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daher auch auf warme Worte. Er sagte überhaupt nichts, sondern blickte den Capitán nur einmal flüchtig an, was den bis zur Weißglut reizte.

      „Ihr da!“ brüllte er. „Ihr habt keine Flagge gesetzt! Wie heißen die Schiffe, welcher Nationalität gehört ihr an? Ich will eine Antwort haben, sonst lasse ich euch aufbringen. Wer sind Sie?“ brüllte er noch lauter und sah Hasard dabei an.

      Solche geschniegelten und anmaßenden Kerle gingen Hasard stets runter wie ranziges Öl. Der Blick seiner Augen wurde noch eisiger.

      Der Capitán holte tief Luft. Aus funkelnden Augen blickte er nach oben zum Achterdeck.

      „Woher und wohin des Wegs?“ rief er. „Wer sind Sie?“

      Daß dieser schwarzhaarige Riese nicht kuschte und in sich zusammenkroch, erboste ihn immer mehr. Er fuchtelte aufgeregt mit den Armen.

      Hasard brüllte im gleichen Tonfall zurück: „Ich bin der Radschah von Kalikut! Von Indien segelnd auf Pilgerfahrt zur Audienz Papst Clemens des Dritten nach Italien!“

      Die Antwort verblüffte die Seesoldaten, den Capitán regte sie jedoch so auf, daß er zornig einen Schritt vorsprang und in seiner Aufregung fast über Bord fiel. Erst ganz dicht vor dem niedrigen Schanzkleid fing er sich, wobei er wild mit den Armen ruderte.

      Die anderen waren jetzt noch mehr am Grinsen. Luke Morgan feixte niederträchtig, griff mit beiden Händen nach seinen Ohren und zog sie so vom Schädel ab, daß sie wie zwei Topflappen wirkten. Dazu streckte er die Zunge raus und brüllte: „Uäääähhhh!“

      Der Capitán war drauf und dran, seine Autorität bei den Seesoldaten einzubüßen. Dieses Pack nahm ihn nicht für voll, denen mußte wohl erst eine harte Lektion erteilt werden, damit sie begriffen, wer hier zu befehlen und wer zu gehorchen hatte.

      Sein Gesicht war jetzt knallrot. Er war so empört, daß er sich kaum beherrschen konnte.

      „Drehen Sie bei!“ schrie er unbeherrscht. „Stoppen Sie! Beide Schiffe werden untersucht. Das ist ein Befehl!“

      Der Befehl schien die Kerle noch mehr zu erheitern. Sie begannen schallend zu lachen und kriegten sich nicht mehr. Auch der schwarzhaarige Kerl auf dem Achterdeck lachte. Aber es war ein verächtliches Lachen, das hörte der Capitán deutlich heraus. Dann winkte er mit der Hand ab und segelte weiter, als sei nichts geschehen.

      Fassungslos vor Wut brüllte der Capitán weitere Befehle. Die Schaluppe drehte leicht ab und hielt jetzt Kurs auf den düsteren Zweidecker, der im Kielwasser der Galeone segelte.

      Für den Profos Edwin Carberry war die Szene erheiternd. Auch auf der „Caribian Queen“ grinsten die Kerle unverschämt und schienen sich prächtig zu amüsieren.

      „Seht euch dieses aufgeblasene Rübenschwein an“, sagte der Profos. „Das Würstchen will hier befehlen. Dem sollte man mal gründlich die Haut in Streifen von seinem Affenarsch abziehen.“

      „Genau!“ brüllten die Kolberger und Arwenacks.

      Die Seewölfe kannten Eds Lieblingsspruch zur Genüge, die Kolberger dagegen hörten ihn nur sehr selten, und so begrüßten sie lautstark und freudig des Profos honorigen Vorschlag.

      Interessiert wurde die heransegelnde Schaluppe mit dem aufgebraßten und erbosten Capitán gemustert.

      In Dan O’Flynn kochte es bereits, weil sich der Kerl in überheblichem Ton anmaßte, die Schiffe zu untersuchen. Woher nahm er eigentlich das Recht, friedliche Handelsfahrer zu stoppen?

      Jetzt segelte die Schaluppe noch näher heran. Der Kerl an der Ruderpinne erhielt von dem Capitán alle Augenblicke laut gebrüllte Befehle, wie er gefälligst zu segeln habe.

      „Das sieht aus, als habe er die Absicht, bei uns an Bord zu klettern“, sagte Dan zu Ferris Tucker. „Der ist wohl nicht mehr normal, der Spinner.“

      „Die Absicht hat er zweifellos, Dan. Der Kerl kocht vor Zorn. Der kriegt es fertig und versucht, den Grinsern eine Lektion zu erteilen.“

      „Drehen Sie bei und stoppen Sie sofort!“ schrie der Don wieder.

