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sollen wir tun, Tuareg?“ fragte einer der Piraten.

      „Du fragst den falschen Mann“, erwiderte Don Bosco anstelle des Mannes mit dem schwarzen Turban. „Euer Muselmann hat nichts mehr zu sagen.“

      Die Hand des Herrschers von Tortuga fuhr hinunter zur Hüfte, und plötzlich hielt er ein langes Stilett in der Rechten, das aussah, als sei es ein gekürzter Degen.

      Der Tuareg reagierte schnell, aber nicht schnell genug für Don Bosco. Noch ehe der Muselmann seinen Krummdolch aus der Scheide hatte, bohrte sich das spitze Ding in seine Brust. Don Bosco hatte es aus der Bewegung, mit der er es aus dem Gürtel gezogen hatte, sofort auf den Tuareg zugeschleudert.

      Pablo und Nuno hielten plötzlich Pistolen in den Händen, und von der Bucht herüber ertönte das Krachen einer Kanone. Wenig später schlug etwa fünfzig Yards von den Männern eine Kugel in eine der Hütten ein, in denen die Piraten des Tuaregs hausten.

      Es gab keinen unter den Piraten, der seine Waffe gegen Don Bosco erhoben hätte. Alle starrten auf ihren ehemaligen Anführer, der langsam in die Knie sank. Es gelang ihm noch, sich das Stilett aus der Brust zu ziehen, bevor er nach vorn aufs Gesicht schlug.

      Don Bosco trat auf ihn zu und drehte ihn mit dem Fuß auf den Rükken. Er starrte in gebrochene Augen. Er winkte einem der Piraten und befahl ihm, das Stilett aufzuheben und zu säubern.

      Der Mann befolgte den Befehl umgehend, und als Don Bosco den anderen erklärte, daß nun alles unter seinem Kommando stand, wagte niemand einen Widerspruch.

      „Bereitet alles auf den Aufbruch vor“, sagte er. „Wir segeln morgen mit dem ersten Licht. Ihr könnt stolz sein, daß ihr mit zu den ersten gehört, die Don Boscos Macht zu einem neuen Höhepunkt führen. Wir werden diesmal die Schlangeninsel erobern. Unermeßliche Schätze lagern dort, und jeder von euch wird an der Prise beteiligt werden. Wir werden die alleinigen Herrscher der nördlichen Karibik sein, und der Teufel soll mich holen, wenn die Spanier nicht in kürzester Zeit von diesen Inseln vertrieben werden.“

      Die Männer johlten Zustimmung. Der Tod ihres alten Anführers berührte sie nicht. Hauptsache, sie würden weiterleben, und wie es aussah, versprach Don Bosco ihnen größere Beute als der Tuareg.

      „Wie ich diese Muselmänner kenne, hat der Kerl doch sicher einen Haufen Weiber gehabt, oder?“ fragte Pablo einen der Piraten.

      Der Mann nickte hastig. Er wies auf ein schwarzes Zelt, dessen Spitze die Hüttendächer überragte.

      „Er lebte dort in dem Zelt“, erwiderte er hastig. „Ihr werdet sieben Frauen dort finden.“

      Pablo grinste Don Bosco an.

      „Dann sollte wenigstens je eine für mich und Nuno übrig sein, Don Bosco“, sagte er vorsichtig.

      Don Bosco nickte gönnerhaft.

      „Aber ich werde sie euch aussuchen“, erwiderte er.

      „Hoffentlich hatte der Tuareg keinen absonderlichen Geschmack“, murmelte Pablo, der daran dachte, daß es viele Muselmänner gab, für die eine Frau erst eine richtige Frau war, wenn sie über zwei Zentner wog.

      4.

      Scarface Callaghan sah Lama neben sich und hörte das helle Klirren, mit dem etwas am Schanzkleid zersplitterte. Lama stieß einen Schrei aus und konnte sich nicht mehr halten. Rücklings stürzte er, krachte mit dem Rücken auf den Rand des Floßes und klatschte dann ins Wasser.

      Für einen Moment zögerten die anderen, aber Callaghan trieb sie mit einem leisen Fluch weiter. Er sah noch, wie sich das Floß, mit dem sie sich der Galeone hatten unbemerkt nähern können, langsam abtrieb, aber dann mußte er sich voll auf das konzentrieren, was vor ihm in der Kuhl der Galeone geschah.

      Der Schreck fuhr ihm in die Glieder. Der Mond war Sekunden, bevor sie die Köpfe über das Schanzkleid gestreckt hatten, hinter einer dichten Wolkenbank hervorgekrochen, und die drei Figuren, die von der Steuerbordseite herüber auf sie zurannten, sahen mit ihren schwingenden Armen, in denen sie Waffen hielten, wie Sendboten aus einer anderen Welt aus.

