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auf diesen Trick hereingefallen war, sondern daß der verdammte Engländer diesen Trick benutzt hatte, um seinen Verfolger abzuschütteln. Allerdings wußten nur Don José Isidoro und seine beiden Offiziere, daß diese Version nicht stimmte, aber sie klang gut, um den Engländer zu verteufeln.

      Tatsächlich war die „Santa Teresa“ nicht auf das Riff gelockt worden, sondern Don José Isidoro hatte es an der notwendigen seemännischen Vorsicht mangeln lassen, obwohl er von seinem Ersten Offizier auf die Gefahren des Riffs bei den Chandeleur-Inseln hingewiesen worden war.

      Aber das war jetzt alles unerheblich. Der Engländer mußte als Sündenbock herhalten. Damit ersparten sich Don José Isidoro und seine beiden Offiziere seitens des Vertreters der Admiralität den Vorwurf, fahrlässig und unverantwortlich gehandelt zu haben. Im übrigen war Don José Isidoro gerissen genug gewesen, seine beiden Offiziere auf diese Version einzuschwören.

      Don Lope wiederum nutzte die Gunst des Augenblicks, es nunmehr Don Bruno Spadaro heimzuzahlen. Er sagte sarkastisch: „Nennen Sie das auch fair, verehrter Don Bruno? In meinen Augen ist das die Verhaltensweise eines heimtückischen, mordgierigen Piraten. Statt zu kämpfen, lockt er seinen Gegner in die Falle – fürwahr, sehr nobel, nicht wahr?“

      Don Bruno Spadaro zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Was ist erlaubt, was nicht? Wer bestimmt die Regeln? Der Engländer hat eine Kriegslist angewandt, die keineswegs neu ist. Versetzen Sie sich einmal in seine Lage, in der er es offenbar als seine Aufgabe ansieht, die Indianer auf der ‚San Donato‘ abzuschirmen, übrigens Indianer, die zum Teil am Sumpffieber erkrankt waren und zum anderen kaum etwas vom seemännischen Handwerk verstanden. Wäre mir eine ähnliche Aufgabe übertragen worden, hätte ich auch versucht, einen Verfolger auf diese Art abzuschütteln.“

      „Ich stelle fest“, sagte Don Lope empört, „daß Sie diesen englischen Bastard ständig in Schutz nehmen und verteidigen!“

      „Was Sie feststellen, ist mir völlig gleichgültig“, sagte Don Bruno Spadaro gelassen und fügte grob hinzu: „Kümmern Sie sich um den Dreck, der vor Ihrer eigenen Tür liegt, an dem haben Sie genug zu kehren. Wenn Sie nicht versagt hätten, brauchten wir hier nicht zusammenzusitzen …“

      Don Moreno klopfte wieder mit den Knöcheln auf die Tischplatte. „Ich darf doch bitten, Señores! Wir haben Wichtigeres zu tun, als uns hier herumzustreiten. Fahren Sie bitte fort, Don José!“

      Don José Isidoro nickte und sagte: „Der Rest ist schnell erzählt. Die ‚Santa Teresa‘ wurde Stunden nach dem Auflaufen von der Piratenbande eines gewissen Duvalier überfallen und geentert. Meine Seesoldaten und die Männer kämpften wie die Löwen, aber wir hatten keine Chance, die Piraten waren in der Überzahl. Duvalier verschonte nur meine beiden Offiziere und mich, um, wie er uns später erklärte, ein Lösegeld für uns zu erpressen. Wir wurden auf die Insel Comfort gebracht, dem Schlupfwinkel der Piraten. Er ließ dort vier Wächter zurück und brach mit seiner Horde zu einem weiteren Beutezug auf, um nämlich die englische Galeone und die ‚San Donato‘ zu vereinnahmen. Es gelang meinen beiden Offizieren und mir, die vier Wächter zu überwältigen und mit einem Einmaster von der Insel zu fliehen. So begegneten wir dem Generalkapitän und seinem Verband, der uns an Bord nahm.“

      „Hm, danke, Don José“, sagte Don Moreno. „Was meinen Sie, wo die ‚Isabella‘ und die ‚San Donato‘ jetzt stecken könnten?“

      „Ich könnte mir vorstellen, daß beide Schiffe im Lake Pontchartrain Schutz gesucht haben, vielleicht auch davor im Lake Borgne.“

      „Und warum sollten sie dort noch sein?“

      „Don Bruno erwähnte bereits die an Sumpffieber erkrankten Indianer. Mit solchen Kranken können keine langen Reisen unternommen werden.“