      Er hob die Faust und drohte Dan O’Flynn mit wütender Geste.

      „Aus dem Kurs!“ rief Dan auf Spanisch zurück. „Ich fordere Wegerecht. Wir wollen ebenfalls zur Audienz zum Papst nach Italien.“

      Den Capitán warf diese neuerliche Ungebührlichkeit fast um. Zu allem Überfluß grinsten und lachten sich die Kerle krank. Sie veralberten ihn, um es ganz klar auszudrücken, und sie veralberten ihn derart, daß er vor Zorn kaum noch Luft kriegte.

      Er ließ die Schaluppe stur Kurs halten, wobei eine Ramming unvermeidbar schien. Mit krebsrotem Gesicht blickte er nach oben. Er mußte mächtig den Hals recken, um von der kleinen Schaluppe aus das Achterdeck einsehen zu können.

      Der Kutscher trat grinsend aus der Kombüse. In den Händen hielt er den morgendlichen Abfallkübel, der schön matschig gefüllt war. Er sah Carberry an und plinkerte ihm zu. Die Augen des Profos nahmen einen fast überirdischen Glanz an, und er nickte begeistert.

      Der Kutscher trat zum Schanzkleid, hob den Kübel und leerte ihn aus, wie er das jeden Morgen tat.

      Als er den Kübel leerte, setzte er ein erschrockenes Gesicht auf, als hätte er die Schaluppe gerade jetzt erst entdeckt. Fast entsetzt blickte er hinunter.

      Da war jetzt die Hölle los. Carberry stand am Schanzkleid und wimmerte erstickt, denn das Bild, das sich den Arwenacks und Kolbergern bot, war von einmaliger Pracht.

      Die Masse aus Dreck, Matsch, Gemüseresten, Knochen und Sudbrühe klatschte dem geschniegelten Capitán voll auf den Schädel. Es gab ein lautes Platschen, und unter dem Gewicht der Abfälle ging der Capitán erst einmal hart in die Knie. Der Matsch erstickte sein Gebrüll und Geschrei zu einem dumpfen hilflosen Gurgeln.

      Die Seesoldaten sprangen entsetzt zur Seite, um von dem unerhofften Segen nichts abzukriegen, doch der Matsch verteilte sich nach allen Seiten, und so war es kein Wunder, daß sie sich heftig die Augen rieben und die Nasen zuhielten. Der Matsch roch auch nicht gerade lieblich.

      Den Capitán hatte es jedoch voll erwischt. Er stand in einer Schmiere aus allem möglichen Zeug, bekleckert von oben bis unten. Seine Uniform sah aus, als sei er soeben einer Suhle entstiegen. Auf seinem Schädel hing einsam ein zerfranstes Kohlblatt. Sein Kupferhelm lag in der Suppe an Deck. Das Prunkstück auf seiner linken Schulter war ein sauber abgenagter Knochen, der jetzt polternd zu Boden fiel.

      „Oh, Verzeihung“, sagte der Kutscher, „ich wußte nicht, daß wir freundlicherweise eskortiert werden. Na, nichts für ungut, Señores, man kann ja nicht alles wissen.“

      Die Seesoldaten standen wie erstarrt da, während der Capitán laut fluchend damit beschäftigt war, aus der Schmiere zu treten. Aber die hatte ihre Tücken und sich längst als matschige Pampe weiter auf dem Deck verteilt.

      In dem Bemühen, wieder einen klaren Blick zu kriegen, glitt der Capitán aus, griff haltsuchend um sich und erwischte den Kerl an der Pinne, den er mit einem harten Ruck auf die Planken riß. Der Rudergänger schrie Zeter und Mordio, versuchte wieder aufzustehen, trat dabei dem fluchenden Capitán auf die Hände und wurde erneut umgerissen, als er sich gerade halb aufgerichtet hatte.

      Ein Bild für die Götter war das, und natürlich wurde dieser Anblick sowohl von der „Caribian Queen“ als auch von den Kerlen der „Pommern“ begeistert genossen.

      Als der Capitán endlich wieder armerudernd auf den Beinen stand, war es mit seiner Autorität endgültig vorbei. Zudem lief das Schiffchen durch den Ausfall seines Rudergängers aus dem Kurs und donnerte mit wüstem Gepolter an die eisenharte Bordwand des Zweideckers. Ein paar Seesoldaten, die steif wie Ladestöcke herumstanden, riß der harte Anprall von den Beinen.

      Auch der Capitán landete wieder hart auf den Planken, weil er immer noch damit beschäftigt war, sich die Augen sauber zu reiben. Er war kein Mensch mehr in diesem Augenblick, er war nur noch ein vor Zorn brüllendes entstelltes Untier, das mörderische Schreie von sich gab und

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