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hart heran.

      Jetzt, nachdem sie den Golf von Tehuantepec hinter sich hatten, ließ Hasard die „Santa Barbara“ auf Westkurs gehen. Das hatte den Vorteil, daß sie raumschots segeln konnten. Der Dreiviertelwind fiel schräg von achtern ein. Dadurch wurde das Tantchen etwas schneller.

      Alle Augenblicke drehte sich jemand um und sah nach achtern. Solch ein Blick wurde jedesmal von einem harten Schlucken begleitet. Dabei vergingen selbst dem Profos seine Sprüche. Er zuckte zusammen und stieß Ben Brighton an.

      „Jetzt geht es erst richtig los“, sagte er beklommen.

      Eine riesige Feuersäule stieg senkrecht nach oben. Noch bevor sie den Scheitelpunkt in der qualmenden Schwärze erreichte, begann das wilde Brüllen und Grollen, als würde die Erde zerrissen und in ihre Bestandteile zerfallen. Diesmal wurden die glühenden Brocken extrem hoch und weit geschleudert. Tausende von Tonnen rotglutenden Gesteins fielen aus großer Höhe ins Meer. Wenn die Brocken aufschlugen, stiegen gigantische Wassersäulen auf, die dampfend und brodelnd nach oben strebten. Gleichzeitig legte sich über den Golf ein endlos langer Vorhang aus dichtem Nebel. Das Farbenschauspiel wurde immer schauriger, als die Natur sich in wilder Wut austobte.

      Meilenweit regneten kleinere Brocken ab. Mit häßlichem Sirren zischten sie durch die Luft – Feuerbälle, die Kanonenkugeln ähnelten, aber viel schneller und von größerer Durchschlagskraft waren.

      Jetzt heulten und pfiffen sie heran, beobachtet von Männern, denen das Grauen in den Gesichtern stand, denn sie waren dem höllischen Bombardement absolut hilflos ausgeliefert.

      Ein paar hundert Yards entfernt von der „Santa Barbara“ heulte ein glühender Lavabrocken ins Meer. Dampf zischte hoch, hinter dem eine gewaltige Wassersäule aufwuchs. Dann entstanden wie hingezaubert immer mehr Wassersäulen in der See.

      Die Seewölfe zogen die Köpfe ein. Mac Pellew verschwand mit einem wilden Satz unter einem Niedergang und duckte sich.

      Hasard hielt sekundenlang die Luft an, als sich der Feuerregen bis auf knapp zwei Kabellängen näherte. Wie gewaltige Kanonenkugeln rauschten die Brocken ins Wasser.

      Jeden Augenblick konnte das Schiff getroffen werden. Was dann geschah, mochte sich Hasard erst gar nicht ausmalen. Er hoffte nur inbrünstig, daß sie davon verschont blieben. Bei der wildbewegten See hätten sie nicht einmal das Boot aussetzen können, ohne daß es auf der Stelle gekentert wäre, ganz davon abgesehen, daß sie auch dann noch lange nicht in Sicherheit waren.

      Achteraus schlug es ebenfalls noch ein paar Male unter lautem Tosen ein. Ein Dutzend weiterer Wassersäulen stieg an Backbord aus dem Meer. Aber das waren nur noch kleinere Brocken.

      Als die „Santa Barbara“ wie durch ein Wunder vorerst verschont blieb, atmeten alle erleichtert auf.

      „Die ‚Santa Barbara‘ macht ihrem Namen alle Ehre“, sagte der Kutscher zufrieden. „Immerhin ist sie ja die Schutzheilige der Artillerie. Vielleicht haben wir deshalb den Feuerzauber so gut überstanden. Zudem ist sie noch die Schutzpatronin der Bergleute, der Gefangenen und der Glöckner.“

      „Der Glöckner auch?“ fragte Carberry. „Dann paßt ja alles bestens zusammen. Wir haben ja auch keins auf die Glocke gekriegt, und als Gefangene hat sie uns auch gut beschützt. Immerhin sind wir den Dons entkommen. Sie scheint ein braves Mädchen zu sein.“

      Er grinste schon wieder ein bißchen, der Profos, wenn es auch noch reichlich schief aussah.

      Das Meer rauchte immer noch an jenen Stellen, wo die glühenden Steine hineingeflogen waren. An manchen Stellen waren Nebelgespinste entstanden. Wie winzige kleine Inseln sahen sie aus.

      Der nächste Ausbruch erfolgte eine halbe Stunde später. Die Rauchsäule über der Ausbruchstelle war etliche Meilen hoch. Ganz oben war der Himmel von schwefelgelber Farbe, die sich jetzt auch auf das Meer auszuwirken begann. Es war nicht mehr tintenblau, es war grün und gelblich und an einigen Stellen tiefschwarz. Die immer höher steigende Aschewolke begann das Sonnenlicht zu verdrängen, bis ein diffus wirkendes Dämmerlicht entstand. Auch die paar Wolken hatten sich verfärbt und zogen unheilschwanger dahin.

