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Stück Leinentuch aus der Weste hervor, das er sich vor dem Gefecht mehr zufällig zugesteckt hatte. Jetzt konnte er es gut gebrauchen. Er preßte es sich vor Mund und Nase und benutzte es als Atemfilter.

      Während Baxter und Reeves von draußen Kübel und Pützen voll Sand hereinholten und in die Flammen entleerten, arbeitete sich der Seewolf bis zu dem Niedergang vor. Die Hitze war unerträglich, und wieder züngelten die roten und gelben Spitzen des Feuers in bedrohlicher Nähe seiner Knöchel. Mehrfach mußte er danach treten, sonst hätten die Flammen seine Hosen erreicht.

      Baxter und Reeves waren hinter ihm, Sand rieselte ihm gegen die Beine. Er stolperte den Niedergang hinunter, war dicht vor der Tür zu den Munitionskammern und trampelte sofort eine Reihe von knisternden Flammen aus.

      Dann schrie er wieder: „Sand!“

      Plötzlich erhielten Baxter und Reeves durch Carberry, Jack Finnegan und Paddy Rogers Verstärkung. Die drei Männer stürmten sogleich mit Segeltuchpützen in das Vorkastell, langten bei Baxter und Reeves an und kippten den Inhalt der Behälter die Stufen des Niedergangs hinunter: Wasser. Sie husteten und spuckten, keuchten und fluchten, aber sie verfehlten ihr Ziel nicht.

      Das Wasser rauschte und plätscherte die Holzstufen hinunter, erreichte den Seewolf und löschte mit Zischen und Fauchen die letzte Glut aus. Hasard, immer noch mit dem Leinentuch vor dem Gesicht, öffnete die Verriegelung des Schotts und drang in die Kammern ein.

      Rauch wälzte sich ihm in dicken Schwaden entgegen, er konnte nicht die Hand vor Augen sehen. Er verharrte, griff sich mit beiden Händen in den Nacken und verknotete das Tuch so, daß es ihm nicht mehr wegrutschen konnte. Vorsichtig schob er sich weiter vor.

      Die Hitze hatte noch zugenommen, in den Kammern schien ein Schwelbrand ausgebrochen zu sein. Hasard wußte nur zu genau, was das bedeutete, oft genug hatte er es auf anderen Schiffen erlebt. Er bewegte sich sozusagen auf einem gewaltigen Pulverfaß mit brennender Lunte. Jeden Augenblick konnte hier alles in die Luft fliegen. Ein einziger Funke genügte. Er würde das Schwarzpulver entfachen und eine Art Kettenreaktion in Gang setzen.

      Spätestens jetzt hätte Hasard sich noch zurückziehen und alles Weitere Baxter und Reeves überlassen können. Oder aber er hätte den Rückzug anordnen können. Vielleicht wäre noch die Zeit geblieben, um alle Überlebenden der „Fidelity“ an Bord der „Hornet“ zu übernehmen und dann so viel Abstand zu dem Unglücksschiff zu gewinnen, daß die „Hornet“ durch die Explosion nicht beschädigt wurde.

      Aber das wäre nicht nur gegen Hasards Wesensart gewesen und hätte gegen seine Prinzipien verstoßen, mehr noch, er hätte sich ein solches Versagen zeit seines Lebens immer wieder wie ein Verbrechen vor Augen gehalten. Ein Easton Terry mochte so handeln, er traute es ihm zu. Ein Killigrew dachte nicht daran, in einem Moment wie diesem zu kneifen, selbst wenn er nur seine Stiefel hatte, um gegen das Feuer anzukämpfen. Nicht ums Verrecken kapitulierte er vor diesem Brand.

      Natürlich war ihm höchst mulmig zumute, als er jetzt weiter vordrang und versuchte, den Kern der Hitzewelle zu erreichen. Es war nur menschlich, ein gewisses Maß an Furcht zu verspüren. Auch Ben, Shane, Ferris oder Ed Carberry wäre es nicht anders ergangen. Was zählte, war der Mut, weiterzugehen und nicht aufzugeben.

      „Sir!“ schrie Carberry hinter seinem Rücken. „Wo, zum Teufel, steckst du? Ich kann dich nicht sehen!“

      „Hier bin ich! Wo bleibt ihr mit dem Wasser?“

      „Finnegan und Rogers holen Wasser. Ich habe Sand. Bei mir sind Reeves und Baxter, ebenfalls mit Sand.“

      „Auf was wartet ihr dann?“ schrie Hasard.

      Als Antwort schleuderten sie den Inhalt der Kübel in den Raum, und der Seewolf empfing eine tüchtige Ladung davon ins Gesicht. Hätte er nicht das Stück Leinentuch gehabt, dann hätte der Sand ihm jetzt Mund und Nase verstopft.

