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nichts mehr sagen, Seppi. Er ist gestorben.«

      Ungläubig nickte Seppi ihn an. »Er war nicht alt und er war stark«, murmelte er. »Und er hatte doch viel Geld.«

      »Auch reiche Leute müssen manchmal früh sterben. Gott hat ihn gestraft, weil er nicht gut zu dir war.«

      »Aber er hat mir Geld gegeben und er hat gesagt, dass ich Marls helfe.«

      »Das hat er gesagt, aber nicht so gemeint. Du hättest verbrennen können, wenn du ins Büro gegangen wärst.«

      »Dann wäre ich auch tot«, sagte Seppi schleppend. »Mutter hat gesagt, Kienbaum wollte mich umbringen.«

      »Dich bringt so schnell nichts um, Seppi«, sagte Dr. Norden, »du darfst jetzt nur nicht mehr so was machen. Du hast es doch nicht gern, wenn es so brennt.«

      »Nein, es ging so schnell, ich hatte Angst, deshalb habe ich doch den Schlüssel verloren.«

      »Aber er war an deinem Anhänger. Den hattest du doch von Marilli bekommen.«

      Seppi nickte. »Hübscher Anhänger, aber Kienbaum hat gesagt, dass ich den Schlüssel anhängen soll, dann geht er nicht verloren, aber ich hab’ ihn doch verloren.«

      »Du lebst«, sagte Dr. Norden gedankenvoll.

      »Und ich geh auf den Bau und verdiene viel Geld«, sagte Seppi naiv.

      Geld hatte er allerdings genug, da er nun einundzwanzig Jahre alt war. Erna Mösler konnte mit ihrem Sohn in eine Spezialklinik gehen, wo ihrer beider Leiden bestens behandelt werden konnte. Dr. Norden hatte diese vermittelt. Aber die große Überraschung kam noch nach, als Fritz Kienbaums Testament eröffnet wurde. Das hatte er allerdings schon vor zwanzig Jahren gemacht, und wie Dr. Oswald sagte, unter dem Druck seines Onkels Leopold, der ihm nur unter der Voraussetzung die Gastwirtschaft und was noch an Grund und Boden dazugehörte, vermachte, wenn Kienbaum gleichzeitig bestimmte, dass im Falle seines Todes Erna und Sepp Mösler seine Erben sein würden.

      Für ein anderes Testament hatte Fritz Kienbaum wohl keine Zeit gefunden, sicher auch nicht daran gedacht, dass die beiden ihn überleben würden, und so kamen Erna und Sepp zu so viel Geld, wie sie es sich niemals hätten träumen lassen. Aber es sprach für Erna Möslers anständigen Charakter, wer immer ihr diesen auch hatte absprechen wollen, dass sie sich sofort bereiterklärte, aus Kienbaums Nachlass den Schaden zu ersetzen, der den Marls durch den Brand entstanden war. Aber es sprach auch wiederum für den Charakter Berthold Marls, dass er dies nicht annehmen wollte. Doch da redeten Dr. Oswald und auch Dr. Norden mit, und sie sagten ihm, nicht so töricht zu sein, darauf zu verzichten, da es ja schließlich um Kienbaums Geld ging. Und Erna Mösler sagte, dass es ihr Gewissen erleichtern würde, Seppi wenigstens von einer materiellen Schuld befreit zu wissen.

      Sie selbst wurde überraschend schnell von ihrer Alkoholsucht geheilt. Mit Kienbaums Tod schien der Teufel, der sie verfolgte, verschwunden zu sein. Mit eiserner Energie ging nun auch sie daran, ihrem bisher so armseligen Leben einen Sinn zu geben.

      Seppi wurde so gezielt behandelt, dass er Recht und Unrecht zu unterscheiden wusste und er lernte fleißig, aber er wollte arbeiten, etwas schaffen. Das konnte er dann auch, als das neue Sägewerk neben Dr. Rambolts Ziegelei gebaut wurde. So fleißig und unermüdlich war er, dass keiner ihn mehr »Dammerl«, nennen wollte.

      Und auch das neue Haus für die Marls wuchs aus dem Boden und ein hübscher Bungalow für Jörg und Annelore. Heiraten wollten sie erst, wenn auch dieser fertiggestellt war. Sie ließen sich Zeit. Sie waren sich ihrer Liebe sicher. Und sie waren jung, so herrlich jung, dass sie sich unbeschwert auf ihre gemeinsame Zukunft freuen konnten.