      Don Moreno nickte. „Das leuchtet ein. Was ist jetzt mit diesem Duvalier? Mit diesem Kerl wird die ganze Sache noch komplizierter. Vielleicht ist es ihm inzwischen gelungen, die ‚Isabella‘ und die ‚San Donato‘ zu kapern. Wenn dem so ist, dann befindet er sich jetzt im Besitz der Schatzladung, und wir müßten nach ihm, statt nach dem Engländer suchen. Dieser Gedanke gefällt mir gar nicht, wenn ich davon ausgehe, daß Duvalier diese ganze Küste samt Mississippimündung wie seine Hosentasche kennt und genau weiß, wo er sich verstecken kann. Tatsächlich bieten sich hier ja unzählige Schlupfwinkel an, sonst hätten wir diese Burschen längst erwischt. Fassen wir zusammen: Der englische Pirat Killigrew, genannt der Seewolf, hat sich in Fort St. Augustine die Schatzladung geholt, die für Seine Majestät bestimmt war. Dann hat er einem rebellischen Indianerstamm geholfen, der mit der ‚San Donato‘ aus der Waccasassa Bucht geflohen ist. Im Laufe eines Gefechts wehrt er die ‚Galicia‘ ab und schafft es im weiteren, die ‚Santa Teresa‘ auf ein Riff zu locken, wo sie wiederum von Piraten überfallen und ausgeplündert wird. Hier nun tritt Duvalier auf den Plan. Wir haben es also mit zwei Gegnern zu tun, mit denen abgerechnet werden muß, vielleicht aber auch nur mit einem. Aber beide müssen gesucht werden.“

      Die Señores nickten mit ernsten Mienen.

      „Ich schätze“, sagte Don Moreno, „daß das Maß dessen, was wir uns als Spanier bieten lassen können, mehr als voll ist. Die Untaten des Philip Hasard Killigrew müssen gerächt werden, das sind wir der Spanischen Krone schuldig. Und unsere Rache muß den Piraten Duvalier treffen, der es wagte, eine unserer Kriegsgaleonen zu überfallen und auszurauben. Ich befehle daher, daß Ihr Verband, Don Augusto, unverzüglich noch in dieser Nacht zur Jagd auf den Seewolf ausläuft.“

      „Jawohl, Don Moreno“, sagte der Generalkapitän. Er war wenig entzückt über die neue Aufgabe, dachte aber im selben Moment auch an das Kopfgeld, das die Spanische Krone auf Philip Hasard Killigrew ausgesetzt hatte. Wenn er diesen Mann erwischte, konnte er damit rechnen, zum Admiral aufzusteigen.

      „Ist die ‚Galicia‘ repariert und wieder seeklar, Don Bruno?“ fragte Don Moreno jetzt.

      „Jawohl, Don Moreno“, erwiderte Don Bruno Spadaro.

      „Gut, dann werden Sie mit Ihrem Schiff dem Verband unterstellt und nehmen an der Jagd teil. Zu Ihnen werden sich Don José Isidoro, seine beiden Offiziere und Don Angelo Baquillo an Bord begeben.“

      Die betreffenden Señores verbeugten sich im Sitzen.

      „Und ich?“ fragte Don Lope in der Hoffnung, nach Fort St. Augustine zurückkehren zu können. Er hatte inzwischen die Nase ziemlich voll. Zur See zu fahren, war auch nicht seine Sache.

      „Sie“, sagte Don Moreno schroff, „werden wieder auf der ‚Santa Veronica‘ einsteigen und es als Ihre vornehmste Aufgabe ansehen, daß die Schatzladung in unsere Hände zurückkehrt. Ich erwarte Ihren vollen Einsatz! Gleichzeitig weise ich Sie darauf hin, daß Sie sich strikt den Befehlen des Generalkapitäns unterzuordnen haben. Sollten Sie sich ihm widersetzen, würde ich mich gezwungen sehen, Sie nach Ihrer Rückkehr vor ein Kriegsgericht zu stellen. Haben Sie mich verstanden?“

      Erbleichend murmelte Don Lope: „Jawohl, Don Moreno.“

      „Gut.“ Don Moreno wandte sich wieder der Tafelrunde zu. „Mein Befehl lautet also: Bringen Sie Philip Hasard Killigrew zur Strecke, wenn möglich lebend, damit er in Spanien vor Gericht gestellt werden kann. Der Pirat Duvalier ist samt seiner Bande zu vernichten. Selbstverständlich erwarte ich, daß Sie im Zuge Ihrer Aktionen die Schatzladung Seiner Majestät zurückerobern und nach Pensacola zurückbringen. Ich selbst werde sie dann hier übernehmen und im Geleit nach Spanien verschiffen.“ Er schaute den Generalkapitän an. „Sie haben einen Verband von sechs Kriegsschiffen, Don Augusto, sind der englischen Galeone also haushoch überlegen. Der Erfolg Ihres Unternehmens steht damit außer Zweifel.“ Er richtete sich auf, hob sein Glas und fügte hinzu: „Señores, ich trinke auf Ihren Sieg und auf Seine Majestät, den König von Spanien!“

      Sie standen alle auf und leerten ihre Gläser.

      Um Mitternacht verließen die sechs Schiffe den Hafen von Pensacola und gingen auf Westkurs.

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