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würde er ihm keinesfalls erzählen. Der Rügen wegen seiner angeblichen Unbeholfenheit im Alltag waren heute bereits genug.

      »Hast du unterwegs ein bisschen getrunken?«

      »Nein!«

      »Ich frage nur, weil Whisky aus deinem Täschchen ragt.«

      MacDonald fuhr mit Daumen und Zeigefinger über den Flaschenhals. Irgendetwas daran störte ihn. »Diese Flasche Glen Garioch habe ich als Ersatz für den falschen Lowlander erhalten.«

      »Am besten gibst du mir einen Hausschlüssel, damit ich alles beaufsichtigen kann. Du wirst in den Bergen wohnen, und für mich ist dein Haus von Fountainbridge aus besser zu erreichen.«

      »Vielen Dank. Kann ich dir kurz von unserem neuen Fall erzählen?«, fragte Angus.

      »Wenn es unbedingt sein muss, gehe ich kurz mit dir ins Haus. Eine Sache für kulinarische Detektive kann ich nicht sehen. Mister MacCracken denkt das auch.«

      »Ein Bekannter von dir?«

      »No! Dein Klempner!«

      »Was zum Milchmann hat er damit zu tun?«

      »Detektive und Journalisten sollten niemals voreingenommen sein und alle möglichen Quellen zu Rate ziehen.«

      »Sagt wer?«

      »Angus Thinnson MacDonald, der Erste«, antwortete Vitiello und verbeugte sich. »MacCracken schätzt einen guten Whisky und meint, Fälschungen gibt es häufiger, als man annimmt. Die werden aber in Pubs verkauft.«

      »Wie interessant. Kann der Herr auch etwas zu Imperial Whiskys sagen?«

      »Eher weniger.«

      »Wo kauft er seinen Whisky?«

      »Im Supermarkt.«

      »Wunderbar! Da bin ich froh, dass uns unter die Arme gegriffen wird. Kennen wir MacCrackens liebsten Pub?«

       »Bow Bar.«

      »In der Old Town? Unmöglich. Ich kenne die Lokalität. Sie haben ein hervorragendes Sortiment an Whiskys und Bieren. Wie hast du diesen MacCracken überhaupt so schnell ausfindig gemacht?«

      »Traf ihn im Baumarkt.«

      »Welch bemerkenswerter Zufall.« MacDonald betastete erneut den Flaschenhals. »Mir ist nach einer schönen Tasse Tee. Lass uns hineingehen. Ich erzähle dir, was ich im Whisky-Shop erlebt habe. Danach werde ich meine Koffer packen.« Angus führte seinen Freund in die Küche. Als er den Wasserhahn aufdrehte und sich nichts tat, lachte der Italiener laut auf. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir die Wasserzufuhr abgestellt haben.«

      »Schön, dann gibt es eben keinen Tee!«

      Vitiello öffnete den Verschlag unter der Spüle und reichte ihm zwei Wasserflaschen. »Du kennst mein Motto: Gut organisiert lässt sich jede Krise meistern.«

      Bei mehreren Tassen chinesischen Oolong-Tees informierte MacDonald seinen Co-Detektiv.

      »Hm, ich finde, wir sollten zuerst im Pub ermitteln«, sagte Alberto.

      »Aufgrund des Hinweises vom Native-American-Handwerker, den ich heute zum ersten Mal in meinem Leben sah?«

      »Ich habe eine starke Ahnung.«

      »Bald werden wir noch aus Kaffeesatz lesen.«

      »Trinken Indianer Kaffee?«

      »Nur in romantischen Hollywoodfilmen. Apropos, sehr pittoresk ist die Auchentoshan-Destillerie, mein Freund.«

      Alberto grinste. »Früher oder später wirst du also hinfahren müssen? Wer ist der Besitzer?«

      »Beam-Suntory.«

      »Ich sehe keine Verbindung zu unserem Fall.«

      »Entsetzlich war das mit denen und ihren kampflustigen Klosett-Reinigern. Die chemische Reaktion in der Schüssel vergesse ich meinen Lebtag nicht!«

      »Alberto!«

      »Sisi.« Vitiello sah ihn wie ein kleiner Junge an, der warmen Kuchen vom Blech stibitzt hatte.

