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vom Gelächter der Mannen, und auch Hasard sah ein, daß es keinen Zweck hatte, seinen Profos zur Ordnung zu rufen. Der war viel zu sehr in Rage, dem war der Kragen geplatzt – und er erreichte auch was.

      Denn er verhagelte den Kameltreibern das Gebet. Zwar gehörte sich das nicht, denn man hatte das Sichversenken in Andacht eines Gläubigen nicht zu stören, aber mittlerweile wußte jeder Arwenack, daß diese Kerle nur heuchelten, beziehungsweise sich einen Jux daraus machten, den Schleppzug zu unterbrechen und die erzwungenen Pausen in die Länge zu ziehen.

      Also, die Gebetsstunde war gestört. Sobald die Kerle losleiern wollten, dröhnte Carberrys Organ so laut, daß sogar die Kamele unruhig wurden und tückisch zu schielen begannen. Sonst schliefen sie bei dem Leiergang immer ein und hielten ein Nickerchen.

      Hamid Saih hüpfte von seinem Teppich hoch, schüttelte die Fäuste und schrie etwas zu Carberry hoch.

      „Er soll damit aufhören“, übersetzte Philip junior feixend den Mannen auf dem Achterdeck.

      Carberry war auch aufgestanden und ans Schanzkleid getreten. Er hielt die rechte Hand schaufelartig hinters rechte Ohr und schrie: „Was sagst du? Kann dich nicht verstehen, du Sohn einer verlausten Kamelzecke!“

      Hasard junior enterte auf die Back.

      „Du störst ihre Gebete, Mister Carberry, Sir. Er will, daß du schweigst“, sagte er.

      „Dann sag ihm, daß ich auch das Recht habe, zu beten, und ich will, daß die Kerle mit ihrem Gelaber aufhören, weil mich das stört“, erklärte der Profos grinsend.

      Hasard junior übersetzte.

      Hamid Saids Raubvogelgesicht erlitt Zuckungen, und dann schien er Bannflüche zu schleudern.

      Hasard junior erläuterte: „Er sagt, Allahs Blitz werde dich treffen und von Kopf bis Fuß versengen, daß nur noch Asche bleibe. Und die Asche werde der Wind in die Wüste blasen. Auch deine Söhne und Enkel seien verflucht und wiederum deren Söhne und Enkel, denn Allah sei groß und Mohammed sein Prophet.“

      Carberry schnaufte verächtlich. „Sag ihm, ich sei ein Löwe, den das Gekläffe eines Köters nicht kümmere – so wenig wie den Adler das Gekrächze der Krähen oder den Fels das Gesumme einer Mücke. Er sei ein Schwätzer, dem Allah leider ein zu großes Maul geschenkt habe, aber das sei leicht zu stopfen, und das werde auch Allahs Blitz nicht aufhalten.“

      Hamid Saih vernahm Carberrys Antwort, starrte finster vor sich hin und schien nachzudenken. Dann entschied er auf die sowieso gestörte Betstunde zu verzichten und weiterzutreideln. Jedenfalls rollten die Kerle ihre Teppiche zusammen und kehrten zu den Kamelen zurück.

      Hamid Saih schrie etwas zum Achterdeck.

      „Wir sollen den Anker hieven“, sagte Philip junior.

      „Nichts lieber als das“, sagte Vater Hasard lächelnd.

      Smoky und seine Truppe waren nicht mehr ganz so trübe. Der Anker wurde kurzstag gehievt, brach aus dem Grund und wurde wieder an Bord geholt. Die Kamele zogen an, der Schlepp ging weiter.

      „Na also“, sagte Carberry zufrieden.

      „Allah war mit dir, Mister Carberry, Sir“, sagte Hasard junior grinsend.

      „Er hat mich erleuchtet“, entgegnete der Profos und knautschte an seinen Hosen herum. Sie waren schon fast wieder trocken. Er kniff die grauen Augen zusammen und blickte den Junior an. „Sag mal, mein Sohn, bist du sicher, daß wir auf dem richtigen Kurs liegen?“

      „Immer nach Norden, Sir“, erwiderte Hasard junior. „So steht es in den Unterlagen.“

      „Nimm mal an, die seien aus irgendwelchen Gründen gefälscht.“

      Hasard junior schüttelte den Kopf. „Warum sollten sie? Der Mann, der sie niederschrieb, war alt und ging dem Tod entgegen. Ist es nicht so, daß man dann eher beichtet und die Wahrheit niederschreibt, statt mit einer Lüge das Leben zu beenden?“

      Carberry nickte. „Gute Antwort. Da stimme ich dir zu. Dann bleibt zu fragen, ob wir auch nächstes Jahr noch am Treideln sind – bei dem Schneckentempo. Was meinst du?“

      „Weiß ich nicht“, sagte Hasard junior. „Aber wenn wir nächstes Jahr noch am Treideln sind, dann lohnt sich die Route nicht, jedenfalls nicht stromaufwärts. Wenigstens das wissen wir dann.“

      „Auch ein Trost“, murmelte der Profos ein bißchen erschüttert.