      Er suchte sich weiter seinen Weg, der Sand knirschte unter seinen Füßen. Carberry folgte ihm, das konnte er an den polternden Lauten vernehmen, die unverkennbar durch des Profos’ riesige Stiefel hervorgerufen wurden.

      Von oben näherten sich auch wieder Schritte, und Jerry Reeves schrie: „Finnegan und Rogers, seid ihr das?“

      „Aye, Sir!“ Wie selbstverständlich kam ihnen dieses „Sir“ über die Lippen, denn natürlich akzeptierten auch sie Reeves als den Bootsmann der „Fidelity“, der nach Terrys Verschwinden neben Baxter der höchste Offizier an Bord war. Es gab keinen Ersten und keinen Zweiten, auch keinen Steuermann. Stoker, Mulligan und Hoback waren nach diesen beiden die wichtigsten Männer der Galeone – der Decksälteste, der Schiffszimmermann und der Rudergänger.

      „Bleibt da vorn am Niedergang stehen, und reicht uns die Pützen mit dem Wasser zu!“ rief Reeves. „Wir bilden eine Kette!“

      „Sehr gut!“ schrie Jack Finnegan. „Oben haben wir Verstärkung durch Blakky, Matt Davies und Jeff Bowie, die sind auch gerade aufgetaucht. Achtung, hier ist die erste Pütz!“

      „George, weitergeben“, sagte Reeves zu Baxter, nachdem er die Pütz entgegengenommen hatte.

      „Mister Carberry!“ stieß Baxter, der den Narbenmann genau vor sich wußte, hervor, dann hustete er, weil er eine Ladung Rauch geschluckt hatte.

      Carberry riß ihm die Pütz aus der Hand und sagte heiser: „Her damit, Mann, aber nenn mich nur Carberry oder meinetwegen Ed. Den Mister kannst du weglas … Hölle und Verdammnis, dieser verfluchte Rauch!“ Auch er hustete, würgte und spuckte, dann kippte er die volle Ladung Seewasser über der Gestalt des Seewolfes aus, die er jetzt wie einen Schemen vor sich erkannte.

      Damit hatte er genau das Richtige getan, Hasard war ihm dankbar dafür. Seine Kleidung konnte jetzt nicht mehr Feuer fangen, und er fühlte sich in der glühenden, wabernden Hitze, die ihn umgab, einigermaßen erfrischt und erleichtert.

      Die Hitze war wie eine Barriere, doch er stieß hindurch und langte bei gut einem Dutzend großen Pulverfässern an, die aufrecht standen und auf denen die Funken bereits wie Glühwürmchen tanzten. Ohne zu überlegen, wischte der Seewolf mit beiden Händen über die Faßdeckel und räumte sie weg. Im nächsten Augenblick war Carberry neben ihm und klatschte den nächsten Schwall Wasser auf die Fässer und auf seinen Kapitän.

      „Danke, Ed!“ rief Hasard. „Das war mal nötig! Habe schon lange nicht mehr so schön gebadet!“

      Sie lachten beide über den faulen Witz, ihre Stimmen klangen heiser und grimmig. Hasard nahm selbst die nächste Pütz, die durch die Kette von Männern nahte, entgegen und schüttete das Wasser voll gegen die nächste Querwand. Es zischte, und jetzt konnte er erkennen, wo die Gefahrenquelle lag: Rote Linien zogen sich durch die Planken der Querwand, das Feuer nistete in den Ritzen und wehrte sich verbissen dagegen, getötet zu werden.

      Doch die Kette funktionierte. Sie war durch Roger Brighton, Mac Pellew und Batuti ergänzt worden, die vor dem Vorkastell auf dem Oberdeck der „Fidelity“ standen und eine ununterbrochene Reihe bis zum Schanzkleid bildeten. Dort war es Mac Pellew, der neue – oder auch der alte, wenn man so wollte – Koch der Seewölfe, der unausgesetzt die Pützen und Kübel abfierte, ins Wasser tauchen ließ und wieder hochhievte.

      So gingen die Männer als Sieger aus dieser Schlacht gegen die Gewalt des Feuers hervor. Bald waren die Munitionsdepots ein einziges schwelendes, stinkendes schwarzes Loch, aus dem die Männer hervortaumelten.

      Aber sie hatten es geschafft. Die Gefahr war gebannt. Keine Glut breitete sich mehr aus, die Planken erkalteten allmählich. Weitere Brandquellen hatte der Seewolf zumindest im Vorschiff nicht entdekken können.

      Wieder auf dem Hauptdeck angelangt, riß er sich das Leinentuch vom Gesicht und holte erst einmal tief Luft.

      Baxter und Reeves tauchten neben ihm auf.

      „Mister Killigrew, Sir“, sagte Reeves mit ernster Miene. „Das werden wir Ihnen nie vergessen. Wenn Sie nicht so schnell gewesen wären, wären wir wahrscheinlich mit dem Kahn in die Luft geflogen.“

      „Na, nun übertreiben Sie mal nicht.“

      „Ich

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