag, und der Himmel über dem Baltischen Meer versteckte sich hinter dicken grauen Wolken, die einen baldigen Regenguß ankündigten. Die Hafenstadt Wisby schälte sich nach und nach aus dem Dunst heraus, und den Männern, die der Profos zum Aufpacken der Segel in die Wanten hinaufscheuchte, bot sich der beste Ausblick.

      Was vor allem ins Auge stach, waren die gewaltigen Mauern und Türme der an einem Hang liegenden Stadt. Mauern, die die Geschichte dieser immer noch wohlhabenden Ansiedlung lebendig werden ließen. Es war eine wildbewegte Vergangenheit, auf die Wisby zurückschauen konnte.

      Vor Jahrhunderten waren von hier aus die Wikinger zu ihren Raubzügen aufgebrochen – in Schiffen, die – verglichen mit den jetzigen Ergebnissen der Schiffbaukunst – wirklich nur Nußschalen gewesen waren. Doch sie waren damit sogar über den großen Teich gesegelt, diese rauhen Burschen, die dem Teufel mindestens ebensoviele Ohren abgesegelt hatten, wie es die Seewölfe schon getan hatten. Aber vor allem auch in England und Irland hatten sich die gefürchteten Nordmänner breitgemacht, und ihre Nachfahren lebten dort noch heute in den Städten, die von ihnen gegründet worden waren.

      Philip Hasard Killigrew und Ben Brighton, sein Erster Offizier, hatten sich mit ihren Spektiven auf das höher gelegene Achterdeck begeben, während sich die „Isabella“ mit nachlassender Fahrt der Hafeneinmündung von Wisby näherte.

      Deutlich waren jetzt die Einzelheiten der an den Hafen grenzenden Gebäude zu erkennen. Der Wohlstand dieser Stadt war unübersehbar. Gotland befand sich in dänischem Besitz, was eine der Ursachen für den Reichtum Wisbys sein mochte. Viele der Kaufmannshäuser stammten noch aus der Blütezeit der Hanse, die sich nun bereits in einem deutlichen Verfall befand. Auch deutsche Kaufleute hatten sich schon vor langer Zeit in Wisby angesiedelt, neben Dänen, Schweden, Finnen und Norwegern.

      Von einem Hafenmeister, der sich an Bord begab, wurde der „Isabella“ ein Liegeplatz im inneren Hafenbekken zugewiesen, direkt am Kai. Das vor entfesselten Naturgewalten gut geschützte Hafenbecken beherbergte einen Mastenwald von beträchtlichen Ausmaßen. Die Frachtsegler, die an Piers und Duckdalben vertäut hatten, stammten überwiegend aus den Ländern rings um die Ostsee.

      Neben den Skandinaviern gab es etliche deutsche und auch polnische Schiffe. Aber da waren auch mehrere Holländer, von denen der Seewolf wußte, daß sie in jüngster Zeit mit ziemlichen Anstrengungen in den Tuchhandel eingestiegen waren.

      Noch während des Anlegemanövers der „Isabella“ scharten sich vor den Lagerhäusern und Kontoren am Kai zahlreiche Neugierige zusammen. Aber auch von den anderen Schiffen waren interessierte Blicke festzustellen, teilweise nicht ohne einen gewissen Neid. Denn die schlanke englische Galeone war von ihrem äußeren Bild her allein schon ungewöhnlich.

      Einen Dreimaster dieser neuzeitlichen Bauart hatte hier in Wisby noch niemand zu sehen gekriegt, und den fast ausnahmslos fachmännischen Augen blieb nicht verborgen, daß dieser Segler aus dem fernen Britannien über Eigenschaften verfügte, die man nur ahnen konnte.

      Daß die „Isabella“ nicht allein für friedliche kaufmännische Zwecke gebaut worden war, ließ sich auf den ersten Blick feststellen. Bei einem Registergewicht von runden 550 tons und einer Länge von 52 Yards verfügte die Dreimastgaleone über eine beachtenswerte Armierung. Die geschlossenen Stückpforten verbargen drei 25pfünder auf beiden Seiten des Quarterdecks, je Seite drei 18pfünder auf dem darunterliegenden Deck, vier 25pfünder auf beiden Seiten der Kuhl und drei weitere 17-pfünder pro Seite unter der Back. Außerdem gab es je zwei Drehbassen auf der Back und auf dem Achterdeck.

      Während die „Isabella“ vertäut wurde, hatten die Seewölfe Gelegenheit, sich in der näheren Umgebung umzusehen.

      „Sieh dir das an!“ sagte Ben Brighton verblüfft.

      Hasard blickte in die Richtung, die ihm der Zeigefinger seines Ersten Offiziers wies.

      „Ein Spanier“, murmelte Hasard entgeistert.

