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und dann von Duvaliers Piraten ausgeplünderten „Santa Teresa“, sowie sein Erster und sein Zweiter Offizier, zusammen mit ihrem Kapitän die drei einzigen Überlebenden dieser Kriegsgaleone. Diese fünf Señores hatten soeben das Flaggschiff „Santa Veronica“ verlassen und darum gebeten, in der Kommandantur sofort mit den Befehlshabern der Stadt und des Hafens sowie dem Vertreter der Admiralität sprechen zu können, da sie wichtige Nachrichten hätten.

      Diese Señores wurden hastig zusammengetrommelt. Es erschienen: Don Bruno Spadaro, Kapitän der Kriegsgaleone „Galicia“, Don Angelo Baquillo, Kommandant des spanischen Lagers und der Werft an der Waccasassa Bay, ferner Don Moreno Borgo-Antigua, der Vertreter der Admiralität, sowie der Stadtkommandant und der Hafenkapitän.

      Eine illustre Gesellschaft war das, die hier in der Kommandantur zusammentraf und sich im großen Beratungsraum an einem mächtigen Rundtisch auf die lederbezogenen Stühle niederließ, nachdem man einander begrüßt und die üblichen Floskeln ausgetauscht hatte.

      Wären die Tagediebe anwesend gewesen, dann hätten sie ein zweites Mal hämisch grinsen können, denn auch die fünf hinzugekommenen Hochwohlgeborenen hatten Friedhofsmienen aufgesetzt, als gelte es, einen teuren Toten zur letzten Ruhe zu betten.

      Da nutzte es wenig, daß ein herausgeputzter Diener auf einen Wink des Stadtkommandanten hin den Señores rubinroten Wein in funkelnden Gläsern servierte. Man prostete sich gemessen, eher verdrießlich, zu, der Diener schenkte noch einmal nach und mußte sich dann entfernen, damit die Señores unter sich sein konnten.

      Don Moreno Borgo-Antigua als der Rangälteste unter den Señores richtete den Blick auf Don Augusto Medina Lorca, räusperte sich und sagte: „Was haben Sie zu berichten, Don Augusto?“ Er runzelte die Stirn. „Ich bin sehr verwundert, Sie hier in Pensacola anzutreffen. Sie hatten doch Order, Fort St. Augustine anzulaufen, dort die für Seine Majestät bestimmte Gold- und Silberladung zu übernehmen und unverzüglich nach Spanien zu bringen. Oder irre ich mich?“

      Don Augusto Medina Lorcas rechtes Augenlid begann zu zucken. Das passierte, wenn er aufgeregt war.

      „Nein, Sie irren sich nicht, Don Moreno“, sagte er gepreßt. „Tatsächlich hätte ich mit meinem Verband längst auf Heimatkurs sein können, nur konnte ich die von Ihnen erwähnte Ladung in St. Augustine nicht übernehmen, weil sie nicht mehr da war.“ Und jetzt folgte der Seitenhieb, der ihn dafür entschädigen sollte, daß ihm der Kommandant von Fort St. Augustine seit knapp vier Wochen auf die Nerven gegangen war: „Leider war Don Lope als Kommandant von Fort St. Augustine nicht in der Lage, die Ladung, von der wir sprechen, sicher zu verwahren. Sie wurde ihm geraubt!“

      Don Moreno, der Beauftragte der Admiralität, saß da, als habe ihm jemand ein Brett vor den Kopf geschlagen.

      „Was sagen Sie da?“ flüsterte er. „Geraubt? Die Gold- und Silberladung wurde geraubt?“

      „So ist es“, erwiderte der Generalkapitän. Er weidete sich an dem wütenden Gesichtsausdruck Don Lopes, des Kommandanten von Fort St. Augustine, der ja die ganze letzte Zeit bei ihm an Bord gewesen war und alles besser gewußt hatte. Jetzt habe ich dir’s gegeben, du Kröte, dachte er.

      „Das ist ja nicht zu fassen“, murmelte Don Moreno erschüttert. Dann zuckte sein Kopf herum zu Don Lope de Sanamonte, und er fragte scharf: „Wie konnte das geschehen?“

      Der etwas schwammige Don Lope schwitzte und zwirbelte seinen schwarzen Spitzbart, was er immer tat, wenn er ratlos oder wütend war.

      „Das – das Fort wurde Opfer eines hinterhältigen Überfalls!“ stieß er hervor.

