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werden wir schon beobachtet“, sagte er so leise wie möglich.

      „Unmöglich“, wisperte einer der Männer hinter seinem Rücken. „Wir haben unsere Umgebung nicht aus den Augen gelassen, Capitán. Noch hat uns keiner bemerkt. Niemand ist uns nachgeschlichen.“

      Espronceda wandte sich halb zu ihm um. Es war der Bootsmann, der gesprochen hatte.

      „Ich weiß nicht“, flüsterte er ihm zu. „Hier gibt es hundert Augen und Ohren, die für uns unsichtbar sind.“ Sein Blick wanderte an den dunklen Mauern der Gasse auf und ab. „Wenn dem nicht so wäre, würde ich vorschlagen, wir warten noch, bis wir ganz sicher sein können, daß Chamal schläft. So aber halte ich es für besser, gleich loszuschlagen – ehe wir das halbe Dorf am Hals haben.“

      „Sehr gut“, raunte Narciso de Salomon, der sich jetzt ebenfalls umgedreht hatte. „Sie sind also einverstanden, die Hintertür des Hauses aufzubrechen, Capitán?“

      „Wenn sich Geräusche vermeiden lassen, ja.“

      „Nicht ganz, aber der Schiffszimmermann hat genug Werkzeug dabei“, flüsterte de Salomon. „Wir tun, was in unseren Kräften steht, um niemand aufzuwecken.“

      „Dann los“, sagte Espronceda und leitete mit diesen Worten ein Unternehmen ein, das in einigen wesentlichen Punkten so ganz anders verlaufen sollte, als sie sich ausgemalt hatten.

      Fausia hatte sich nun ganz ihrer Kleidung entledigt und streckte ihre Arme nach Kabil aus, um ihn an sich zu ziehen und zu küssen. Der Shilh war für kurze Zeit versucht, sich auf sie zu stürzen und sie zu nehmen, doch dann bezwang er seine Triebe und schärfte sich ein, ja nicht den Kopf zu verlieren.

      Nur an dem Schlüssel der Kammertür durfte ihm gelegen sein, an nichts anderem. Somit mußte sich sein Interesse dem Kleid der Frau zuwenden, denn am Leib trug sie den Schlüssel ja nicht. Gleichzeitig aber mußte er um jeden Preis verhindern, daß sie schrie, wenn er aus seinem Gefängnis zu fliehen versuchte.

      Ich werde sie fesseln und knebeln, dachte er, das ist der einzige Weg.

      Zunächst aber galt es, sie zu pakken und ihr den Mund zuzuhalten. Danach konnte er trachten, sie mit der einzigen Decke seines Lagers zu binden und ihr etwas zwischen die Zähne zu stopfen. Er mußte schnell und sehr entschlossen handeln und sie sofort sicher im Griff haben. Stärker als er war sie auf keinen Fall, doch sie konnte um sich schlagen, ihn treten und sich wieder losreißen.

      „Komm zu deiner willigen Fausia“, flüsterte sie. „Ich werde dich in die Geheimnisse Ägyptens einweihen. So etwas gibt es bei dir zu Hause in Marokko nicht.“

      Kabil hatte daran seine Zweifel, doch er hütete sich, mit ihr darüber zu diskutieren. Vorsichtig schob er sich auf sie zu und achtete genau darauf, wie sie die Hände hielt.

      Sie wollte ihm die Arme um den Hals schlingen, sich auf das Lager sinken lassen und ihn auf sich zerren, doch plötzlich schossen seine Hände hoch. Er packte ihre Schultern, drehte sie mit einem Ruck herum und riß sie an sich. Seine linke Hand preßte sich auf ihre Lippen, mit der Rechten hielt er sie in einem eisenharten Griff fest. Sie versuchte vergebens, mit den Beinen zu strampeln und um sich zu schlagen – sie konnte sich kaum noch rühren.

      Kabil wartete ein paar Atemzüge lang ab, dann warf er sie unvermittelt rücklings auf die Bettstatt. Ihren Mund hielt er immer noch zu, mit der anderen Hand jedoch fingerte er nach der Decke.

      Ehe sie recht wußte, wie ihr geschah, hatte er die Decke zusammengerafft und über sie geworfen. Er rollte sie darin ein, so daß sie sich nicht bewegen konnte, dann schleppte er sie zu der Stelle, an der ihr Kleid lag. Er zerrte sie von seinem Lager und hielt sie neben sich fest.

      Ihre Augen hatten sich vor Angst geweitet. Nicht im Traum hatte sie damit gerechnet, daß er sie angreifen würde. Sie war davon überzeugt gewesen, ihn allein mit dem Anblick ihrer weiblichen Reize überwältigen zu können.