      Nach dem Ausbruch hüllte sich der achteraus liegende Küstenbereich in undurchdringlichen Nebel. Lautes Zischen war zu hören, wenn das glühende Gestein im Meer verdampfte.

      Wieder sahen sie zum Himmel, wo es Feuer nach allen Seiten regnete. In die See schlug ein pausenloser Hagel kleinerer Trümmer. Es wirkte, als würden tausend Drehbassen gleichzeitig ihr gehacktes Blei und Eisen ins Wasser feuern.

      Als das Brüllen und Donnern verklang, war nur noch ein dumpfes Grollen zu hören.

      „Ich glaube, wir sind aus dem Gröbsten heraus“, sagte der Seewolf. „Die Glutbrocken werden uns nicht mehr erreichen. Wir bleiben vorerst auf Westkurs, um den Wind besser auszunutzen. Möglicherweise steht ja noch ein größerer Ausbruch bevor. Ich weiß es nicht, die Natur ist unberechenbar.“

      Pete Ballie blickte stirnrunzelnd auf den Kompaß. Dann kratzte er sich mit der linken Hand verblüfft den Schädel.

      „Das Ding spielt verrückt“, sagte er kopfschüttelnd. „Die Kompaßnadel benimmt sich wie damals vor Bornholm. Ob hier das gleiche Phänomen herrscht?“

      Hasard beugte sich ebenfalls über den Kompaß und beobachtete die Nadel, die in wilden Kreisen hin- und zurückschwang.

      „Vermutlich hängt das mit dem Ausbruch zusammen“, meinte er. „Das wird sich nach einer Weile sicher wieder legen.“

      Der Kompaß befand sich in einem hölzernen Gehäusekasten dicht vor dem Ruder, das wiederum fast unmittelbar vor dem Besanmast stand. Der Kompaß selbst war reich verziert und mit vielen Schnörkeln versehen. Es war noch ein älteres Modell und wirkte auf den ersten Blick sinnverwirrend.

      „Wenn wir uns auf der ‚Santa Barbara‘ erst einmal richtig umgesehen haben, dann werden wir den Kompaß umbauen und besser sichern“, meinte Hasard. „Die Dons sind mit diesem wichtigen Instrument viel zu sorglos umgegangen. Nicht einmal eine Abdeckung ist da. Vorerst aber haben wir andere Sorgen.“

      Die See ging immer noch hoch. Brausend rasten Wellen heran, die schräg von achtern aufliefen und über die Kuhl tobten, seit sie den Kurs geändert hatten.

      Nach zwei weiteren Stunden war das Land nicht mehr zu sehen. Nur eine unheimliche und riesige Rauchwolke stand über der Küste, ein gigantischer Pilz, der sich weiter und weiter ausdehnte.

      Am Nachmittag hatte sich das Meer wieder beruhigt. Aus den Wellen wurde eine langrollende Dünung. Aber das ferne Grollen war noch zu hören als Zeichen, daß die Erde bebte.

      Die Sonne war hinter einem Schleier aus graugelbem Dunst verschwunden. Sie glich einem verzerrten Ball. Ihre Strahlen waren nicht in der Lage, das diffuse Halbdämmer zu durchdringen.

      Sie segelten auf Westkurs weiter. Die Kompaßnadel hatte sich inzwischen beruhigt und pendelte nur noch leicht. Sie wollten soviel Abstand wie nur möglich zur Küste gewinnen, um nicht wieder in Gefahr zu geraten.

      Der Seewolf spielte auch mit dem Gedanken, auf diesem Kurs gleich weiter nach China zu segeln, denn aus diesem Grund waren sie ja mit der „Isabella“ und „Eiliger Drache“ aus dem Stützpunkt ausgelaufen.

      Allerdings hatte sich in der Zwischenzeit einiges geändert, was nicht einkalkuliert war.

      Zuerst aber mußten sie weg, denn da war der gewaltige Ausbruch, und da waren auch die Spanier, denen sie nicht wieder in die Hände fallen wollten.

      Aber dann kam doch alles wieder einmal ganz anders, als sie sich das vorgestellt hatten.

       2.

      Das Verhängnis begann bei ruhiger See mit einer harmlos erscheinenden Fumarole, einer Gas und Dampf aushauchenden unterseeischen Blase, die an der Oberfläche zerplatzte.

      Die „Santa Barbara“ bewegte sich nur noch langsam durchs Wasser. Aus der Backstagsbrise war inzwischen ein laues Lüftchen

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