      »Wenn du keine Fragen mehr hast, werde ich die Koffer bestücken. Du erinnerst dich noch, wo das Futter für Sir Robert steht?«

      »Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich um deinen Edelkater, werde ihn füttern und ausgiebig kraulen. Aber jetzt muss ich mich auf den Weg machen. Heute reisen neue Gäste an.«

      »Hättest du morgen Zeit?«

      »Wofür denn, bitte?«

      »Um Imperial Whiskys zu observieren.«

      »Geh du mal lieber alleine. Zwei Mann braucht es dazu nicht.«

      MacDonald nickte und verabschiedete Vitiello freundlich, obwohl er sich über sein seltsames Verhalten wunderte. Dass er sich bei jedem neuen Fall ein wenig zierte, war Usus. Aber befederte Klempner als Kronzeugen vorzuschieben, um zu schwänzen, war neu. Er spülte das Geschirr mit dem restlichen Wasser aus den Flaschen, ging nach oben und packte Kleidung und Bücher für zwei Wochen ein. Seine Koffer schleppte er zum VW Käfer und hievte sie in den Kofferraum. Wehmütig sah er sein geliebtes Dean Village im Rückspiegel verschwinden. Wenigstens hatte sich der Verkehr auf der Morningside Road gelegt. In weniger als 15 Minuten stand er vor der Eingangstür des Hotels, die sich automatisch in seine Richtung öffnete. Das Braid Hills erfüllte all seine Wünsche an ein Hotel, war gemütlich und zugleich elegant eingerichtet. Dem Himmel war es gedankt, dass weder Sauna, Schwimmbad, Wellnessoasen und die entsprechende Kundschaft vorhanden waren. Nur weil diese überflüssigen Einrichtungen fehlten, trug das Braid Hills keine fünf Sterne. Zunächst trat man in einen kleinen Vorraum, der an einen Wintergarten erinnerte. Innen fiel dann die gemütliche Telefonzelle auf, die den Computer mit Internetanschluss beherbergte. Zur Linken drei mal vier gemütliche Ohrensessel und gegenüber die Empfangstheke aus dunkelbraunem Holz. Eine nette junge Frau begrüßte ihn im melodischen Sprachgesang der Iren. Auf MacDonald wirkte dieser wie Musik und er hätte ihr auf Wunsch mindestens zwei Waschmaschinen abgekauft. »Zimmer 326, Mister MacDonald«, sagte sie und reichte ihm das Heftchen mit dem Scheckkarten-Schlüssel. »Brauchen Sie Hilfe mit Ihrem Gepäck?«

      MacDonald wollte der hübschen jungen Frau nicht als Schwächling erscheinen. »Meine Koffer sind zwar nicht sehr schwer, doch etwas unhandlich.«

      »Natürlich, einen Moment, bitte.« Sie griff zum Telefonhörer und tippte eine hausinterne Nummer ein. Ein hinkender, junger Mann tauchte auf, halb so groß wie er. Wie sollte er diesem Dilemma entkommen? Ohne ihn zu beleidigen, konnte er dem Hotelangestellten schwerlich vorschlagen, das Gepäck selbst zu tragen. Wohin war er nun entschwunden? MacDonald drehte sich um, sah den Pagen seine beiden Koffer aus dem Käfer wuchten und die leichte Anhöhe zum Eingang hochrennen, so schnell, dass er beinahe mit der automatischen Tür kollidierte, durch die Lobby und die Treppen hoch. MacDonald schleppte sich hinterher und kam bereits im nächsten Stockwerk außer Atem. Vom langen Korridor mit dem dicken Teppich und den Ölporträts schottischer Berühmtheiten wie Bonnie Prince Charlie, Walter Scott, Robert Burns und Mary, Queen of Scots, war er aber sehr angetan und, sich keuchend seinem Zimmer nähernd, kam der junge Mann ihm auch bereits entgegen. »Habe Ihr Gepäck ins Zimmer gebracht, Sir.«

      »Das dachte ich mir«, sagte MacDonald und reichte ihm diskret eine mehrfach gefaltete Fünf-Pfund-Note.

      »Oh, vielen Dank, Sir. Wenn Sie während Ihres Aufenthaltes etwas benötigen, eine spezielle Flasche Whisky vielleicht …«

      »Darf ich fragen, wie Sie darauf kommen?«

      Der Page deutete auf MacDonalds Aktenmappe. »Glen Garioch. Nicht jeder kennt diesen Highland Malt.«

      »Hm, da haben Sie Recht. Sie interessieren sich für Whisky?«

      »Nur

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