      Marilli hatte zuerst ein bisschen gemault, dass sie in eine neue Schule wechseln sollte, aber dann meinte sie, dass es vielleicht ganz gut wäre, weil sie sich doch nicht mehr so gut mit Ulli verstünde. Sie war ja noch viel zu jung, um schon genau zu wissen, was sie nun eigentlich wollte und es hing ihr schon nach, dass sie ihrer Schwester den Fritz Kienbaum hatte schmackhaft machen wollen, als alle seine Machenschaften bekannt geworden waren. Es war nur tröstlich für sie, dass ihr Papa und auch Ullis Vater von Kienbaum getäuscht worden waren, aber sie hatte begriffen, dass man viel lernen musste, wenn man jung war.

      Nun sollte ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Burgl und Kaspar fiel der Abschied vom alten Haus nicht schwer. Sie mochten gar nicht mehr auf den öden Hof schauen und freuten sich, ins Grüne zu kommen, und auch darauf, dass sie mitgehen durften.

      Für Annemarie und Berthold war es nicht so einfach, Abschied zu nehmen von ihrem alten Heim. Hier hatten sie glückliche Jahre verbracht, hier waren ihre Kinder aufgewachsen. Das konnte man nicht so einfach aus dem Gedächtnis streichen.

      Doch zu alt fühlten sie sich doch nicht, noch einmal Wurzeln zu schlagen, weit weg von jenen Menschen, die hergezogen waren und ihnen das Leben schwermachten.

      »Es hätte schlimmer kommen können, Berti«, sagte Annemarie, als sie dann die Tür hinter sich zuschlugen. »Du wirst schon sehen, wie schnell wir uns eingewöhnen werden, und auf Dr. Rambolt ist Verlass.«

      Berthold Marls Gesicht war von Narben gezeichnet. Sie würden verblassen, das hatten die Ärzte gesagt, aber sie würden ihn auch immer an die schlimmste Zeit seines Lebens erinnern. Aber er hatte eine tapfere Frau zur Seite, und drei Kinder, auf die er sich ebenso verlassen konnte. Es lohnte sich für ihn, noch einmal mit aller Kraft einen Neubeginn zu wagen.

      *

      »Heute sind sie umgezogen«, sagte Fee Norden zu ihrem Mann, als er abends heimkam.

      »Ich weiß, mein Schatz. Ich habe ihnen Adieu gesagt. Ich hatte grad in der Gegend zu tun.«

      »Es kann ja auch ›auf Wiedersehen‹ heißen«, sagte Fee. »So weit weg sind sie ja nicht. Und was gibt es da nun für Pläne?«

      »Die Wohnanlage wird genehmigt werden, wie ich hörte, mit viel Grün und einem großen Kinderspielplatz. Nur fünfzehn Häuser, statt dreißig, und erschwinglich auch für Familien mit drei und vier Kindern, oder noch mehr.« Er lachte plötzlich auf.

      »Was freut dich besonders?«, fragte Fee.

      »Dass manche, die so gegen das Sägewerk rebelliert haben, sich nun über den Lärm, den Kinder machen, echauffieren werden, aber die graulen sie nicht weg. Ein bisschen Schadenfreude wird doch erlaubt sein.«

      »So hat es sich Dr. Rambolt wohl auch gedacht«, sagte Fee.

      »Und Frau Mösler wird Hausmeisterin«, sagte Daniel.

      »Hat sie das noch nötig?«, staunte Fee.

      »Danach fragt sie wohl nicht. Ich habe sie vorhin gesprochen. Kienbaums Geld ist nicht ihr Heilmittel, hat sie gesagt, aber es soll Segen bringen. Sie hat es dafür investiert, damit die Preise für die Häuser auch für weniger Bemittelte erschwinglich bleiben. Da soll nur noch einer was gegen sie sagen!«

      »Dann bekommt er es mit dir zu tun«, sagte Fee.

      »So wahr ich Daniel Norden heiße.«

      »Der Sohn seines Vaters«, sagte sie zärtlich. »So kann auch hier eine Insel der Hoffnung entstehen.«

      »Dr. Rambolt hat schon einen anderen Namen. Kinderparadies!«

      »Unsere Kinder werden das ja gern hören, aber was meinst du, wie viel da wieder protestieren, Daniel?«

      »Sollen sie doch protestieren. Das Sägewerk war ihnen ein Dorn im Auge, dann wird es auch ein Kinderparadies sein. Manche Menschen sind und bleiben immer der Überzeugung, dass sie allein Daseinsberechtigung haben und begreifen nie, dass sie die eigentlichen Störenfriede sind. Aber um dieses Paradies werden hohe Bäume wachsen und es abschirmen. Ich freue mich darauf.«

      »Und der Dr. Norden wird wieder noch mehr Arbeit bekommen«, sagte Fee.

      »Wir haben doch ein paar gute Kinderärzte hier, Feelein«, sagte er lächelnd.

      »Aber den Eltern fehlt hin und wieder auch was.«

      Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Wenn ich arbeitslos wäre, würde

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