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Meinung nach wird er einen Kampfverband gegen die Schlangen-Insel zusammenstellen. Es wird kein Problem für uns sein, das zu beobachten.“

      Jussuf zuckte mit den Schultern. „Ich halte das ebenfalls für möglich, obwohl sich bis jetzt noch nichts in dieser Richtung getan hat. Dennoch scheint auch das schwarze Teufelsweib von der entsprechenden Reaktion des Gouverneurs überzeugt zu sein. Wie ich selbst mitgekriegt habe, wartet sie sogar voller Ungeduld darauf.“ Einem plötzlichen Einfall folgend, fügte er hinzu: „Es juckt einem wirklich in den Fingern, den Spieß einfach umzudrehen und Don Antonio einen Hinweis auf den derzeitigen Aufenthaltsort Caligulas und der Piratenschaluppe zu geben. Vielleicht würden sich alle Probleme dadurch lösen, und wir wären das Gesindel für alle Zeiten los.“

      Arne erhob sich und trat ans Fenster. Dabei verschränkte er die Hände hinter dem Rücken.

      „Dieser Gedanke bietet sich zwar an“, entgegnete er nach einem Augenblick des Nachdenkens, „aber ich halte ihn zur Zeit nicht für praktizierbar. Die Black Queen ist auf jeden Fall schlauer und raffinierter als Don Antonio samt seiner Clique. Außerdem läßt sie das Geschehen im Hafen ständig beobachten. Sobald sie eine Gefahr wittert, verschwindet sie und verholt sich in eins ihrer Verstecke, noch bevor es Don Antonio gelingt, einen Finger zu rühren. Zudem könnten wir nicht mit offenen Karten spielen und müßten ebenfalls auf anonyme Weise intrigieren. Anderenfalls würde man sich fragen, woher unser Wissen stammt.“

      „Da hast du völlig recht“, sagte Jörgen und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Wir sollten jetzt nichts überstürzen, denn wir dürfen auf Kuba genausowenig auffallen wie Caligula. Zwischen seinem Schicksal und dem unsrigen dürfte es wohl kaum einen Unterschied geben, wenn der Gouverneur jemals von unserer tatsächlichen Identität erfahren sollte.“

      „Mir geht Don Juan nicht aus dem Kopf“, fuhr Arne jetzt fort. „Von seinem Eingreifen würde ich mir noch die größten Chancen versprechen, und zwar im Hinblick auf die Queen und den Gouverneur. Mir scheint besonders wichtig, daß in erster Linie gegen Don Antonio Front gemacht wird, denn selbst wenn es uns gelänge, die Queen und Caligula ans Messer zu liefern, würde das am Wissen Don Antonios nichts ändern und ihn wahrscheinlich auch nicht davon abhalten, die Freunde auf der Schlangen-Insel anzugreifen. Die schwarze Piratin hingegen bildet mit ihren wenigen Schnapphähnen gegenwärtig keine unmittelbare Gefahr – zumindest, was einen direkten Angriff betrifft.“

      Was Arne da sagte, leuchtete seinen Gesprächspartnern voll und ganz ein.

      „Genauso ist es“, meinte Jussuf. „Wir dürfen jetzt wirklich nicht den Fehler begehen, die Black Queen als Hauptgefahrenquelle zu sehen. Die größte Bedrohung geht tatsächlich von unserem wohlgenährten Freund, dem Gouverneur, aus. Man müßte Don Juan gegen Don Antonio und seine Schergen mobilisieren.“

      Der Türke meinte damit – so paradox sich das auch anhören mochte – Don Juan de Alcazar. Der Spanier war von der spanischen Krone mit hohen Vollmachten ausgestattet worden, die ihn im Rang höher einstuften als den Gouverneur. Genaugenommen war er eine Art Menschenjäger, den Seine Allerkatholischste Majestät damit beauftragt hatte, Philip Hasard Killigrew zur Strecke zu bringen.

      Daß Don Juan bei den Seewölfen und ihren Freunden trotzdem in Ansehen stand, war auf seinen geraden Charakter, auf seine anständige und faire Art zurückzuführen. In gewissem Sinne hatte er sich den Respekt dieser Männer erworben, und zwar nicht etwa wegen seines eleganten Aussehens, sondern aufgrund seiner menschlichen Verhaltensweise. Was er tat, das tat er aus ehrlicher Überzeugung und nicht aus skrupelloser Berechnung wie der feiste Gouverneur, dessen korruptes Verhalten ihn selber mehr und mehr in Schwierigkeiten und Gewissensnöte brachte. Diese Geradlinigkeit Don Juans war es, die den Seewolf und seine Mannen hoffen ließen, ihn eines Tages „umdrehen“ zu können.