      Das wäre auch fast geschehen, aber im letzten Moment hatte Kabil sich doch beherrschen können. Jetzt, da er sie gegen sich gepreßt hielt und mit der freien Hand in ihrer Kleidung wühlte, spürte sie Panik in sich aufsteigen. Sie wollte schreien, doch es wurde nur ein Würgen daraus, denn seine Hand drückte ihren Mund fest zu.

      Er bringt mich um, dachte sie mit zunehmendem Entsetzen. Sie bäumte sich auf und wollte die Bettdecke abwerfen, die sich wie eine Haut um ihren Körper wand, doch er ließ es nicht zu.

      Kabil hatte gefunden, was er suchte: den Schlüssel der Tür und ein seidenes Halstuch seiner Herrin. Er ließ den Schlüssel auf dem Steinfußboden liegen und knüllte das Tuch zusammen.

      Für einen winzigen Augenblick gab er Fausias Mund frei, dann aber steckte er ihr sofort das Tuch hinein. Anschließend fesselte er sie bis zum Kinn hinauf mit der Decke, so daß es ihr nicht gelang, den Knebel wieder auszuspucken.

      Er brachte seinen Mund dicht neben ihr rechtes Ohr.

      „Es tut mir leid, dich so zu behandeln“, flüsterte er. „Aber eigentlich hast du es ja nicht anders verdient. Du hattest recht, mir ist nur daran gelegen, aus diesem Haus zu fliehen. Du kannst mich nicht daran hindern. Was du Sabr, diesem räudigen Schakal, nachher erzählst, ist deine Sache. Hoffentlich legt er dich endlich mal übers Knie und haut dir deinen Hintern voll, das hast du nämlich verdient.“

      Er vergewisserte sich, daß sie sich nicht regen konnte, richtete sich auf und schlich zur Tür, den Schlüssel in der Hand.

      Natürlich würde sie sich irgendwann doch aus eigener Kraft befreien. Aber Kabil war sicher, bis dahin den Fluß erreicht und eins der Fischerboote genommen zu haben, die dort liegen mußten. Hatte er sich erst auf dem Wasser im Schutz der Dunkelheit davongestohlen, würde ihn so leicht kein Verfolger mehr finden.

      Er steckte den Schlüssel ins Schloß und drehte ihn um. Noch einmal wandte er sich zu Fausia um. Sie wagte nicht, sich zu bewegen, hatte immer noch Angst, er würde ihr etwas antun.

      So drückte Kabil vorsichtig die Tür auf, warf einen Blick in den angrenzenden Raum, in dem nur mit Mühe etwas zu erkennen war, und schob sich aus seinem Gefängnis.

      Sorgfältig schloß er die Tür wieder zu. Den Schlüssel steckte er weg, er wollte ihn im Freien wegwerfen, und zwar so, daß er unauffindbar war.

      Er war überzeugt davon, daß sich außer der Frau und ihm niemand im Haus befand. Sabr Chamal konnte nicht zurück sein, sie hätten ihn sonst hören müssen.

      Was das betraf, so irrte Kabil sich nicht. Dennoch war es sein Fehler, sich so sicher zu fühlen und seine nähere Umgebung kaum noch in Augenschein zu nehmen. Anderenfalls hätte er die Männer bemerken müssen, die mittlerweile eingedrungen waren und sich hinter Möbelstücken und Verbindungstüren versteckt hielten, seit sie sein Auftauchen bemerkt hatten.

      Kabil wollte zur Hintertür, doch er gelangte nur zehn Schritte weit. Jäh fuhr er herum, als er eine Bewegung hinter sich wahrnahm, doch es war zu spät. Gleich vier harte Hände packten ihn, er hatte keine Chance. Hätte er eine Waffe gehabt, wäre es vielleicht anders verlaufen, doch er hatte nicht einmal ein Messer und sich auch nicht die Zeit genommen, im Haus danach zu suchen.

      De Salomon und der Bootsmann waren es, die ihn an den Armen und Beinen festhielten und ihm obendrein den Mund zupreßten, wie er es kurz zuvor bei Fausia getan hatte. Santiago Espronceda und drei andere Männer traten aus ihren rasch gewählten Verstecken hervor.

      „Kein Licht entzünden“, zischte der Kapitän. „Wer ist der Kerl? Chamal?“

      „Der Beschreibung nach, die ich über ihn erhalten habe, kann er’s nicht sein“, sagte der Erste Offizier gedämpft. „Ich schätze, er ist der Sklave. Es ist wohl das beste, ihn gleich zu erledigen.“ Schon wollte er nach seinem Messer greifen.

      „Einen Augenblick“, sagte Espronceda. „Er kann uns verraten, wer sich noch im Haus befindet. Dann wissen wir wenigstens Bescheid und können uns darauf einrichten.“ Langsam näherte er sich dem Gefangenen.

      De Salomon gefiel dieser Entschluß nicht, doch

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