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verächtlich, aber es stand auch eine unverhüllte Drohung darin.

      Von dem Feigling hatten sie schon allerlei erfahren, das er aus Angst preisgegeben hatte. Die Spanier wußten, daß der Seewolf in der Neuen Welt aufgetaucht war. Wenn der Vizekönig in Lima erst einmal erfuhr, was in und um Potosi geschehen war, dann würden die Dons wahrscheinlich noch mehr Schiffe in Marsch setzen, um die „englischen Piraten“ zur Strecke zu bringen. Aus genau diesem Grund, um jegliche Begegnung mit den Spaniern zu vermeiden, segelte Hasard weit abgesetzt von der Küste nordwärts.

      Bis jetzt hatte sich dieses Konzept bewährt, doch das sollte sich noch an diesem Vormittag ändern.

      „Nun beweg’ schon deinen Bleihintern“, sagte Carberry. „Kannst ja ein paarmal das Schiffchen umrunden. Wir sind bestimmt keine Menschenfresser.“

      De Rojas schüttelte verängstigt den Kopf. Er wollte nicht, er blieb lieber wie angenagelt stehen und rührte sich nicht. In Richtung Achterdeck wollte er schon gar nicht, denn beim Anblick des Seewolfs rann es ihm immer eiskalt über den Rücken.

      Er fühlte sich erbärmlich. Da stand der Todfeind der spanischen Krone, auf dessen Kopf eine hohe Belohnung ausgesetzt war. Und hier stand er, de Rojas, ein Günstling des Vizekönigs von Lima, einstmals arrogant, eitel, dumm und unerfahren. Dumm und unerfahren war er immer noch, alles andere war ihm gründlich vergangen.

      Er brauchte nur einen Degen zu ergreifen und das angebotene Duell anzunehmen. Wenn er dann den Todfeind der Krone bezwang, war er ein Held. Die anderen würden ihn nicht einmal in Stücke reißen, sondern als glorreichen Helden ziehen lassen, das hatte dieser Narbenmann immer wieder versichert, damit aber auch gleichzeitig kundgetan, daß wohl eher sämtliche Meere austrocknen würden, als daß de Rojas jemals El Lobo del Mar bezwang.

      In der Piek hatte er sich schon ein paarmal ausgemalt, wie er als strahlender Sieger zurückkehren würde, aber dieses Wunschdenken verging ihm immer gründlich, sobald er nur einen der Seewölfe sah.

      Dann sank ihm das Herz in die Hose, und er sah sich im Geiste von einer Degenklinge durchbohrt. Gegen diesen schwarzhaarigen breitschultrigen Riesen war er ein lächerlicher Zwerg, ein Nichts, ein Niemand. Er fühlte sich immer unbehaglicher, als spöttische und verächtliche Blicke ihn trafen.

      „Kann ich wieder zurück?“ fragte er kläglich, obwohl die halbe Stunde noch längst nicht um war.

      „Deine Nerven sind wohl nicht mehr die besten, was, wie?“ höhnte Carberry. „Als du den anderen Capitán erschießen lassen wolltest, warst du noch prächtig in Form.“

      De Rojas zuckte zusammen. Ihm war immer noch nicht bewußt geworden, daß er im Begriff gewesen war, einen feigen und hinterhältigen Mord an einem ehrlichen Mann zu begeben.

      „Na, dann ab in die Heia“, sagte Carberry spöttisch.

      Richtig erleichtert ging de Rojas wie ein braver Hund vor dem Profos her zur Piek. Er hegte nicht einmal Fluchtgedanken, denn im Meer lauerten die Haie, und Land war weit und breit nicht zu sehen.

      Carberry schloß den Feigling wieder ein. Auf das Essen hatte de Rojas freiwillig verzichtet. Ihm war wieder mal gründlich der Appetit vergangen, und er war heilfroh, wieder allein zu sein.

      Eine halbe Stunde später kam Bewegung in Jeff Bowie, der im Ausguck stand. Ein paarmal setzte er den Kieker an, blickte aufmerksam hindurch und setzte ihn schließlich wieder ab. Dann rief er aus dem Großmars nach unten: „Deck! Mastspitzen Backbord achteraus!“

      Auch der Ausguck auf der „San Lorenzo“ gab die Meldung fast im selben Augenblick an das Achterdeck.

      Beide segelten immer noch in Dwarslinie mit Wind aus südlicher Richtung.

      Hasard zeigte „Verstanden“ und blickte achteraus. Dan O’Flynn kniff die Augen zusammen und blickte ebenfalls in die angegebene Richtung.