      Don Juan de Alcazar, der elegante Mann mit den schwarzen Haaren, den schiefergrauen Augen und dem energischen Kinn, spukte jetzt den drei Männern im deutschen Handelshaus von Havanna im Kopf herum.

      Jörgen legte die Stirn in Falten und trank von dem rumhaltigen Fruchtsaftgetränk, das sich auch bei den Einheimischen großer Beliebtheit erfreute.

      „Wenn es Don Juan gelänge, den Gouverneur seines Amtes zu entheben und vor ein Gericht zu stellen, wäre uns bereits geholfen“, erklärte er. „Kraft seiner weitreichenden königlichen Vollmachten müßte er das eigentlich tun können. Nur schade, daß er hier in Havanna über keinerlei polizeiliche Macht verfügt, denn die liegt ausnahmslos in den Händen Don Antonios und seiner Clique.“

      Arne von Manteuffel nickte zustimmend. „Leider ist es so. Don Juans Vollmachten sind hier auf Kuba nur ein Fetzen nutzlosen Papiers. Ich muß deshalb leider gestehen, daß mir aus dem Stegreif auch keine Patentlösung einfällt. Vorerst bin ich mir nur über eines im klaren: Wenn tatsächlich eine Kampfgruppe gegen die Schlangen-Insel ausläuft, müssen wir unsere Freunde rechtzeitig warnen, so daß sie sich dem Gegner bereits im Vorfeld zum Kampf stellen können. Die Verteidigung auf offener See ist einem heimtückischen Überfall unbedingt vorzuziehen.“

      „Daran gibt es keinen Zweifel“, sagte Jussuf und zupfte an seinem Schnauzbart herum. „Aber wir können trotzdem die Möglichkeit nicht ausschließen, daß daraus ein Kampf gegen ein vielköpfiges Ungeheuer wird. Wer immer auch erfährt, wo sich der legendäre Unterschlupf der Seewölfe und das Versteck ihrer Schätze befindet, der wird nicht ruhen, sich dieser Beute zu bemächtigen.“

      „Das siehst du völlig richtig, Jussuf“, sagte Arne. „Selbst wenn sich die Spanier blutige Köpfe holen würden, wüßte immer noch die Black Queen von der Position der Insel. Dadurch würde sich das Ganze im Kreise drehen, und die Schlangen-Insel wäre in ständiger Gefahr.“

      Die drei Männer saßen noch eine weitere halbe Stunde im Kontor zusammen, diskutierten und stellten Überlegungen an. In einem Punkt waren sie sich alle einig: Sie waren fest entschlossen, die Black Queen samt Caligula in die Hölle zu schicken, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergab. In bezug auf diese üble Sorte von Schnapphähnen vornehme Zurückhaltung zu üben, wäre selbstmörderische Dummheit, wie Arne das nannte. Der Mann aus Kolberg beendete schließlich das Gespräch mit einem Vorschlag.

      „Da die Sache noch Zeit hat“, sagte er, „sollte jeder von uns einen eigenen Plan entwickeln, auf welche Weise er einen tödlichen Schlag gegen die schwarze Piratin und ihre Kerle führen würde. Danach stimmen wir über den besten Vorschlag ab und einigen uns auf die Strategie, die uns am wirksamsten erscheint. Das verhindert auf alle Fälle, daß wir aufgrund mangelhafter Überlegungen Fehlentscheidungen treffen.“

      Dieser Vorschlag wurde von Jörgen und Jussuf begrüßt.

      „Sollen wir die Späher der Queen weiter im Auge behalten?“ wollte der Türke noch wissen.

      „Ich glaube, wir können zunächst darauf verzichten“, antwortete Arne. „Wir wissen ja jetzt, wo sich die Bande versteckt hält.“

      Die Männer tranken einander zu. Sie waren trotz der düsteren Schatten, die drohend am Horizont heraufzogen, zuversichtlich. Es würde ihnen schon etwas einfallen, daran zweifelten sie keinen Augenblick.

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