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einschränken kann. Unter chronischer Hypoxämie, aber auch bei systemischer Blutdruckerhöhung, kommt es darüber hinaus zu zellulären Veränderungen der Karotiskörperchen sowie zu deren Vergrößerung, wobei sich Letztere bei Hochlandbewohnern, beispielsweise den Quechua-Indianern, während des gesamten Lebens fortsetzt. Offensichtlich sind die Glomera nicht imstande, zwischen Reizen chronischer Hypoxämie und erhöhtem intravasalem Druck zu differenzieren. Das ist der Grund, warum eine systemische Bluthochdruckerhöhung ebenfalls zu einer Engstellung der Glomusarterien und zur Glomusischämie führt.

      Tabelle 2.2: Wiederbelebungszeit (WBZ) von Organen unter Normoxie bei 37 °C

OrganZeitdauer in Minuten
Gehirn3- 5
Herz15- 30
Leber180–240
Niere60–180

      Die Hyperventilation unter hypobarer Hypoxie (HVR bzw. hypoxische Atemantwort, „hypoxic ventilatory drive“) bedingt eine respiratorische Alkalose (paCO2-Abfall → pH-Wert-Anstieg), wobei sich die Alkalose per se wiederum hemmend auf das Atemzentrum in der Medulla oblongata auswirkt. Atemtiefe und Atemfrequenz pendeln sich in der Folge auf einem der Höhenhypoxie angepassten Niveau ein. Allerdings wird die Atemregulation auch durch Faktoren wie dem aktuellen Hormonstatus (Katecholamine, Schilddrüsenhormone, Progesteron), Temperatur, Schmerz, Stress, Emotionen und pulmonalen Dehnungsrezeptoren (Hering-Breuer-Reflex) beeinflusst.

      Hinweis. Eine zusätzliche Sauerstoffapplikation, sedierende Medikamente wie Hustenmittel, Schlafmittel, Antidepressiva, Schmerzmittel oder Alkohol wirken dämpfend auf den zentralen Atemantrieb und sollten daher in der Höhe obsolet sein.

      Zentrale Chemorezeptoren sind im Bereiche des bulbären Atemzentrums lokalisiert und reagieren auf arterielle bzw. zerebrospinale Änderungen des pH-Werts sowie des paCO2. Sowohl eine akute Zunahme der H+-Ionenkonzentration (Azidose) als auch ein Anstieg des paCO2 (Hyperkapnie) führen zu einer Steigerung des Atemantriebes und der Atmung. Zentrale Chemorezeptoren sind im Rahmen akut-respiratorischer Änderungen für die Atemregulation auf Normalhöhe von Bedeutung, während bei respiratorischen Störungen, die mit chronischer Hyperkapnie einhergehen, der zentrale Atemantrieb durch Adaptations- und renale Kompensationsmechanismen abgeschwächt wird. So kommt es bei chronisch respiratorischer Insuffizienz häufig dazu, dass der Atemantrieb allein durch die Hypoxämie über periphere Chemorezeptoren aufrechterhalten wird, da sich die Sensitivität der zentralen Chemorezeptoren auf den paCO2 bei chronischer Hyperkapnie abschwächt.

      Tabelle 2.3: Inspiratorischer Sauerstoffpartialdruck in 8850 m Höhe ohne supplementären Sauerstoff

Durchschnittlicher Gesamtluftdruck am Mt. Everest (pB)251 mmHg (FiO2 0,209)
piO2 trocken (STPD)251 × 0,209 = 52,4 mmHg
piO2 wasserdampfgesättigt (BTPS)(251–47) × 0,209 = 42,6 mmHg
piO2 abzüglich des pACO2 unter extremer Hyperventilation[(251–47) × 0,209] – 10 = 32,6 mmHg
piO2: inspiratorischer Sauerstoffpartialdruck, pAO2: alveolärer Sauerstoffpartialdruck, BTPS: Body Temperature Pressure Saturated

      2.2.2 Atmung in Ruhe und Belastung in der Höhe

      Ein Aufenthalt in großen und extremen Höhen wird erst durch die Fähigkeit zu intensiver Hyperventilation ermöglicht. Voraussetzung dafür ist eine einwandfreie respiratorische Funktion in allen Teilbereichen der Atmung (Ventilation, Diffusion, Perfusion). Tabelle 2.3 bezieht sich auf den durchschnittlichen inspiratorischen Sauerstoffpartialdruck (piO2) am Gipfel des Mt. Everest (8850 m) unter Berücksichtigung der Konditionierung des Atemgases (Wasserdampfsättigung, Erwärmung, Filtrierung) und der erforderlichen extremen Hyperventilation.