      „Stimmt“, sagte er, „wir sind nicht mehr allein. Da sind tatsächlich Mastspitzen zu erkennen. Ich sehe mir das mal von oben an.“

      Er lief über das Deck und enterte in den Großmars auf. Dort stand immer noch Jeff Bowle mit dem Spektiv am Auge. Hin und wieder setzte er es ab, rieb sich das Auge und schüttelte den Kopf.

      „Das sind merkwürdige Schiffe“, murmelte er. „Die erinnern mich an Kähne, die ich schon mal gesehen habe.“

      Was Jeff hier oben durch den Kieker sah, erkannte Dan schon mit bloßem Auge. Es schien sich um Dschunken zu handeln, aber er wollte sich Gewißheit verschaffen und griff nach dem Kieker.

      Die Schiffe rückten sprunghaft näher heran. Es waren Dschunken, daran bestand kein Zweifel. Sie hatten drei Masten mit den typisch zugeschnittenen Mattensegeln, deren Achterliek leicht gerundet war.

      Drei Schiffe waren es mit ziemlich steilstehenden Gaffelrahen. Wie gebannt blickte Dan O’Flynn auf die durchlaufenden Decks. Dann spürte er ein leichtes Kribbeln unter der Kopfhaut. Auch in seinem Magen kribbelte es, als hätten sich dort Ameisen eingenistet.

      Es waren chinesische Kampfdschunken, und sie hatten so viele Kanonen an Bord, daß Dan sie gar nicht erst zählte.

      „Kampfdschunken“, murmelte er betroffen.

      „Was für Dinger?“ fragte Jeff erstaunt.

      „Chinesische Kampfdschunken, bis an die Zähne bewaffnet.“

      Jeff Bowie staunte immer noch und sah Dan fragend an.

      „Ja, sind wir denn hier in China?“ fragte er verdattert. „Oder etwa auf dem Weg dahin?“

      „Eher umgekehrt. Die Chinesen sind auf dem Weg nach Südamerika.“

      Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, beugte sich Dan über die Segeltuchverkleidung und winkte Hasard zu.

      „Drei chinesische Kampfdschunken, Sir!“ rief er. „Sie sind von vorn bis achtern armiert.“

      An Deck standen die Arwenacks noch ziemlich dösig herum und starrten zu Dan und Jeff hoch. Einige grinsten ganz offen, als hielten sie die Meldung für einen Scherz.

      Ähnlich erging es auch dem Profos, der kopfschüttelnd hochsah und die Fäuste in die Seiten stemmte – seine Drohpose.

      „Hat die Welt je einen solchen Zimt gehört?“ knurrte er. „Ich kann dir nur empfehlen, Mister O’Flynn, ab und zu deine Klüsen zu waschen, sonst …“

      Der Profos zuckte zusammen, als Hasard ihn streifte. Mit ein paar langen Sätzen war er am Mast und enterte blitzschnell auf.

      „Hm, scheint doch was dran zu sein“, murmelte Ed. „Aber was haben denn diese gelben Rübenlümmel hier zu suchen?“

      Hasard griff nach dem Kieker und nahm die drei Schiffe ins Visier. Als er hindurchblickte, war sein Gesicht ernst.

      „Kein Zweifel“, sagte er, „es handelt sich tatsächlich um chinesische Kampfdschunken. Die Frage erübrigt sich wohl, was sie hier suchen – jedenfalls sind sie da. Sie scheinen allerdings auf die Küste zuzuhalten, denn sie laufen nordöstlichen Kurs.“

      Aus dem Mars schrie er zu Ribault das hinüber, was sich deutlich im Spektiv gezeigt hatte. Auf der „San Lorenzo“ hatte man allerdings erkannt, was das für Schiffe waren.

      Hasard wollte gerade abentern, da griff Dan nach seinem Arm.

      „Sie ändern den Kurs. Offenbar haben sie uns jetzt ebenfalls gesehen. Sieht aus, als wollen die sich in unser Kielwasser hängen.“

      „Verdammt, auch das noch“, sagte Hasard grimmig. „Mit Spaniern habe ich ja eventuell gerechnet, aber mit Chinesen ganz sicher nicht. Gib mir noch einmal das Spektiv, vielleicht sind es gar keine Chinesen, sondern anderes Piratengesindel mit chinesischen Schiffen.“

      Es waren Chinesen, das erkannte der Seewolf ganz eindeutig an den Zöpfen, welche die Kerle trugen. Und die Zopfmänner waren ihm nicht gerade in allerbester Erinnerung. Mit denen hatten sie sich schon einmal eine Menge Ärger eingehandelt, auch wenn es lange zurücklag.

      Sie

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