      „Die einzige spanische Galeone in ganz Wisby, wenn mich nicht alles täuscht“, verbesserte Ben. Der Dreimaster, wesentlich plumper und gedrungener gebaut als die „Isabella“, lag nur einen Steinwurf weit entfernt. Zwischen den Spaniern und den Seewölfen befand sich lediglich ein norwegischer Zweimaster.

      „Sie entladen Weinfässer“, sagte Hasard, nachdem er das Geschehen bei der spanischen Galeone einen Moment mit dem Kieker beobachtet hatte.

      „Das gefällt mir ganz und gar nicht“, knurrte Ben Brighton, was bei seiner sonst zurückhaltenden Art ungewöhnlich war.

      Der Seewolf wußte, daß Ben nicht das Löschen der Weinfässer meinte. Spaniern zu begegnen stieß bei jedem an Bord der „Isabella“ sauer auf. Seit sie die hinterhältigen Machenschaften der Dons vor der bretonischen Küste miterlebt hatten, reagierten die Männer unter Philip Hasard Killigrews Kommando gereizt, sobald sie auch nur das Wort „Spanien“ hörten.

      Eine Stunde nach dem Festmachen ging Hasard gemeinsam mit Nils Larsen von Bord. Der Hafenmeister hatte beschrieben, wo das Kontor von Jens Johansen zu finden war. Bewußt verzichtete der Seewolf darauf, eine größere Zahl von Männern mitzunehmen. Es konnte unter Umständen wichtig sein, kein großes Aufsehen zu erregen.

      Die Schar der Gaffer am Kai hatte sich inzwischen weitgehend verlaufen, und so konnten Hasard und Nils in der nächsten stadteinwärts führenden Gasse untertauchen, ohne daß halb Wisby sie auf ihrem Weg begleitete.

      In der Gasse, wie auch am Kai, herrschte das typische rege Treiben einer Hafenstadt. Schiffsausrüster und Kleinhändler schoben schwerbeladene zweirädrige Karren mit beträchtlichem Geschick durch das Gedränge. Marktfrauen, stattlich gebaut und rotgesichtig, priesen ihre Waren an, die sie in Flechtkörben trugen.

      Hasard und Nils wußten, daß sich der eigentliche Marktplatz weiter stadteinwärts befand. Doch es lohnte sich für die Bauersfrauen zweifellos, einen Abstecher in die zum Hafen führenden Gassen zu unternehmen. Kaufleute, deren elegante Kleidung auffiel, waren mit gemessenen Schritten zwischen den verschiedenen Lagerhäusern und Kontoren unterwegs.

      Über allem schwebten die unverwechselbaren Hafengerüche, wie sie von fremdländischen Gewürzen und anderen Naturprodukten geprägt wurden. Die Häuser, schmalbrüstig und mit hohen Giebeln zur Gasse weisend, waren aus solidem Stein gebaut. Alles in allem herrschten Sauberkeit und Ordnung in Wisby vor.

      Hasard sagte es seinem Begleiter, den er vor allem wegen seiner Sprachkenntnisse mitgenommen hatte.

      „Ja, Dänemark ist ein feines kleines Land“, entgegnete Nils Larsen voller Stolz. „Aber hier auf Gotland gibt es auch eine Menge Schweden. Man braucht sich nur umzuhören.“ Nils beherrschte neben seiner dänischen Muttersprache auch Schwedisch, Deutsch und natürlich Englisch. Überdies konnte er sich auf spanisch recht gut verständigen, denn er war lange genug unter dem Kommando von Jean Ribault in der Karibik gesegelt.

      Außer Nils Larsen befanden sich noch Piet Straaten und Jan Ranse „leihweise“ an Bord der „Isabella“. Alle drei stammten aus der Crew Ribaults. Mit dem Schwarzen Segler unter Thorfin Njal, dem Wikinger, waren sie vor der bretonischen Küste auf die Seewölfe gestoßen.

      Später in Plymouth hatte Thorfin Hasards Bitte zugestimmt, ihm die drei Männer zur Verfügung zu stellen. Hasard hatte dafür allerdings die letzte gemeinsame Zeche bei Nathaniel Plymson, dem Schankwirt der „Bloody Mary“, zahlen müssen. Der Wikinger und seine Crew befanden sich jetzt auf dem Weg nach Norden. Sie wollten mit dem Schwarzen Segler das legendenumwobene Thule finden.

      Philip Hasard Killigrew und Nils Larsen hatten keinen weiten Weg zurückzulegen. Die Gassen, durch zahlreiche Steinstufen untereinander verbunden, führten mit einiger Steigung in die Stadt hinauf. Vom Marktplatz aus konnte man auf die turmbewehrten Mauern und den Hafen blicken. Das unüberschaubare Gewirr der Masten und Rahen war ein eindrucksvolles Bild, deutlich zeichnete sich die „Isabella“ ab, allein schon wegen ihrer Größe und der ungewöhnlich ranken Form.

      Das

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