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künftig.« Dann legte sie den Hörer auf.

      Nun ist mir der Gaul doch wieder durchgegangen, dachte sie. Viel zu impulsiv war sie immer noch. Das hatte ihr schon ihre Mutter vorgehalten, und Fee hatte es ihr auch zu verstehen gegeben. Aber sie konnte nun mal nicht aus ihrer Haut heraus.

      Nun, warum sollte sie sich darüber auch Gedanken machen. Das war ja nun wirklich eine Sache, die Thomas mit Sonja Bertram allein ausfechten musste.

      Doch kaum hatte sie das gedacht, regte sich wieder ihr Gewissen, dass Thomas tatsächlich krank sei und Hilfe brauchen könnte. Und nun wählte sie die Nummer der Stadtwohnung, aber sie vernahm das Besetztzeichen.

      So schlecht kann es ihm also doch nicht gehen, dachte sie trotzig, nicht ahnend, dass Thomas jetzt gerade versuchte, Sonja anzurufen, um mit ihr klar zu kommen. Aber auch er bekam das Besetztzeichen zu hören, denn zur gleichen Zeit versuchte nun Sonja, ihn anzurufen. Es überschnitt sich, aber Sonja hatte keine Geduld. Ihr genügte es, zu wissen, wo sie ihn finden könnte. Sie setzte sich in ihren Wagen und fuhr los.

      Thomas wurde es währenddessen in der Wohnung glühend heiß. Die Heizung dampfte, so hoch hatte er sie aufgedreht, und auch das Wasser im Bad kam fast kochend aus dem Hahn.

      Er ließ Wasser in die Wanne laufen und nahm ein Bad. Dann fühlte er sich etwas wohler, obgleich er heftig nachschwitzte. In den Bademantel gehüllt, brachte er Wasser zum Kochen und bereitete sich einen Grog zu.

      Er dachte unentwegt an Viola, und als nun der Türgong ertönte, begann sein Herz noch schneller zu schlagen in der Hoffnung, dass Viola kommen würde.

      Aber dann stand Sonja vor ihm, und plötzlich kroch wieder ein Frös­teln durch seinen Körper.

      »Woher weißt du, dass ich zurück bin?«, fragte er rau.

      »Deine Frau war so freundlich, es mir mitzuteilen«, erwiderte sie mit einem frivolen Lächeln. »Und ich freue mich, Thommy.«

      Sie wollte ihn umarmen, aber er wich zurück. »Warum hast du das getan?«, stöhnte er.

      »Was denn schon?«

      »Warum bist du zu Viola gegangen?«

      »Ich habe es dir angekündigt, du hast dich nicht ge­rührt!«

      »Ich konnte nicht schreiben. Wir hatten uns an die Bedingungen zu halten.«

      »So kann man sich auch herausreden. Jedenfalls konntest du deiner Frau mitteilen, wann du zurückkommst.«

      »Ich wollte zuerst mit ihr sprechen. Ich dachte nicht, dass du wirklich so gemein sein kannst, Sonja.«

      »Gemein? Ich sitze in der Klemme. Sie haben mir gekündigt. Ich habe kein Geld mehr.«

      »Du bist gekündigt? Weshalb?«

      »Frag mich das doch nicht. Überall hagelt es Kündigungen.«

      »Bei uns nicht.«

      »Du hast ja keine Ahnung. Aber vielleicht erwischt es dich auch, und dann sitze ich da. Ich muss doch wissen, woran ich bin. Jetzt könnte ich noch eine Schwangerschaftsunterbrechung vornehmen lassen, wenn ich das Geld dafür bekomme.«

      »Im vierten Monat?« Seine Gehirnzellen arbeiteten plötzlich wieder. »Nach deinem Brief müsste es doch schon der fünfte Monat sein.«

      »So genau weiß ich es nicht.«

      »Aber ich, Sonja. Ich weiß noch genau, wann dieses Fest war. Und als ich vor zwei Monaten nach Amerika ging, hast du noch nichts von einer Schwangerschaft gesagt.«

      »Ich dachte doch, dass ihr mich mitnehmen würdet, wie das vorige Mal, und dann hatte ich auch keine Ahnung, dass du so lange bleiben würdest. Liebe Güte, es kann ja auch mal zu einer Fehlgeburt kommen und dann wäre aller Wirbel umsonst gewesen. Aber ich hatte einfach nicht die Nerven, etwas zu unternehmen.«

      »Jetzt werde ich etwas unternehmen«, sagte Thomas. »Wir werden zu einem Arzt gehen und feststellen lassen, wann genau mit der Geburt zu rechnen ist. Ich möchte nämlich sicher sein, dass du inzwischen nichts unternommen hast, denn ansehen kann man dir ja noch nichts.«

