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Philip und Hasard Killigrew zu einer Woche Kombüsendienst verurteilt, außerdem während dieser Woche kein Aufenthalt an Deck. Ich will, daß du das verdammt genau überwachst, Mister Carberry.“

      „Aye, aye, Sir“, erwiderte der Profos grollend, „habe mir schon so was gedacht, als die beiden kleinen Halunken wie ein geölter Blitz in der Kombüse verschwanden. Aber sie wollten es sich beim besten Willen nicht aus der Nase ziehen lassen, wie du ihnen die Leviten gelesen hast, Sir.“

      Hasard grinste.

      „Ich denke, sie haben es begriffen. Vorerst brauchen wir wohl nicht zu befürchten, daß sie auch noch Arwenack das Fliegen beibringen.“

      Die Männer an Deck brachen in schallendes Gelächter aus, und auch Ed Carberry stimmte mit seinem dröhnenden Organ ein.

      Arwenack, der Schimpanse, lugte mit neugierigen Augen aus dem Großmars. Das war einer seiner Lieblingsplätze, den er wie gewohnt mit Bill, dem Moses der „Isabella“ teilte. Als das Gelächter verebbte, stieß Arwenack ein helles Keckern aus, als habe er verstanden, daß von ihm die Rede gewesen war.

      Die Galeone lief nach wie vor gute Fahrt. Der Nordost blies unverändert handig und stetig, und auf Kurs Südsüdwest segelnd, schob die „Isabella“ einen dicken weißen Bart als Bugwelle vor sich her. Der Gesang, den der Wind in Wanten und Pardunen hervorrief, vereinte sich mit dem Knarren von laufendem und stehendem Gut zu jener gewohnten Geräuschkulisse, die gutes Wetter bedeutete und von jedem Seemann geschätzt wurde.

      Hasard stieg über den Niedergang zum Achterkastell hinauf.

      Noch bevor er die letzten Stufen hinter sich brachte, zerschnitt ein heller Ruf die gleichförmigen Geräusche.

      „Deck!“ schrie Bill, wobei er sich weit über die Segeltuchverkleidung des Großmarses beugte. „Land in Sicht! Steuerbord voraus!“

      Die Männer auf der Kuhl sprangen auf und liefen zum Schanzkleid. Aber noch war von dort mit bloßem Auge nichts weiter zu erkennen als ein schwacher Streifen über der Kimm, der ebensogut aus Dunst bestehen konnte.

      Hasard schnappte sich seinen Kieker und spähte in die von Bill angegebene Richtung. Die brillante Optik lieferte ein gestochen scharfes Bild. Und es handelte sich keineswegs nur um einen Dunststreifen. Bill hatte bewiesen, daß er hervorragende Augen besaß.

      Diese Küstenlinie schien aus dichtem tropischem Grün zu bestehen. Soviel war schon jetzt klar.

      Der Seewolf ließ das Spektiv sinken.

      „Was meinst du, Ben?“

      Der erste Offizier der „Isabella“ setzte gleichfalls sein Spektiv ab. Ben Brighton war ein untersetzter und breitschultriger Mann mit dunkelblondem Haar. Auch äußerlich strahlte er jene Ruhe aus, die seinem Charakter entsprach.

      „Ceylon“, sagte Ben, „daran gibt es für mich keinen Zweifel. Auf unserem Kartenmaterial sind jedenfalls keine vorgelagerten Inseln eingezeichnet.“

      Hasard nickte.