      Am Abend dieses Tages wurde wieder eine Flußbucht erreicht, in der sie für die Nacht den Heckanker setzten. Immerhin – auch auf die Gebetpause am Nachmittag hatten die Kameltreiber verzichtet, was sie jetzt nachholten, nachdem sie die Kamele ausgeschirrt hatten.

      Da für heute Feierabend war, verzichtete Carberry darauf, den Kerlen die Gebetstunde zu vermiesen, obwohl ihn das Fell juckte. So schaute er nur grinsend zu, wie sich die Kerle nach Mekka verneigten und ihre Suren herunterleierten. Den giftigen Blick von Hamid Saih ignorierte er.

      Später saßen die Kerle an Land um ein Feuer aus Kamelmist, dessen stinkender Rauch auch nicht die wahre Freude war, vor allem dann, wenn der Wind so stand, daß die „Santa Barbara“ eingenebelt wurde.

      Außerdem wußten die Kerle sehr genau, wo sie die Feuerstelle anlegen mußten, damit der Rauch zur „Santa Barbara“ zog. Das war heute der Fall, und sie verheizten mehr als sonst, woraus zu schließen war, daß sie auf dem Pfade der Rache wandelten.

      Hasard setzte mit seinen beiden Söhnen an Land, um Hamid Saih auszuhorchen. Dan O’Flynn begleitete sie.

      Die Zwillinge dolmetschten, und Hasard ließ höflich fragen, ob man sich dazusetzen dürfe. Er habe ein paar Fragen an Hamid Saih.

      Das wurde gestattet, wenn auch ziemlich muffig. Die Kerle sahen alle nicht sehr freundlich aus. Hasard vermutete, daß sie wegen Carberrys Gebetvorstellung sauer waren. Es stimmte.

      Denn Hamid Saih sagte finster: „Dein Narbenmann hat Allah beleidigt, Kapitän.“

      Über Hasard junior erwiderte Vater Hasard! „Der Narbenmann hat gebetet. Das ist sein gutes Recht. Ihr tut es ja auch – wie es euer Recht ist.“

      „Er hat uns nachgeäfft.“

      „Ich schreibe niemandem vor, auf welche Art er sein Gebet verrichtet“, sagte Hasard kühl. „Wenn er auf eure Art betet, dann ist das seine Sache. Ich habe das zu respektieren.“

      „Er hat sich für seinen Frevel bei uns zu entschuldigen“, verlangte Hamid Saih. Er wirkte verbissen.

      „Jetzt hör mir mal gut zu, mein Freund“, sagte Hasard scharf. „Erstens hat sich der Narbenmann für gar nichts zu entschuldigen. Zweitens habe ich euch bezahlt, um uns dabei behilflich zu sein, unser Schiff stromauf zu treideln. Aber nicht dafür, mich von euch zum Narren halten zu lassen. Ihr legt es darauf an, den Tag zu vertrödeln und den Marsch stromauf in die Länge zu ziehen. Fünf Stunden des Tages gehen mit Pausen verloren, obwohl die Kamele noch frisch sind. Das nehme ich nicht mehr hin. Drittens: Wenn euch das nicht paßt, dann könnt ihr auf der Stelle abziehen. Die Kamele bleiben hier. Entscheide dich – jetzt sofort!“

      „Der Prophet Mohammed hat uns geboten, fünfmal am Tage zu beten“, sagte Hamid Saih.

      „Dagegen ist nichts einzuwenden“, erwiderte Hasard, „aber das werdet ihr in einer halben Stunde tun, nicht eine Stunde lang, in der ihr nur herumtrödelt. Außerdem werdet ihr eure schlafmützige Gangart einstellen und schneller treiben. Ist das klar?“

      „Die Kamele haben ein schweres Schiff zu ziehen“, sagte der schlitzohrige Kerl.

      „Erzähl mir nichts!“ fuhr ihn Hasard an. „Wir sind mit Kamelen den Vater der Ströme, den Nil, flußaufwärts getreidelt, aber wesentlich schneller. Wir haben keine Lust, auf dem Tigris zu überwintern. Also?“

      Hamid Saih hatte verblüfft zugehört. Jetzt fragte er: „Ihr seid den Nil stromaufwärts gezogen?“

      „Ich

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