      Ihr Gesicht verzerrte sich. »Was willst du damit sagen, Thomas?«

      »Dass ich Zweifel hege. Ich kann mich an den Verlauf jener Nacht nämlich nicht genau erinnern. Ich habe mehr zu verlieren als du.«

      »Was denn schon? Deine Frau will doch eh nichts mehr von dir wissen. Sie hat dich schon abgeschrieben. Sie können ihn haben, hat sie mir kaltlächelnd ins Gesicht gesagt.«

      »Ich kenne Viola. Ich kenne sie besser als du. Und ich habe bereits zwei Kinder, die mir viel bedeuten.«

      »Was du nicht sagst! Wann hast du dich denn schon um diese Kinder gekümmert? Ich bilde mir auch nicht ein, dass du dich um mein Kind kümmern würdest, aber schließlich wird es auch Geld kosten.«

      »Du wirst Geld bekommen, wenn es erwiesen ist, dass ich der Vater dieses Kindes bin. Aber heiraten werde ich dich nicht, damit das klar ist. Ich lasse mich nicht scheiden.«

      »Du wirst nicht viel dagegen unternehmen können, wenn deine Frau die Scheidung einreicht«, sagte sie höhnisch. »Aber ich muss sagen, dass ich mir unser Wiedersehen auch etwas anders vorgestellt habe, Thomas.«

      »Wie denn? Du hast Viola doch kennen gelernt. Meinst du etwa, dass man so eine Frau für dich aufgibt?«

      Sie kniff die Augen zusammen. »Ich habe nicht vergessen, wie du in jener Nacht geklagt hast, wie emanzipiert sie sich plötzlich gäbe. Und jetzt«, sie lachte auf, »jetzt stinkt es dir, dass sie so ein Unternehmen aufgebaut hat, an dem sie dich nicht teilnehmen lassen will. Das ist es doch, was du nicht verkraftest. Viola-Kindermoden will jetzt jeder haben, der das nötige Geld dafür hat. Wofür du zwanzig Jahre gebraucht hast, hat sie in knapp zwei Jahren geschafft. Und nun schiebt sie dich ab.«

      Ihm war es hundeelend zumute, aber er hielt sich aufrecht. »Immerhin scheinst du zu begreifen, wie tüchtig Viola ist«, sagte er mit klangloser Stimme. »Sie braucht keinen Mann, der für sie zahlt. Sie braucht auch keinen zu erpressen. Sie ist sogar bereit, für unsere Kinder allein zu sorgen. Du hättest das Format nicht.«

      »Komm mir nur nicht auf diese Tour«, schrie sie ihn unbeherrscht an. »Zum Amüsieren war ich dir grad gut genug, jetzt ist sie wieder der Engel. Du willst dich nur drücken. Aber deine liebe, tüchtige Viola ist mit dir fertig, das weiß ich. Aber vielleicht hast du noch nicht daran gedacht, dass sie auch einen anderen haben könnte.«

      Plötzlich war es ihm, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Alles um ihn herum begann sich zu drehen, und wie eine verzerrte Fratze tauchte nur immer wieder Sonjas Gesicht auf, sekundenlang, und dann wurde es Nacht um Thomas, und er sank lautlos zu Boden.

      Schreckensstarr blickte Sonja auf ihn hinab, und starr lag auch Thomas da, wie tot. Angstbebend überlegte sie, was sie tun könnte, ohne selbst dabei in Erscheinung zu treten. Dann kam ihr ein Gedanke.

      Sie griff nach dem Telefon und wählte Violas Nummer. Die hatte sie im Kopf. Für Zahlen hatte sie ein gutes Gedächtnis. Aber es war eine fremde Frauenstimme, die sich da meldete und ihr war das ganz recht. Sie gewann Zeit.

      »Ist Frau Anderten zu Haus?«, fragte sie.

      »Ja, aber im Augenblick nicht zu sprechen.« Es war Joana, die das sagte.

      »Dann richten Sie ihr bitte aus, dass mit ihrem Mann wohl etwas nicht in Ordnung ist. Ich rief ihn gerade an. Er meldete sich, aber dann hörte ich einen dumpfen Fall. Und jetzt bekomme ich keine Verbindung mehr.«

      »Würden Sie mir bitte Ihren Namen sagen?«, fragte Joana, aber Sonja hatte schon aufgelegt, und dann nahm sie den Hörer wieder von der Gabel.

      Joana ging zu Viola, die die Kinder zu Bett brachte. Sie überlegte blitzschnell, was sie sagen sollte.

      »Da ist ein dringender Anruf«, brachte sie stockend über die Lippen, »sehr dringend.«

      »Ja, ich komme«, erwiderte Viola. »Schlaft schön, Kinder.«

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