      Tabelle 2.4: Positive und negative Einflüsse auf die Atmung unter Höhenbedingungen

Negative (bronchokonstriktorische) EinflüssePositive (bronchodilatatorische) Einflüsse
■ Verminderte Luftfeuchtigkeit■ Kaltlufthyperventilation■ Mechanische Belastung (Rucksack)■ Lang andauernde Hyperventilation■ Muskuläre Erschöpfung■ Photooxidanzien (Ozon)■ Exsikkose■ Verminderte Outdoor-Allergenbelastung■ Verminderte Luftdichte■ Verminderte aerogene Partikelbelastung■ Optimale Akklimatisation■ Adrenerger Hypoxiestress

      Die sich mit zunehmender Höhe vermindernde Luftdichte führt über eine Abnahme der dynamischen Viskosität und des Atemwegswiderstandes zu verbesserter Konvektion der Atemluft in den Atemwegen; auch eine in der Regel geringere Partikel- und Allergenbelastung wirkt sich in der Höhe positiv auf die Ventilation aus (Tabelle 2.4). Dem steht ein mit zunehmender Höhe sich verstärkender pulmonalarterieller Druckanstieg gegenüber, der sich bei zusätzlich körperlicher Belastung weiter erhöht.

      2.2.3 Hypobarie und Konsequenzen

      Nach dem Boyle-Mariotte‘schen-Gesetz ist das Produkt aus Druck und Volumen eines Gases unter gleichbleibender Temperatur konstant; das bedeutet, dass sich bei rasch fallendem Luftdruck (Seilbahnfahrten, nicht druckkompensierte Luftfahrzeuge wie Hubschrauber oder Segelflieger) unter Umständen Gasausdehnungsbeschwerden in Form von Schmerzen im Bereiche der Zähne, der Nasennebenhöhlen, des Innenohrs oder des Verdauungstrakts einstellen können. In diesem Zusammenhang sind vor allem blähende Speisen sowie kohlensäurehältige Getränke besonders vor kurzfristigen passiven Höhenaufstiegen zu meiden. Auch bei hochgradigem Lungenemphysem sollte Vorsicht geboten sein: Ein extrem rascher atmosphärischer Druckabfall könnte unter Umständen zu einem Pneumothorax führen, insbesondere bei gegebener Neigung zu Spontanpneumothorax.

      2.2.4 Gasaustausch in der Höhe

      In großer Höhe ist nicht die zirkulatorische Kapazität leistungsbegrenzend, sondern allein der Diffusionsvorgang als Teilfunktion der Atmung. In extremer Höhe kann auch durch intensivste Hyperventilation der alveoläre Sauerstoffpartialdruck (pAO2) nicht mehr ausreichend hoch gehalten werden, so dass die alveoloarterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2) mit der Höhe abnimmt und eine progressive Hypoxämie die Folge ist. Die Verminderung des paO2 sowie die sich zunehmend verkürzende Kontaktzeit des kapillären Blutstromes an den Alveolen führen zu einer mit der Höhe abnehmenden O2-Diffusion. Die zunehmende Diffusionslimitierung wird in extremen Höhen bereits bei geringen Belastungen relevant. Der niedrigste jemals am Menschen arteriell gemessene Sauerstoffpartialdruck betrug bei gegebenem barometrischen Luftdruck von 272 mmHg unglaubliche 19,1 mmHg. Dabei handelte es sich um eine Blutgasprobe aus der Femoralarterie eines Teilnehmers der Caudwell Xtreme Everest Expedition, die knapp unterhalb des Everestgipfels in 8400 m Höhe gewonnen wurde. Der Proband war ohne supplementären Sauerstoff unterwegs.

      Hinweis. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) als Maß der maximalen aeroben Leistungsfähigkeit nimmt ab 1500 m um rund 10 % pro 1000 Höhenmeter ab.

      Mit zunehmender Höhe wird ein und dieselbe Belastung daher immer anstrengender empfunden, da ein immer höherer Anteil der abnehmenden VO2max in Anspruch genommen werden muss.

      Fallbeispiel. Von einem untrainierten jungen Mann werden beispielsweise auf Meeresspiegelniveau für eine Ergometerleistung von 100 Watt ca. 50 % (1,55 l O2/min) der VO2max (3,1 l/min) beansprucht, in 4500 m Höhe und bei um 30 % verminderter VO2max (2,17 l/min) ist bereits ein Anteil von 71 % erforderlich. Bei einem trainierten Bergsteiger hingegen (VO2max z. B. 5,0 l/min) beträgt die Sauerstoffaufnahme bei 100 W auf Meereshöhe nur 31 % und in 4500 m Höhe immerhin noch 44 % seiner VO2max. Aus diesem Beispiel wird auch der Vorteil eines guten Trainingszustandes in der Höhe unmittelbar quantitativ erkennbar.

      2.2.5 Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion

      Die in der Höhe generalisiert auftretende hypoxisch-pulmonale Vasokonstriktion (HPV) ist bis zu einem bestimmten Grad sinnvoll, da sie

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