      „Die Nordostküste soll ziemlich dünn besiedelt sein, meist sogar menschenleer. Ich denke, wir werden eine geeignete Stelle finden, um unsere Trinkwasservorräte zu ergänzen.“

      „Frischfleisch wäre auch nicht zu verachten“, fügte Ben Brighton hinzu. Er sah den Seewolf mit einem forschenden Seitenblick an. „Rechnest du mit Portugiesen oder Spaniern?“

      „Ausschließen kann man das nicht.“ Hasard zuckte mit den Schultern. „Andererseits sollen sie bis in die nordöstlichen Breiten der Insel noch nicht vorgedrungen sein. Aber ich bin auch in der Beziehung nicht sicher. Was wir gehört haben, ist sicherlich nicht der neueste Stand. Und da Philipp II. sich offiziell auch als König von Ceylon titulieren läßt, könnte ich mir vorstellen, daß er der Insel besonderes Interesse widmet. Wir müssen also auf Überraschungen gefaßt sein.“

      Ben Brighton nickte bedächtig. Vorerst bestand kein Anlaß, den Kurs zu ändern, denn sie waren noch ausreichend weit von der legendenumwobenen Insel entfernt. Weit genug, um einer etwaigen Konfrontation mit den Dons rechtzeitig auszuweichen.

      Die meisten Seefahrer kannten jene aufregenden Geschichten, die über Ceylon erzählt wurden. Danach konnte man sich diese Insel als das wahre Paradies auf Erden vorstellen. Denn „Ceylon“, dieses von muslimischen Händlern geprägte Wort, bedeutete nichts anderes als „Insel der Freude“. Jeder Seemann verfügte über genügend Phantasie, um für sich selbst auszumalen, welche Art von Freuden damit gemeint sein konnten.

      Nun hatten aber Händler meist andere Interessen als ein Decksmann, dessen einzige Verantwortung sich darauf bezog, Orders der Schiffsführung zu befolgen. Möglicherweise waren eben jene Händler vor allem deshalb außer sich vor Freude gewesen, weil sie bei ihren ersten Landungen auf Ceylon insbesondere ein kaufmännisches Paradies entdeckten. Da gab es schillernde Berichte über den Reichtum dieser Insel. Es hieß, in der Luft läge ein ständiger Duft von Gewürzen, hauptsächlich von Zimt. Welche immense Bedeutung das hatte, vermochten naturgemäß besonders die Kaufleute zu ermessen.

      Denn in diesen Jahren, in denen Europäer die ersten wichtigen Handelsrouten nach Südostasien erschlossen, konnte man zunächst nur ahnen, welche unvorstellbaren Ausmaße der Gewürzhandel später einmal annehmen sollte. Fest stand aber schon jetzt, daß die fernöstlichen Gewürze nie gekannte Möglichkeiten bieten würden – besonders in Europa, wo man jahrhundertelang nichts Vergleichbares gehabt hatte, um Lebensmittel schmackhafter zuzubereiten.

      Aber auch Rubine, Saphire und kostbare Perlen sollte es auf Ceylon im Überfluß geben. Marco Polo hatte in einem seiner Reiseberichte behauptet, auf Ceylon einen Rubin gesehen zu haben, der die Größe eines Handtellers und die Stärke eines Menschenarms gehabt hätte. Es hieß aber auch, daß Seefahrer die „Insel des Glücks“ seit mehr als eintausendfünfhundert Jahren kannten. Von der Stadt Galle, im äußersten Südwesten gelegen, sagte man, daß dies das biblische „Tarschisch“ sein müsse, wo Salomos Schiffe Gold und Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen gefunden hätten.

      Philip Hasard Killigrew verspürte indessen kein Verlangen, auf Ceylon nach abenteuerlichen Geschäftsmöglichkeiten zu suchen. Die vereinten Königreiche von Spanien und Portugal hatten hier längst ihr Terrain abgesteckt, und bei dieser derzeitigen Situation war es für eine einzelne britische Galeone höchst riskant, in die von den Dons beherrschten dichter besiedelten Gebiete an der Westküste vorzudringen.

      Ohnehin hatte der Seewolf längst beschlossen, so bald wie möglich den Indischen Ozean zu durchsegeln, um das Kap der Guten Hoffnung und darauf den Atlantischen Ozean zu erreichen.

      Während er die Küste Ceylons beobachtete, die sich mehr und mehr aus dem Dunst schälte, ahnte er noch nicht, daß es keineswegs bei dem geplanten kurzen Aufenthalt zur Aufbesserung der Vorräte bleiben würde. de.

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