      „Das Fort hat als uneinnehmbar gegolten!“ schnappte Don Moreno. „Dafür sind Unmengen von Geld ausgegeben worden, wie Sie selbst wohl am besten wissen. Sie haben doch ständig lamentiert, es fehle zum Ausbau des Forts noch dies und das und verlangten von der Staatskasse die entsprechenden Mittel!“ Don Moreno wurde immer erregter. „Mir scheint, hier wurden unsere Gelder zum Fenster hinausgeworfen! Und wer, bitte sehr, hat das Fort überfallen?“

      „Mardengo und seine Mörderbande.“ Don Lope schnaufte. „Dank meiner Initiative konnte er später überwältigt und festgenommen werden. Ich veranlaßte …“

      Don Augusto Medina Lorca, der Generalkapitän, unterbrach ihn mit einem höhnischen Lachen. „Von einer Initiative Ihrerseits kann wohl keine Rede sein, werter Don Lope! Veranlaßt haben Sie schon gar nichts, weil Sie über meinen Verband gar keine Befehlsbefugnis haben. Das wäre ja auch noch schöner. Sie waren lediglich Gast bei mir an Bord, als meine Schiffe die Verfolgung Mardengos und des Engländers aufnahmen …“

      Jetzt fuhr Don Moreno wieder dazwischen. „Was für eines Engländers, zum Teufel! Ich denke, Mardengo hat das Fort überfallen? Kann mir einer der Señores endlich einmal einen klaren Bericht über die Geschehnisse geben? Bitte sehr, Don Augusto!“

      Der Generalkapitän hatte Oberwasser, sein rechtes Augenlid zuckte auch nicht mehr. Er hatte starke Bedenken gehabt, entgegen der Order auf eigene Faust im Golf von Mexiko auf Piratenjagd zu gehen, um den geraubten Schatz zurückzuerobern. Die Admiralität konnte in ihren Entscheidungen sehr eigen sein, und sie liebte es gar nicht, wenn Verbandsführer oder Generalkapitäne nach eigenem Gutdünken Aktionen unternahmen, die absolut nichts mehr mit dem ursprünglichen Auftrag zu tun hatten. Aber jetzt spürte er, daß Don Moreno, der Beauftragte der Admiralität, mehr auf seiner Seite stand als auf der Don Lopes. Tatsächlich – daran gab es gar nichts zu rütteln – war Don Lope de Sanamonte der eigentliche Sündenbock.

      Der Generalkapitän sagte: „Ich traf mit meinem Verband in Fort St. Augustine ein, als der Überfall Mardengos bereits stattgefunden hatte. Dieser Pirat hatte das Fort von der See- und gleichzeitig von der Landseite her angegriffen. Mit sehr schnellen und wendigen Einmastern hatte er fast alle Schiffe im Hafen zusammengeschossen und auch erhebliche Zerstörungen im Hafen selbst angerichtet, während ein starker Landtrupp in das Fort eindringen konnte. Merkwürdigerweise tauchte im Laufe des ganzen Kampfes eine recht große, gut armierte Galeone vor St. Augustine auf, die in den Kampf eingriff und die Mardengo-Bande in die Flucht jagte. Don Lope beging den Fehler, den Kapitän dieser Galeone als Befreier zu begrüßen. Der entwaffnete ihn jedoch, vereinnahmte die für Seine Majestät bestimmte Schatzladung, ließ sie an Bord seiner Galeone schaffen und segelte davon. Ich entschloß mich, die Verfolgung aufzunehmen, bei der es mir dann gelang, Mardengos Piratennest auszuheben und ihn, seine Mutter und fünfzehn Kerle seiner Bande gefangenzunehmen …“

      „Nachdem dieser verdammte Engländer bereits gute Vorarbeit geleistet hatte und über den Schlupfwinkel der Piratenbande hergefallen war, werter Don Augusto!“ knurrte Don Lope. „Und vielleicht sollten Sie auch erwähnen, daß es Ihnen zwar gelungen war, die Galeone des Engländers in Ihren Besitz zu bringen, was den Engländer aber nicht hinderte, Ihnen sein Schiff wieder abzunehmen und erneut zu verschwinden.“ Jetzt war Don Lopes Stimme voller Hohn. „Leider begingen Sie die Dummheit, die Schatzladung nicht sofort auf unsere Schiffe zu verfrachten.“

      Das rechte Augenlid des Generalkapitäns begann wieder zu zucken.

      „Dazu war gar keine Zeit!“ fauchte er. „Wir waren an Land in die Kämpfe mit den Piraten verwickelt. Und bitte sehr: Sie hätten sich ja mit Ihrem dicken Hintern auf die Ladung setzen können, um sie persönlich zu bewachen, nicht wahr? Aber statt dessen standen Sie auf dem Achterdeck herum und meinten, mir unmaßgebliche Ratschläge erteilen zu müssen.“

      „Dieser Einwand Don Augustos ist richtig“, sagte Don Moreno und blickte Don Lope tadelnd an. „Sie persönlich hätten die Ladung überwachen und unter Einsatz Ihres Lebens verteidigen müssen, nachdem das Schiff von Don Augusto erobert worden war. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, genau das! Dies um so mehr, weil Ihnen die Ladung bereits einmal geraubt worden war. Auf dem Achterdeck des Flaggschiffs herumzustehen und Ratschläge zu erteilen, halte ich dagegen für eine ziemliche Unverfrorenheit. Ein Generalkapitän und Geschwaderführer weiß selbst, was er zu tun hat. Er hat es nicht nötig, sich von einem Fortkommandanten belehren zu lassen, der selbst nicht einmal in der Lage war, sein Fort erfolgreich gegen einen Angreifer zu verteidigen, geschweige denn, die Güter Seiner Majestät zu bewachen, wie es seine Pflicht gewesen wäre. Das muß

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