      Scarface Callaghan konnte noch einen Moment denken, daß sie zum Glück in mehr als dreifacher Überlegenheit waren, selbst wenn Lama ausgefallen war, dann war ein großer Schatten vor ihm, und ein Belegnagel sauste auf ihn nieder.

      Er konnte sich gerade noch zur Seite werfen und mit einem Hechtsprung über das Schanzkleid rollen. Der Belegnagel krachte dicht neben ihm auf Holz und hinterließ einen hohlen Ton.

      Callaghan feuerte seine Pistole ab, obwohl er seinen Männern verboten hatte, ihre Schußwaffen zu gebrauchen. Aber in diesem Augenblick hatte er alles vergessen. Er wußte nur, daß ihre Übermacht nicht den Effekt hatte, den er erwartete. Er sah, wie die Kugel aus seiner Pistole das Ziel verfehlte. Die Mündungsflamme leuchtete das glänzende Gesicht eines Schwarzen aus, dessen Augen wild rollten.

      Wieder sauste der Belegnagel in der Hand des Schwarzen nieder, und diesmal traf er die Schulter Callaghans, die sich plötzlich taub anfühlte.

      Callaghan brüllte seinen Schmerz hinaus. Eine Stimme, die aus den Wanten zu kommen schien, antwortete mit einem ähnlichen Schrei, und Callaghan glaubte, die Hölle hätte sich gegen ihn verschworen.

      Er rollte über die Planken des Decks, stieß gegen ein aufgeschossenes Tau und jaulte, als er auf seine gelähmte Schulter fiel. Er warf dem Neger, der herumgewirbelt war und einem anderen Piraten mit dem Holz ins Reich der Träume schickte, seine Pistole entgegen.

      Sie traf den Riesen gegen die Brust und ließ ihn taumeln.

      Mit einem Sprung war Scarface Callaghan wieder auf den Beinen. Seine gelähmte linke Schulter ignorierte er. Das Klirren von Degen- und Säbelklingen drang wie durch eine dichte Wand aus Watte an seine Ohren, in denen es rauschte, als stünde er unter einem Wasserfall. Aus den Augenwinkeln sah er, wie ein Mann der drei Bordwachen wie ein Berserker unter seinen Leuten wütete. Der Kerl hielt eine gekürzte Pike in den Händen und stach damit zu wie eine zuschnappende Schlange. Drei Männer wälzten sich schreiend auf den Planken, und es sah nicht so aus, als ob sie sich wieder erheben würden.

      Callaghan schwante plötzlich Schlimmes. Er wußte, daß er sich verrechnet hatte. Er hätte seine kleine Streitmacht niemals aufteilen dürfen. Wenn er die Männer, die jetzt vielleicht ebenso wie sie die Galeone mit den roten Segeln geentert hatten, hier bei ihnen gewesen wären, hätte vielleicht alles ein gutes Ende nehmen können, aber so …

      Noch konnte er den Angriffen des Schwarzen, der tatsächlich keine andere Waffe als den Belegnagel zu haben schien, ausweichen, aber nur, weil sich der Neger auch noch Curly McBrides zu erwehren hatte, der immer wieder mit seinem Entermesser auf ihn eindrang.

      „Curly, hinter dir!“ brüllte Scarface, als er sah, daß der dritte Mann, der gerade einen Gegner zu Boden geschickt hatte, sich auf den Schotten werfen wollte.

      Curly McBride, der wegen seines fehlenden Haares neckisch Krausschopf genannt wurde, versuchte, sich zur Seite zu werfen. Mit dem Erfolg, daß sein eckiges Kinn mit dem Belegnagel des Negers zusammenstieß. Mit einem urigen Laut brach der Schotte zusammen und krachte auf die Planken, daß das Schiff in seinen Fugen erzitterte.

      Scarface Callaghan sah sich plötzlich zwei Männern gegenüber. Hatten sie Zeit, sich beide um ihn zu kümmern? Was war mit seinen Kumpanen? Er warf einen kurzen Blick an dem Neger vorbei und sah, daß nur noch Zambo Jones, der Indianermischling, und Shaggy Boone auf den Beinen waren. Um sie kümmerte sich der Mann mit der gekürzten Pike, und es sah nicht so aus, als hätte er auch nur eine Spur Angst davor, gegen zwei Gegner auf einmal kämpfen zu müssen.

      Curly McBride regte sich auf den Planken. Im Mondschein war deutlich zu erkennen, wie eine prächtige Beule auf seiner spiegelnden Glatze zu wachsen begann. Er hob seinen Kopf und starrte mit halb glasigen Augen Callaghan an, der wie eine in die Enge getriebene Ratte aussah und die rechte Hand mit seinem Säbel den beiden Angreifern entgegenstreckte.

      Der Belegnagel des Negers sauste auf Curly McBrides Glatze

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